Mithgar 10 - Die schwarze Flut
heiserem Schreien und Fauchen stürmten dunkle Rukhs und Hölks darüber hinweg auf die Brustwehr zu, sie schwangen Knüppel und Krummsäbel, Streithämmer und Sicheln. Ihnen in den Weg stellten sich brüllende Männer mit langen Piken und funkelnden Schwertern, mit Streitäxten und rohen Keulen. Schlachtrufe, Flüche und Todesschreie zerrissen die Luft. Rukhs und Hlöks wurden getötet, aber auch Soldaten des Königs; sie fielen von der Rampe und stürzten von der Front des Bollwerks. Hier kämpfte Aurion Rotaug, sein Schwert wütete unter den Feinden und richtete große Zerstörung an, und noch hatte kein Feind den Fuß auf die Steine des Walls gesetzt.
Wumm! Wumm! Der Sturmbock donnerte gegen das Tor, und Tucks Pfeile sausten zischend ins Ziel. Plötzlich erfasste der Blick des Wurrlings eine flüchtige Bewegung im Dusterschlund, und als Tuck aufblickte, sah er einen Trupp von zwanzig Reitern im vollen Galopp auf den Wall zu jagen. Wie sie so weit kommen konnten, ohne dass er sie bemerkt hatte, wusste er nicht. Doch hier waren sie, und hier griffen sie an, und ihre Pferde waren schnell. Die vorderen Reiter jagten hinter einem Krieger auf einem tiefschwarzen Ross her und führten Tongefäße mit sich, die mit Stricken zusammengebunden waren, während die hinteren brennende Fackeln in der Hand hielten. Sie rasten auf den Belagerungsturm zu, und der Feind bemerkte ihr Kommen nicht, bis sie vorbeidonnerten und die Gefäße über dem Kopf schwangen. Sie sprengten von hinten an den Turm heran und schleuderten die Töpfe durch die offene Rückseite, wo sie zerplatzten, und eine klebrige schwarze Flüssigkeit spritzte über die Balken und lief an den Holzwänden hinab. Die Reiter hinter ihnen warfen ihre brennenden Fackeln, und eine gewaltige Flamme schoss aus dem Turm auf. Im Nu loderte ein verheerendes Feuer, und Tuck schrie in wilder Freude: »Hei, Krieger!« Rukhs und Hlöks im Turm brüllten in den Qualen des Feuertodes, und einige sprangen heraus und liefen kreischend als lebende Fackeln herum.
Die Männer auf den Pferden wendeten und ritten durch die Reihen der Feinde, doch einige von ihnen fielen den schwarzen Pfeilen der Rukhs zum Opfer. Tuck ließ Geschoss um Geschoss auf den Feind niedergehen, aber dennoch töteten die Rukhs weitere Reiter, und Tuck weinte, als er sie fallen sah.
Doch rund zehn von ihnen brachen durch und jagten in die Finsternis davon, verfolgt von Ghulen auf Helrössern. Dann konnte Tuck nicht länger zusehen, denn neue Sturmleitern krachten gegen den Wall. Feindliche Bogenschützen töteten Männer, und der große Sturmbock rammte das Tor. Wumm! Wumm!
Tuck spannte, zielte und ließ los, ein ums andere Mal, während seine menschlichen Mitstreiter fluchten und mit langen Stangen die Leitern wegschoben. Andere wieder schleuderten Steine und ließen Fußangeln, Feuer und Pfeile auf die Horde niedergehen.
Und die ganze Zeit über loderten die Flammen des brennenden Belagerungsturms tosend in den verdüsterten Himmel.
Doch zahlreich war die Horde, und der Verteidiger waren nur wenige, und so überwanden hier und dort einzelne Gruppen von Rukhs und Hlöks den Wall, und es brachen wilde Handgemenge aus. Und von den mächtigen Trollen angetrieben, erschütterte der große Sturmbock das Tor: Wumm! Wumm! Zuerst brach eine Angel, dann gab eine zweite unter Wältigers vibrierender Eisenfaust nach. Das äußere Tor begann einzustürzen, und von anderer Stelle kam die Nachricht, dass der Feind über den Festungswall strömte.
»Zurück!«, rief der König, und sein Befehl breitete sich über die gesamte Verteidigungslinie aus. Tuck folgte Aurion die Rampe hinab, wo sie auf ihre Gäule stiegen und inmitten der zurückeilenden Verteidiger zum zweiten Wall ritten. Der Schlachtplan der Feste Challerain trat in das zweite Stadium. Auf ihrem Rückzug blickte sich Tuck um und sah höhnisch johlende Rukhs und Hlöks das steinerne Bollwerk erklettern und die Tore schließlich unter dem mächtigen Ansturm von Wältiger zu Bruch gehen. Bleiche Ghule auf Helrössern ritten vor der schwarzen Flut der Horde durch die Maueröffnung, und Modrus Standarte mit der Todessonne wurde auf dem Wall über dem zerstörten Nordtor aufgepflanzt. »Auf einem schwarzen Streitross, sagt Ihr?« Der König stand auf dem zweiten Wall und sah zu, wie der Belagerungsturm in Flammen aufging, ein grimmiges Lächeln im Gesicht.
»Jawohl, Majestät«, antwortete Tuck und befiederte einen neuen Pfeil. »Schnell war er, und seine Männer
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