Mithgar 16 - Drachenmacht
erkannte ihre eigene Reflektion, seine goldene Flamme, und neben ihr eine freistehende silberne Flamme. »Ich sehe Euch, Dodona. Euch und mich selbst.«
»Genau! Ein Fenster, vier Blickwinkel. Hinaus. Darauf. Zurück. Selbst.
Gehen wir zu einem anderen Fenster.« Unvermittelt standen sie an einem Turmfenster und blickten über die Stadt. »Und was wir sehen, ist anders, der Blick hinaus, darauf, zurück. Nur das Selbst bleibt im Wesentlichen gleich, es sei denn, wir hätten uns entscheidend verändert.
Doch das Wichtigste ist, obwohl das Selbst dasselbe bleibt, beachte, dass alles durch das Selbst gesehen wird. Der Blick durch das Selbst hindurch, die Reflektion hinter uns durch das Selbst, selbst der Blick darauf wird durch das Selbst gesehen.«
Plötzlich blickte Dodona nach oben. »Wartet!«, schrie er. »Es ist zu gefährlich. Bewegt sie nicht!«
Aravan sah die anderen an. Überraschung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. »Wir dürfen Faeril nicht bewegen.«
Gwylly sah den Elf an. »Aber Aravan, sie ist wieder ins Vergessen gefallen. Letztes Mal war sie drei Tage lang bewusstlos.«
Aravan schüttelte den Kopf. »Ich weiß, Gwylly, aber wir müssen warten. Wir können sie nur stärken, ihr etwas Wasser einflößen, für sie sorgen. Wir dürfen sie nicht aus diesem Hain entfernen. Sonst schwebt sie in großer Gefahr.«
Riatha sah Aravan an. »Woher weißt du das?«
»Ich habe den Stein berührt.«
Faeril zuckte zusammen. »Worauf warten?«
»Oh, Kind, ich habe nicht zu dir gesprochen. Es war einer deiner Gefährten: der Freund.«
»Aravan?«
Der Alte nickte. »Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, Sichtweisen …«
Sie fielen zwischen kristallenen Scheiben hindurch, die das Davor und Dahinter spiegelten … oder reflektierten, während Windspiele in dem wirbelnden Äther klangen.
»Sag mir, was du siehst.«
»Ich sehe Kristallscheiben, Dodona.«
»Nein, Kind. Sieh das Große. Sieh das Ganze. Wie ist das Muster?«
Faeril versuchte, alles mit ihrem Blick zu umfassen. Zuerst erkannte sie nur verwirrendes Glitzern, doch dann … »Oh, es hat Ähnlichkeit mit einer Honigwabe, Dodona. Ein sechsseitiges Muster herrscht hier vor.«
»Gut, Kind. Du hast gesehen … doch halt, nicht alles auf einmal. Sieh noch einmal auf das Muster.«
Da Faeril jetzt wusste, wonach sie suchen musste, blickte sie ruhiger hin, während sie mit Dodona hinabfielen. »Es scheinen drei Honigwaben zu sein, die irgendwie miteinander verbunden sind.«
Der Alte klatschte in die Hände. »Genau, drei miteinander verflochtene Muster. Doch das ist längst nicht alles. Nimm meine Hand, ich werde dich führen.« Als sie weiter stürzten, rief Dodona erneut: »Wartet!«
Aravan blickte zu den anderen hinauf und schüttelte den Kopf. »Noch nicht.«
Gwylly rang die Hände. »Aber Aravan, sie liegt schon einen ganzen Tag da.«
»Trotzdem dürfen wir sie nicht bewegen, Gwylly.«
Urus trat vom Lager aus in den Ring, denn sie hatten es dort neben dem Kreis der Bäume errichtet. »Können wir etwas tun?«
Gwylly sah hoch und schüttelte trübsinnig den Kopf. »Wir können nur über sie wachen«, meinte Aravan. »Und uns um sie kümmern.«
Dodona flog zu einer Ecke jener sechseckigen Flächen, und die Damman klammerte sich an seine Hand. Die Fläche schien größer zu werden, als sie sich ihr näherten.
»Oh, das ist ja gar keine Ecke!«, rief Faeril. »Es ist eine … eine Pyramide. Eine dreiseitige Pyramide.«
»Vier Seiten, wenn du den Boden mitrechnest. Sieh nach oben und nach unten.«
Aneinander befestigte Tetraeder erstreckten sich nach oben, bis sie außer Sicht verschwanden, und führten in einer Spirale nach unten. Jede Fläche war eine Scheibe, ein Fenster, ein Spiegel.
Die kristallenen Oberflächen der Tetraeder spiegelten Faeril und Dodona wider, als sie vorüberflogen, zu der Spitze einer Pyramide, wo etwas Winziges glühte und pulsierte. Im Zentrum der Pyramide hing ein weiterer glühender Lichtfleck, der jedoch … etwas anders war. An der Spitze fanden sie eine schimmernde Kugel, eine glitzernde Kugel, in der wieder eine Kugel steckte, in der auch eine Kugel steckte.
Sie glitten durch die Hüllen, kamen zu einer dichten Traube von glühenden Kugeln, von denen jede aus vielen anderen Kugeln bestand … sich drehende, wirbelnde Funken, die offenbar miteinander verbunden waren …
»Wartet!«
Halid sprach aus, was allen klar war. »Uns läuft die Zeit davon. Das ist jetzt schon der dritte Tag. In zwei Tagen
Weitere Kostenlose Bücher