Mithgar 12 - Der schwaerzeste Tag
zusammengebissenen Zähne und sank zurück auf den kalten Steinboden. Sein ganzer Körper war ein einziger Schmerz. Und dann fiel ihm die drohend aufragende Gestalt mit der schwarzen Maske wieder ein. Mo dru! Das war Modru! Der Böse! Kälte fuhr dem Wurrling in die Adern. Die Prinzessin! »Prinzessin!«, stieß Tuck hervor. Er war jetzt vollkommen bei sich, setzte sich mit einem Ruck auf und blickte wild umher. Laurelin war fort, ebenso wie Modru. Der Turm! Verschwommen erinnerte sich Tuck an die zischende Stimme des Bösen… er hatte etwas davon gesagt, dass er Laurelin in den Turm hinaufbringen wollte, ihrem Schicksal entgegen!
Tuck rappelte sich auf, trotz der Qualen, die ihn durchfuhren. Er griff zu seinem Bogen und humpelte mit zusammengebissenen Zähnen zur Tür, die einen Spalt weit offen stand. Ein rascher Blick in den von Fackeln beleuchteten Korridor - kein Madenvolk zu sehen. Und so schlug der Bokker die Kapuze über den Kopf und rückte seinen Umhang zurecht; er klappte das silberne Medaillon zu, das irgendwie aufgesprungen war, und steckte es unter sein zerrissenes Wams, und dann hinkte er die wenigen Schritte bis zum Ende des Ganges, wo eine Treppe nach oben führte.
Er kam zu einem ausgedehnten, runden Steinboden, fast sechzig Fuß im Durchmesser. Ringsum stiegen die Wände des Turms in hohe Dunkelheit empor, und eine von Fackeln beleuchtete, offene Treppe wand sich an der Mauer entlang und spiralförmig zu der in Finsternis liegenden Kuppel hinauf.
Die Kiefer fest aufeinandergepresst und den Bogen in der Hand, machte sich Tuck auf den Weg nach oben, jeder Schritt eine Tortur, und das Reiben in seinem Stiefel sandte widerliche Schmerzen durch seinen ganzen Körper. Doch er kämpfte sich die Treppe hinauf, Flucht für Flucht, Absatz für Absatz, wo es jeweils einen Fensterschlitz gab, und der Steinboden verlor sich in der Finsternis unter ihm. Schwitzend und stöhnend vor Pein näherte sich der kleine Wurrling langsam der Spitze. »Guttra!«, fauchte plötzlich eine raue Stimme, und Tuck hielt erschrocken den Atem an, als der Laut durch den Treppenschacht hallte, denn dort oben, nur ein Geschoss über ihm, standen zwei säbelschwingende Hlöks auf dem breiten Treppenabsatz vor einer massiven Tür.
»Guttra!«, ertönte die harsche Aufforderung noch einmal, und Tuck dachte: Mach es richtig, Bokker, denn wenn du sie verfehlst und wenn hinter dieser Tür noch mehr von der Brut warten, dann ist alles vorbei.
Rasch zog der Wurrling einen Pfeil aus dem Köcher, legte ihn an die Sehne, zielte und ließ los, alles in einer Bewegung. Und noch ehe der Pfeil einschlug, griff er schon nach einem zweiten. Ssstock! Der erste Pfeil traf einen Hlök mitten in die Brust, und noch während jener rückwärts umkippte, durchbohrte der zweite Pfeil den anderen Wächter - dieser stürzte die Treppe hinab und landete mit einem dumpfen Geräusch vor Tucks Füßen, während der Krummsäbel des Hlöks in den schwarzen Abgrund wirbelte, dem fernen Steinboden entgegen.
Mit einem dritten Pfeil an der Sehne hielt der Bokker inne und lauschte, um festzustellen, ob etwaige Feinde hinter der Tür Zeuge der Begegnung geworden waren, aber er hörte nur seinen eigenen stoßweisen Atem… Tsching!… Tief unten schlug der Krummsäbel auf, und als wäre das ein Signal gewesen, setzte Tuck seinen Aufstieg fort. Unter Schmerzen hoppelte er die verbleibenden Stufen zum Treppenabsatz hinauf und an dem zweiten toten Hlök vorbei und erreichte schließlich die eisenbeschlagene Tür zu Modrus Gemach.
Tuck legte das Ohr an das Portal, hörte aber nichts; die Holzfüllung war zu massiv. Vorsichtig drückte der Wurrling gegen die Tür, dann schob er heftiger, aber sie gab nicht nach, denn sie war von innen verriegelt. Ich muss da hinein, dachte Tuck, und sehen, ob das der Ort ist, an den Modru die Prinzessin gebracht hat. An dem toten Hlök vorbei kletterte Tuck unter Qualen auf eine Steinbank. Er legte seinen Köcher ab, beugte sich aus dem schmalen Fensterschlitz und spähte an der Außenwand des Turms entlang. Da! Nur ein kleines Stück seitlich über ihm befand sich ein zweiter, größerer Schlitz - und aus dieser Öffnung strömte die schwarze Strahlung. Tuck prüfte den Stein: Er war von Eis und Raureif bedeckt, doch es gab Vorsprünge in der Mauer, genau wie an den Ecken der Wälle, die um die Festung liefen, und der Bokker war überzeugt, den breiten Schlitz erreichen zu können. Er warf einen Blick nach unten, wandte die Augen
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