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Mithgar 10 - Die schwarze Flut

Mithgar 10 - Die schwarze Flut

Titel: Mithgar 10 - Die schwarze Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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um seine Pfeife an der Kaminumrandung auszuklopfen. Dann lehnte er sich zurück und steckte das warme Tongerät in eine Tasche seiner offenen Weste. »Hast du alles beisammen, Tuck?«, fragte er zum vielleicht zehnten Mal an diesem Tag und zum fünfzigsten Mal im Lauf der Woche. »Morgen gilt es.«
    »Ja. Ich bin fertig«, antwortete Tuck leise.
    Das Geräusch von Tulpes Nadel verstummte; sie saß im weichen Licht der gelben Lampe und blickte auf die Handarbeit in ihrem Schoß hinab. Doch sie stickte nicht, denn durch ihre lautlosen Tränen hindurch konnte sie nicht mehr erkennen, was sie tat. In der Morgendämmerung sah man Tuck mit einem grauen Mantel bekleidet in einer wogenden, schnatternden Menge auf der Gemeindewiese von Waldsenken umhergehen. Es schien, als habe sich die gesamte Bevölkerung des Ortes ungeachtet der Kälte eingefunden, um die Dorngänger zu verabschieden. Viele Leute waren auch von Gerbtal heraufgekommen, denn einige von den dortigen Bokkern hatten die Ausbildung beim alten Barlo mitgemacht und würden heute ebenfalls ihren Dienst als Dorngänger antreten. Tarpi und Hob war es gelungen, Tuck zu finden, und nun hielten sie gemeinsam nach Danner Ausschau. Doch bevor sie ihn gefunden hatten, bestieg Geront Kwassel, der Bürgermeister von Waldsenken, das Podium auf der Dorfwiese und schlug den Feuergong, um Ruhe herzustellen. Sobald er dieses Ziel erreicht hatte, setzte er zu einer Rede von unbestimmter Länge an.
    »Bei dieser überaus günstigen Gelegenheit, meine Freunde«, fing er an, und ein solcher Beginn hätte die meisten Wurrlinge eigentlich warnen müssen, dass Geront in redseliger Stimmung war. Doch vielleicht, weil es sich hier um die Verabschiedung der Jungbokker und kommenden Dorngänger handelte, dachte die versammelte Bürgerschaft, es würde nur eine »Lebewohl«-Rede folgen, und Wurrlinge lieben Reden - solange sie kurz sind. Deshalb kamen aus der Menge Zurufe wie: Sag ihnen Bescheid! oder Hört! Hört!, und dergestalt ermutigt gab es für Bürgermeister Kwassel kein Halten mehr. Tuck lauschte eine Weile aufmerksam, doch schließlich begannen seine Gedanken abzuschweifen. Wie es schien, konnte sich der Bürgermeister nicht recht entscheiden, ob dies hier nun ein trauriger und ernster Anlass sei oder eine fröhliche, nach bunten Wimpeln verlangende Feier; er pendelte ständig zwischen beiden Möglichkeiten hin und her und palaverte endlos weiter. Als jedoch aus dem Publikum Rufe wie: Worauf willst du hinaus, Geront? oder Weiter im Text! ertönten, als andere, weniger feinfühlige Unmutsäußerungen laut wurden - was so weit ging, dass sich der Bürgermeister fast schon ein wenig gehetzt fühlte -, da brachte er seine Rede zornschnaubend und holpernd zu einem unbefriedigenden Abschluss. Zuletzt stellte er noch den alten Barlo vor, was einen derart lauten und anhaltenden Jubel der Erleichterung auslöste, dass Geront in dem grandiosen Irrglauben vom Podium stieg, seine Rede sei auf wundersame Weise schließlich doch ein überwältigender Erfolg gewesen. Der alte Barlo trat ans Pult und kam umgehend zur Sache. »Leute, es wird Zeit, dass die tapferen Burschen hier« - Jawoohl!, unterbrach ihn ein langer Jubelschrei - »Zeit, dass unsere tapferen Burschen sich auf den Weg machen. Wir sollten sie nicht länger aufhalten, denn die Dorngänger (Hurra!), die Dorngänger müssen Übergänge bewachen (ra), Grenzen schützen ('ra) und Wölfe verjagen.« Hip! Hip! Hurra! Barlo wartete, bis der Jubel verklungen war, und fuhr mit einem bohrenden Blick in Richtung Geront fort. »Und wie soll'n sie ihre Pflicht tun, wenn sie hier herumstehn müssen, um sich Reden und Jubelchöre anzuhören!« Hurra, Barlo! Dann zeigte Barlo auf den ersten Wurrling in einer Reihe von acht Fremden, die ruhig am Rande standen und alle die grauen Mäntel der Dorngänger trugen. »Wer für die Erste Kompanie Osttal eingeteilt wurde - hier ist euer Führer.« Der erste Wurrling hob die Hand. Nun zeigte Barlo auf den zweiten Graumantel. »Zweite Osttal«, rief Barlo, und auch dieser Wurrling hob die Hand. »Dritte Osttal«, hieß der nächste Ruf, mit dem Barlo in der Reihe fortfuhr. Als die Vierte Osttal ausgerufen wurde, deutete der alte Barlo auf einen Wurrling mit smaragdgrünen Augen und blondem Haar, der sieben Ponys bei sich hatte - fünf Reit- und zwei Packtiere, alle mit dichtem Winterfell. Tuck, Hob und Tarpi bahnten sich ihren Weg zu dem Führer, und von der anderen Seite der Dorfwiese kam Danner hinzu. Mit

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