Mithgar 18 - Drachenkrieg
»Dort, hinter der Klippe im Westen. Er geht gerade unter. Die Dunkelheit vor den schwachen Sternen.«
Bair folgte Aravans ausgestrecktem Arm mit dem Blick und sah so etwas wie eine schwarze Scheibe, die hinter dem Horizont versank. Sie befand sich an der Stelle, wo eigentlich der Mond sein sollte. »Ein schwarzer Mond?«
»Ai. Damit wollte Gyphon Elwydd verhöhnen.«
»Was für ein Hohn«, bemerkte Bair, zog die letzte Schnalle des Harnischs fest und rückte ihn mit einem Schulterzucken zurecht. Dann schulterte er seinen Rucksack. »Gehen wir, kelam, meinte er, und sie folgten der Fährte des Vulg in einem leichten Trab.
Sie liefen aus dem kleinen Tal und gelangten auf einen Hang mit überfrorenen Felsen, verkrüppelten Bäumen, Schieferabbruch und Geröll, an dem grauer Schnee und dumpfes Eis klebte. Das Land war kahl und öde. Die Luft stank widerlich nach Schwefel. Jedenfalls kam es Bair so vor. »Die Luft riecht ekelhaft«, sagte er, als sie über einen niedrigen Felskamm trotteten.
»Wundert dich das, da dies doch Neddra ist?«, erkundigte sich Aravan. »Selbst wenn der Schwarze Mond leuchtete und die Luft süß röche, spräche allein die Trostlosigkeit für Gyphons Respektlosigkeit. Einige nennen diesen Ort Hölle, denn er ist öde, verdammt und steril.«
»Aber Aravan, er muss doch auch fruchtbar sein. Selbst Rucks und ihresgleichen müssen essen.«
»Mag sein, aber ein großer Teil dieser Welt ist so. Jedenfalls haben das jene gesagt, die während des Großen Bannkrieges hier waren.«
Bair sah sich um. »Trotzdem, irgendwo müssen sie doch Nahrung anbauen. Ich sehe allerdings, kelan, dass auf dieser Welt weniger Feuer ist als in Mithgar, jedenfalls hier, wo wir uns gerade befinden.«
Sie trabten weiter, folgten der Fährte des Vulg über eisige Felsen und Hänge hinauf und wieder hinunter.
Einen Werst und eine Meile folgten sie dem gewundenen Pfad, bis sie schließlich auf einen Kamm gelangten und …
»Hsst!«, zischte Aravan warnend, blieb stehen und duckte sich, Kristallopyr in der Hand. Bair hockte sich neben ihn.
Auf einer Anhöhe in der Senke vor ihnen stand eine schwarze Festung, auf deren Zinnen Fackeln blakten. Sie war dunkel und bedrohlich, ihre pechschwarzen Mauern von Frost und Raureif überzogen. Und auf den eisigen Zinnen patrouillierten Rucks.
Von der Stelle, an der Aravan und Bair knieten, führten die Spuren des Vulg schnurstracks zu dieser schwarzen Festung, die vor ihnen lag.
12. Kapitel
AUFMARSCH
Dezember, 5E1009 (Tage zuvor)
Mit flatternden roten Fahnen donnerten die Vanadurin im Lande Jord durch das Reich, so wie ihre Vanadurin-Cousins im fernen Valon. Warnfeuer wurden auf den Kriegssteinen entzündet, denn aus dem Osten zog ein Krieg herauf, ein Krieg mit Blut und Eisen, ein Krieg, bei dem ein Drache den Himmel beherrschte. Und die Harlingar versammelten sich im Norden beim Ruf des Hochkönigs, denn wie schon beim letzten Krieg des Usurpators vor mehr als zwei Jahrtausenden würden sie jetzt erneut an der Seite des rechtmäßigen Hochkönigs im fernen Valon reiten, einem Ort, wo ihre Harlinger-Verwandten nun wohnten.
In Aven stand ein Gesandter vor dem König in dessen Palast in der Stadt Dendor. »Mylord«, sagte der Gesandte, »der Hochkönig ersucht Euch, Eure Streitkräfte mit Garia zu vereinen, um diese Eindringlinge so lange, wie Ihr es vermögt, aufzuhalten.«
»Worum Ihr mich ersucht, Reichsmann, ist, mit jenen gemeinsam zu reiten, die keine Ehre besitzen.«
»Allerdings, Mylord. Der Hochkönig weiß sehr wohl, wie viel er von Euch verlangt. Dennoch braucht er Euch, um Zeit zu gewinnen, denn eine Armee aus dem Osten marschiert heran.«
»Ihr verlangt von mir also nicht nur, dass ich mit den garianischen Dieben gemeinsam reite, die mein Reich plündern, sondern auch, dass wir uns Schulter an Schulter einem Feind stellen, dessen Zahl in die Hunderte von Tausenden geht. Jedenfalls sagen das meine Späher.«
»Ai, Mylord. Die Armee, die jetzt gerade durch Aralan marschiert, ist allerdings gewaltig. Doch merkt auf: Jeder Tag, den Aven und Garia den Vormarsch dieses östlichen Feindes aufhalten können, ist ein gewonnener Tag für Eure Weiber und Kinder und die Alten und Gebrechlichen, die in den Westen fliehen können.
Und jeder Tag, den Aven und Garia diesen Vormarsch verlangsamen können, ist ein Tag, den der Hochkönig für den Aufmarsch seiner Truppen auf der Ebene von Valon gewonnen hat.
Und jeder Tag, den Aven und Garia den Feind
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