Mithgar 15 - Drachenbann
Stimme, »bis die Sonne aufgeht. Dann werden wir sehen!«
Im selben Augenblick stieg der Rand der Sonnenscheibe über dem hellen Horizont zwischen den Gipfeln zweier Berge auf.
Die Armbrust zielte noch etwas länger auf sie, als die Sonnenstrahlen über das Land auf sie zu rasten, dann verschwand sie. Gwylly und Aravan hörten Schritte über sich, die sich rasch näherten. Der hölzerne Balken glitt auf seinen Haltern zur Seite, und kurz darauf schwangen die Flügel der beiden Türen nach innen. Vor ihnen stand ein grauhaariger Mann in einer groben, braunen Kutte.
»Ich musste sichergehen«, erklärte er und winkte sie hinein. Dann drehte er sich herum, hob die Armbrust vom Boden auf, trat hinaus und warf einen Blick auf die Gegend. Offenbar zufrieden, weil kein Feind zu sehen war, knurrte er: »Sie haben alle umgebracht, mit Ausnahme von Gavan und mir.«
Müde hob Gwylly Aravans Umhang auf, während sich der Elf das Tragegeschirr überzog. Dann zog er Urus durch das Tor und wartete, bis der grauhaarige Mönch, der seine Armbrust erneut beiseite legte, den Balken wieder vorgeschoben hatte. Gwylly löste den Haken vom Holz, nachdem er jetzt auf der anderen Seite des Tores war.
Während der Wurrling die Leine einrollte, sah er sich um. Ihm fielen vor Erschöpfung jedoch fast die Augen zu. Sie standen am Eingang eines großen Innenhofs, der von grauen Steingebäuden umgeben war. Die meisten schienen Vorratslager und Schuppen zu sein, einige jedoch waren zum Wohnen gedacht. Unmittelbar vor ihnen erhob sich, gebadet von der Morgensonne, der große Glockenturm. Er stand an der Innenseite der Mauer, mehr als fünfzehn Meter hoch, rund und mit einem steilen Schieferdach gedeckt. Die Fensterschlitze waren mit Läden verschlossen und in einer gewundenen Reihe in das Mauerwerk eingelassen, als folgten sie einer Wendeltreppe. Sie reichten bis zur Spitze, wo der Turm von dunklen Fensterbögen unterbrochen war. Gwylly glaubte in ihrer Schwärze die Umrisse von Glocken zu erkennen.
Der Turm befand sich in der Mitte eines großen, viereckigen Gebäudes, das vielleicht fünfundzwanzig Meter lang, doppelt so tief und drei Stockwerke hoch war. Das Gebäude war ebenfalls mit Schiefer gedeckt, und auch in seinen Wänden befanden sich Fensterschlitze, ebenfalls verrammelt. Über einer kurzen Treppe mit drei Stufen lag zum Innenhof gerichtet eine große, hölzerne Doppeltür. Sie war verschlossen.
Ein Beben erschütterte den Boden.
Nachdem der alte Mann das Tor sorgfältig verbarrikadiert hatte, drehte er sich um und betrachtete seine Besucher. »Ihr seid ja wahrhaftig ein Waldan!«, rief er bei Gwyllys Anblick und sah dann Aravan an. »Und ihr ein Deva!«
Sein Blick glitt zu Urus auf der Liege. »Adon, der sieht aber wild aus!« Er nahm seine Armbrust und ging über den Hof. »Kommt, kommt mit. Ins Warme. Dann sehen wir, was getan werden muss.«
Sie bemerkten kein Zeichen von Leben, als sie dem Mann über den Hof zu dem Hauptgebäude folgten. Nur das Kratzen der Liege hallte über den Hof und wurde von den steinernen Wänden zurückgeworfen. Sie gingen die kurze Treppe hinauf, und der Mann schwang den linken Flügel der Doppeltür nach innen.
Sie traten in eine kurze Diele, an deren Ende die nächste Doppeltür wartete. Der Mann bedeutete ihnen, stehen zu bleiben, und öffnete sie.
Dahinter lag eine große, offene Kammer mit einer hohen Gewölbedecke. Erhellt wurde sie nur von dem Sonnenlicht, das gegen die Düsternis ankämpfte. An den Seiten des Raumes schimmerten Pfeiler, die Emporen stützten, und an der rechten und linken Seite schmiegten sich knapp hinter dem Eingang geschlossene Holztreppen an die Wände, die auf die Emporen führten. Auf der gegenüberliegenden Seite der Kammer stand nahe der Wand ein Altar, auf dem Adons Initiale eingemeißelt war. An der Rückwand befanden sich ebenfalls geschlossene Treppen ins Obergeschoss.
Der alte Mann verbeugte sich vor dem Altar und führte sie dann weiter über den Steinboden. Das Kratzen der Stöcke, das von der Trage kam, hallte hohl durch den Raum. Hinter ihnen schwangen die Portale des Raumes langsam zu. Sie waren so eingehängt, dass sie sich ohne Hilfe wieder schlossen. Schlagartig wurde es dunkler. Jetzt erhellte nur noch das Licht, das durch die Fenster über dem westlichen Balkon fiel, den Raum.
Ein Zittern überlief den Boden, als die Erde erneut bebte.
»Wir sind Adoniten«, sagte der alte Mann, dessen Stimme in dem höhlenartigen Raum hallte. »Mönche der
Weitere Kostenlose Bücher