Mithgar 10 - Die schwarze Flut
Pfeilen, er schämte sich, andere könnten seine Angst sehen. Doch falls der Hochkönig oder wer immer etwas bemerkte, so sagte niemand ein Wort.
»Was liegt außerhalb meiner Sichtweite?«, wandte sich Aurion fragend an Tuck. Der Wurrling musste erst einmal tief durchatmen, bevor er sprechen konnte. »Nichts, Majestät, bis zur Grenze meines Sehvermögens.« Darauf drehten sie sich um und beobachteten das Vorrücken des Feindes.
Gelegentlich wurden einzelne Pfeile vom Wall abgeschossen, um die Entfernung der Horde abzuschätzen. Schließlich ertönte ein Signal, und die Wurf schleudern der Feste katapultierten brennende Geschosse auf den heranrücken den Haufen. Die lodernden Flugkörper schlugen vor dem Feind auf dem Boden auf, und gewaltige Feuerschwalle spritzten und griffen nach der wimmelnden Horde. Rukhs schreckten zurück, aber die fauchenden Hlöks zwischen ihnen peitschten sie weiter vorwärts.
Immer näher krochen der Turm und der große Sturmbock, die nun das Ziel der königlichen Katapulte waren, doch das Feuer spritzte ohne jede Wirkung auf die Eisen- und Messingverkleidungen. Unaufhaltsam rückten sie heran. Mit Tuck im Schlepptau schritt Aurion den Wall auf und ab und sprach den Verteidigern Mut zu. Was die Wurrlinge betraf, die über sämtliche Kompanien des Königs verteilt waren, so befanden sich nur wenige hier in diesem Abschnitt der ersten Mauer. Zu diesen aber sprach Tuck ein paar wenige Worte. Er fragte sich, ob sie ebenso viel Angst hatten wie er selbst, und erhielt als Antwort ein grimmiges Lächeln. Wenn Danner hier wäre, würde er Schmähungen zu den Rukhs hinunterbrüllen, dachte Tuck, und Patrel würde genau wissen, was er den Bokkern sagen musste. Aber diese beiden hatten an anderer Stelle Dienst, bei Vidron und Gildor, die den Angriff im Osten und Westen zurückwerfen sollten. Deshalb blieb es Tuck allein überlassen, den Mut der Jungbokker am Nordtor zu stärken.
Bum! Bum! Bum! Bum! Inzwischen war die Horde so nahe am Wall, dass die Katapulte des Königs sie nicht mehr treffen konnten. Wie Maden wimmelte und brodelte der Schwärm vorwärts, und in ihrer Mitte trugen sie Sturmleitern. Vorwärts wälzte sich der mächtige Widder, vorwärts rollte der hohe Turm. Nun waren die gewichtigen Ogrus in all ihrer fürchterlichen Kraft zu sehen, und Tuck stockte der Atem, wenn er sie ansah, denn sie waren riesig.
Der König gab ein weiteres Signal, und zischend flogen Pfeilsalven los und regneten auf den Feind hinab. Die Rukhs rissen Schilde hoch, um sich gegen die tödlichen Geschosse zu wappnen. Doch viele fanden ihr Ziel, und schreiend stürzten Rukhs zu Boden. Die steinerne Haut der Ogrus aber durchdrangen die Pfeile nicht, und Turm wie Sturmbock rollten weiter.
Nun blökten Rukhen-Hörner, und die Horde brach in einen endlosen Schrei ohne Worte aus. Sie rannte auf den Wall zu, und ihre Pfeile mit den schwarzen Schäften zischten in die Reihen der Verteidiger; durchbohrt stürzten Männer zu Boden. Schließlich erreichte der heulende Haufen den ersten Wall. Sturmleitern wurden angelegt und erklommen. Greifklauen mit Seilen daran landeten klirrend auf den Zinnen, und Rukhs schwärmten nach oben. Schreiende Männer sprangen vor, um die Leitern und Haken zu lösen, den Pfeilen trotzend, die ihnen entgegenflogen. Der große Turm rollte weiter, er war nun schon fast an der Mauer, und der Sturmbock attackierte das Nordtor. Wumm! Wumm! Die Eisenfaust wurde gegen das Portal getrieben, und die Torflügel erbebten unter den gewaltigen Schlägen. Aus den Pechnasen gössen die Verteidiger brennendes Öl auf die Ogrus hinab, doch der Feuerschild wehrte die entflammte Flüssigkeit ab und ließ sie zur Seite spritzen. Auch Fußangeln regnete es aus den Mauerscharten, doch Rukhs mit Reisigbesen fegten die tückischen Dornen beiseite, und die Trolle traten nicht darauf.
Tuck stellte sich auf den Waffensockel und zielte durch eine Schießscharte; einen tödlichen Pfeil nach dem anderen ließ er auf den Feind los, auf die Bogenschützen der Rukhs, und er schoss nicht daneben. Die Pfeile, die sieb verirrn, kannst du genauso gut verliern, gingen ihm die Worte des alten Barlo durch den Kopf. Und während er spannte, zielte und seine todbringenden Geschosse abfeuerte, bemerkte Tuck, dass er ruhig wie ein Fels blieb, seine Angst war verschwunden, nun, da das Warten ein Ende hatte.
Zuletzt erreichte auch der große Belagerungsturm den Wall, und eine Rampe fiel polternd auf die Mauerzacken hinab. Unter
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