Mithgar 17 - Drachenbund
Teppichs erreicht hatten, blickte Kutsen Yong auf die dünnen Wolken, die nach Süden zogen, und dann auf die wogenden Wellen, die in den Hafen rollten. Er wandte sich an die knienden Priester von Jinga. »Ich will heute eine Weissagung hören.«
Der älteste Priester erhob sich. Die anderen folgten seinem Beispiel, und ein zierliches junges Mädchen, das an der Schwelle zum Erwachsensein stand, brachte einen Käfig mit weißen Tauben.
»Mai Lord!«, zischte Ydral. »An diesem Tag wird ahn Taube nicht genügen, denn aun Lakaien machen sich daran, ein mächtiges Reich zu erobern.«
Während, die Priester ergeben warteten, nickte Kutsen Yong zustimmend. »Was schlagt Ihr also vor, Lord Ydral? Einen Adler? Einen Tiger? Etwas anderes?«
»Ahn Mädchen. Ahn Jungfrau«, antwortete Ydral.
Kutsen Yong nickte und deutete auf das Mädchen, das den Käfig mit den Tauben hielt. »Sie wird genügen.«
Die Priester erstarrten vor Schreck und rührten sich nicht, aber auf ein Zeichen von Ydral hin traten rasch vier Soldaten der Palastwache vor. Sie schlugen ihr den Käfig aus der Hand, der auf den Teppich fiel und weiterrollte, während die Tauben vor Schreck aufschrien, dann warfen die Männer das Mädchen auf die Steine des Kais und rissen ihr die Kleidung vom Leib. Sie drückten sie an ihren dünnen Armen und Beinen fest auf den Boden, während das Mädchen die Augen vor Entsetzen weit aufriss.
Kutsen Yong deutete auf den Ältesten der kauernden Priester. »Macht mit Eurer Arbeit weiter, Alter, denn ich erwarte eine Weissagung.«
Die Schreie des Mädchens gellten über den Hafen, als die Priester sie mit einem gekrümmten Messer ausweideten. Einige übergaben sich dabei. Während dieses Gemetzels verzog sich Ydrals Gesicht vor Ekstase.
Schließlich verstummte das Mädchen, und nur das Klatschen der Wellen, das Seufzen des Windes und das Gurren der Tauben war noch zu hören.
Mit furchtsamen Blicken auf den Kaiser studierten die Priester die Eingeweide. Nachdem sie sich einen Augenblick lang beraten hatten, verkündete der Älteste ihr einstimmiges Urteil: »Große Siege stehen bevor.«
Sie warfen den Leichnam des Mädchens in das Wasser der ungarischen See, das durch die Wogen des in der Nähe mündenden Stromes Kang gelblich gefärbt war. Jetzt jedoch nahm es einen rötlichen Ton an, als es den Leichnam des Mädchens, dessen unschuldige tote Augen weit aufgerissen auf die friedlichen Mienen seiner Schlächter am Rand der Mole starrten, in die Tiefe zog - das Zeichen für die mächtige Flotte war gegeben. Wie Blütenblätter entfalteten sich die geschwungenen, dreieckigen Segel, als sie mit ihren Schalstücken gesetzt wurden. Mit einem nördlichen Wind nahmen sie, querab und getragen von der kräftigen Ebbe, Kurs auf das offene Wasser und das schon bald eroberte Land Ryodo, denn der Sieg war ihnen sicher.
Doch unter den Lakaien schüttelte ein Einhändiger, der einst ein Fischer gewesen war, missbilligend den Kopf. Trotzdem sagte er nichts, da er nicht wollte, dass sein Schädel seiner fehlenden Hand Gesellschaft leistete. Denn eines war gewiss: Dieser Gott-Kaiser war weit schlimmer, als es selbst der bösartigste Hai sein konnte.
Einige Wochen zuvor hatten auf der Insel Ryodo die Goldenen Drachen und die Roten Tiger ihre Differenzen einstweilen beigelegt, da sie Kunde erhalten hatten, dass sich im Hafen von Janjong eine gewaltige Flotte sammelte - und dass Massen von Kriegern und Pferden nur darauf warteten, an Bord zu gehen. Was sonst konnte das bedeuten, als dass dieser Emporkömmling, dieser Kaiser, kaum älter als ein Junge, sich darauf vorbereitete, in das Reich einzufallen?
In den folgenden Tagen fiederten sie eifrig ihre Pfeile, schärften ihre Klingen, polierten ihre Rüstungen, putzten die Pferde und machten sich bereit, diese ungehobelten Eindringlinge in die salzige See zurückzuwerfen. Dann versammelten sie sich an den westlichen Stränden und warteten.
Fünf Tage später erblickten sie in dem auffrischenden Wind und dem peitschenden Regen die ersten Segel.
»Shik, brüllten die Goldenen Drachen mit einer donnernden Stimme.
»Hakaü«, antworteten die Roten Tiger machtvoll.
Sie hielten sich auf den hohen Dünen bereit, um sich schnell dorthin begeben zu können, wo die Schiffe von Jinga anlegen wollten.
Dann kamen mehr Segel in Sicht. »Shi! Hakaü«, brüllten sie und hoben ihre Waffen.
Dann tauchten noch mehr Segel am Horizont auf, dann noch mehr und noch mehr, bis der gesamte Horizont und
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