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Mithgar 12 - Der schwaerzeste Tag

Titel: Mithgar 12 - Der schwaerzeste Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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nach draußen zu spähen. Als Tuck hörte, wie sie die schweren Vorhänge beiseiteschob, erwachte er schaudernd aus seinen Erinnerungen. »Ist er weg?«, fragte er.
    »Wie… was?« Merrili drehte sich um. »Es tut mir leid, Tuck… der Wind ist so laut. Ich habe nicht gehört, was du gesagt hast.«
    »Der Dusterschlund«, erwiderte Tuck. »Ist er weg? Ist er wirklich verschwunden?«
    »Ja, mein Bokker, er ist weg«, antwortete Merrili. »Er ist tatsächlich verschwunden. Das ganze Land ist vom Schattenlicht befreit.«
    Tuck senkte die blinden Augen auf die Hände, die gefaltet in seinem Schoß lagen. »Ach… wie gerne würde ich das sehen.«
    Merrili drehte sich wieder zum Sturm um, und ihr Weinen ging im Geräusch des Windes unter.
    Während der nächsten beiden Tage kam Tuck rasch zu Kräften, und der Sonnenbrand ging stark zurück. Mit fremder Hilfe, fremden Augen, die für ihn sahen, humpelte er auf Krücken über die Korridore. Auch pflegte er, den gebrochenen Fuß hochgelegt, in seinem Zimmer zu sitzen und mit Besuchern zu plaudern. Und viele kamen, um ihn zu sehen: Galen, Igon, Laurelin, Brega, Gildor, Flandrena, Ubrik, zahlreiche Krieger der Legion und natürlich die Wurrlinge. Auf alle machte Tuck einen gut gelaunten Eindruck, und er unterhielt sich ausführlich mit jedem, doch diejenigen, die ihn am besten kannten - Merrili, Patrel, Galen, Gildor, Laurelin, auch Brega -, konnten sehen, dass Tuck zu langen Phasen des Grübelns neigte. Sie besprachen sich untereinander und äußerten ihre Besorgnis über den Bokker aus Waldsenken, aber was zu tun sei, wusste keiner.
    Am achten Tag des Schneesturms wurde der Wind ein wenig schwächer, und der Flockenwirbel ließ so weit nach, dass man in den Innenhöfen verschwommene Umrisse erkennen konnte. Zwar tobte der Sturm noch immer, aber die Soldaten der Legion fanden sich nun ohne Bregas Hilfe zurecht. Viele fassten neuen Mut, denn sie erwarteten, dass das Unwetter, das vom fernen Nordmeer her über das Land tobte, nun bald aufhören würde. Die Gereiztheit der vergangenen Tage löste sich allmählich auf, und die Gespräche wurden wieder freundlicher.
    Alle Wurrlinge hatten sich in Tucks Zimmer versammelt, wo sie plauderten und spekulierten, wie lange es jetzt noch dauern werde, bis sie die Heimreise antreten konnten; und schließlich wandte sich die Unterhaltung dem Winterkrieg und den Kämpfen in den Sieben Tälern zu. Und wie es Krieger überall tun, fingen sie an, Geschichten von Kampf und Gefahr, von Heldentum und Entbehrung zu erzählen, und von Großtaten, die Furcht einflößend und töricht zugleich waren. Und wie es ebenfalls die Gewohnheit von Kriegern ist, lachten die Wurrlinge in der einen Minute und wurden in der nächsten ernst, und häufig sprachen sie alle auf einmal oder verfielen in langes Schweigen. Und manchmal gab es auch Momente von unerträglicher Bitterkeit.
    »Ach… das Schlimmste daran, dass wir hier eingeschneit ‘sind«, sagte Ted Handstolz, »ist das Essen. Nichts als Hirse, hartes Brot und Wasser.«
    Man hörte allgemein zustimmendes Gemurmel, Tuck aber entgegnete: »Na ja, wenigstens haben wir hier hartes Brot und Tee. Als König Galen und ich vom Weitimholz nach Arden ritten, gab es nur Hirsekekse und Wasser.« Mehrere Wurrlinge seufzten mitfühlend, und Patrel lachte schrill auf. »Hoi, du hast recht, Tuck. Dabei fällt mir ein, wie wir in dem verlassenen Steinhöhen in das leere Gasthaus zum Weißen Einhorn kamen, und alles, was wir zu essen hatten, war unsere Hirse und dazu ein bisschen Lauch, den Danner gef -« Patrel brach mitten im Satz ab, und Tränen traten in seine grünen Augen. Ohne ein weiteres Wort stand er auf, stellte sich vor den Kamin und starrte in die Flammen.
    Lange herrschte Schweigen im Raum, dann sagte Bert Arboran, um die traurige Stimmung zu verjagen: »Tuck, erzähl uns doch, wie du dem Gargon ins Bein geschnitten hast. Ist das hier das Schwert, das du benutzt hast?« Bert hob das Langmesser in seiner abgenutzten Lederscheide auf.
    »Ja, das war es«, erwiderte Tuck, räusperte sich und wischte sich mit dem Handballen über die Augen.
    Bert fasste das Heft des Langmessers und zog es aus der Scheide. »Ho, ho!«, rief der Bokker aus. »Leuchtet es immer so blau?« Eine kobaltblaue Flamme flackerte entlang der Schneide des Schwerts.
    »Blau?«, rief Tuck aus. »Es leuchtet? Brennt das Klingenjuwel mit einer inneren Flamme?«
    Bert, der nicht daran dachte, dass Tuck nicht sehen konnte, nickte heftig, aber

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