Mithgar 15 - Drachenbann
nächsten Abend folgte die zweite Nacht der Feier der Herbst-Tag-und-Nachtgleiche, und am Abend danach wurde die dritte Feier begangen. In dieser letzten Nacht fanden Gwylly und Faeril Riatha in der Gemeinschaftsküche, wo sie Dutzenden anderer Elfen half, die Speisen zu bereiten. Aravan weilte ebenfalls dort, die Hände bis zu den Ellbogen im Spülstein, wo er Töpfe und Pfannen abwusch.
»Das ist das Teilen der Pflichten«, beantwortete Riatha Gwyllys Frage. »Drei Nächte feiern wir, und jeder wechselt sich mit den anderen ab und bedient sie.«
»Oh«, meinte Gwylly. »Ich verstehe. So können alle das Singen und Tanzen genießen.«
Riatha lächelte. »Wahr. Zwei Nächte von dreien ist das so. Aber was mehr zählt ist, dass wir alle die Freuden der Arbeit teilen.«
Faeril rollte ihre Ärmel auf. »Also los, Gwylly Fenn, es wird Zeit, dass wir unseren Beitrag dazu leisten.«
Und so wurden die Elfen am dritten Tag der Feier zur Herbst-Tag-und-Nachtgleiche von dem Anblick zweier Waerlinga überrascht, die Tabletts mit Speisen, Krüge mit Wein und Bier und Wela trugen, dem kräftigen Met der Elfen. Später halfen die beiden auch beim Aufräumen der Platten und Teller und Krüge und Humpen und des Geschirrs.
Nachdem sich der Saal geleert hatte, reinigten Gwylly, Faeril, Riatha und einige andere die Tische, Bänke und Böden. Gwylly schuftete mit dem Besen, Faeril und Riatha wischten die Tische ab.
Die Dammia benutzte die Gelegenheit, um eine Antwort auf ein Rätsel zu finden. »Riatha, meine Dam hat mir erzählt, dass während des Winterkrieges die Elfen von Ardental von Lord Talarin und Lady Rael angeführt wurden. Und jetzt stelle ich fest, dass Lord Inarion ihr Anführer ist.«
Riatha hielt in ihrer Arbeit inne. »Ja, der Bruder meiner Mutter, Alor Talarin, war der Lordwächter während des Winterkrieges. Und Dara Rael ist tatsächlich seine Gefährtin gewesen. Sie haben den Düsterritt angetreten und befinden sich wieder in Adonar.« Die Elfe wischte weiter.
»Talarin war Euer Onkel?«
»Richtig. Der Elfenname für Onkel ist kelan.«
»Warum sind sie nach Adonar zurückgegangen?«
Ein Ausdruck von Trauer flog über Riathas Züge. »Mein sinja, mein Cousin Vanidor fiel in den frühen Tagen des Winterkrieges beim Kampf um den Eisernen Turm. Und gegen Ende des Krieges ließen auch viele Lian von Arden ihr Leben in der Schlacht um Kregyn, jenen Ort, den Ihr Gruwen nennt. Ihre Todessermone fegten wie ein eisiger Windhauch durch die Seelen des Elfenvolkes. Weder Talarin noch Rael erholten sich jemals von dem Verlust eines ihrer Söhne oder dem so vieler Elfen, die in Kregyn starben. Aber sie traten den Düsterritt nicht sofort an, denn damals hatten sie dem Hochkönig Galen Fahnentreue geschworen. Als Galen vierzig oder fünfzig Jahre nach dem Ende des Krieges starb, ritten Talarin und Rael zum Darda Galion, wo sie mit Coron Eiron und einem Tross aus gleichgesinnten Elfen ins Zwielicht ritten. Bevor sie aufbrachen, bat Talarin jedoch Inarion, der Wächter des Ardentales zu werden.«
Faeril und Riatha hatten einen Tisch gesäubert und gingen zum nächsten. Und dann zum nächsten … und so weiter…
»Er wurde nach unserem kelan benannt.«
Faeril blickte bei Riathas Worten auf. »Wer?«
»Mein Bruder, Talar.« Riathas graue Augen glitzerten von ungeweinten Tränen. »Talar wurde nach Talarin benannt, seinem kelan, meinem kelan, unserem Onkel.«
Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, und als sie die kleine Damman anblickte, waren sie wieder ganz klar. »Morgen beginnen wir mit unseren Vorbereitungen. Morgen.«
Faeril nickte, während sie mit der Elfe zum nächsten Tisch ging.
Als der Bokker und die Damman an diesem Abend erschöpft von der guten Arbeit ins Bett fielen, drehte sich Gwylly zu Faeril herum. »Ehrlich gesagt, meine Süße, die Elfen haben doch ganz recht: Man teilt die Bürden ebenso wie die Freuden.«
»Mmm«, gab Faeril zurück. Sie befand sich bereits auf der Schwelle zwischen Wachen und Schlafen.
Gwylly lächelte seine Liebste an und strich ihr eine Locke aus der Stirn. Schlaf gut, meine Dammia, denn wie Aravan mir sagte, werden wir morgen früh ernsthaft mit der Mission beginnen, die vor uns liegt. Er will uns begleiten. Der Bokker drehte sich herum, blies die Kerze aus, rollte sich dann wieder zurück und schmiegte sich an Faerils Rücken.
Morgen früh beginnen wir…
13. Kapitel
VORBEREITUNGEN
Ende 5E985 bis Ende 5E986 [Zwei Jahre zuvor]
Dem Herbst
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