Mittagessen Nebensache
mußten.
Jetzt gab es für Larry kein Halten mehr. »Los komm! Jetzt werde ich mir diesen Lumpen vorknöpfen. Er wird mir sagen, wohin er die Schafe geschickt hat. Wenn nötig werde ich die Wagen unterwegs anhalten, und wenn ich mir dabei das Genick brechen sollte.«
Bei dem rasenden Tempo, mit dem sie auf Richards’ Farm zusteuerte, konnte es allerdings leicht geschehen, daß wir uns beide das Genick brachen.
Viel zu schnell hatten wir das Haus unseres Erzfeindes erreicht. Ich gehöre zu jenen schüchternen Leuten, die eine instinktive Abneigung gegen öffentliche Szenen und Auseinandersetzungen jeglicher Art haben. Am liebsten hätte ich mich auf den Boden des Wagens gelegt und mir eine Decke über den Kopf gezogen, aber Larry sprang schon heraus. »Komm, Susan«, verlangte sie herrisch. »Ich brauche eine Zeugin.«
Zum Glück war das Schicksal auf meiner Seite. Das Haus war leer, Richards’ Wagen nirgends zu entdecken. Wütend donnerte Larry gegen die Tür. Glaubte sie, Mrs. Richards hielt sich irgendwo versteckt und müsse jeden Augenblick zum Vorschein kommen?
»So, jetzt ist das Maß voll«, fauchte Larry schließlich bitterböse. »Die sind natürlich mitgefahren, um zu sehen, welche Preise sie mit ihren — oder besser gesagt, welche Preise sie mit meinen Schafen erzielen.«
Wir gingen zum Wagen zurück. Ich fühlte aufrichtiges Mitleid mit meiner derart aus der Fassung geratenen Freundin. »Und was könnten wir sonst noch tun? Nichts — denke ich.«
»Ach, hör endlich auf zu zweifeln. Unternimm lieber etwas!« fauchte Larry außer sich. »Ich rufe jetzt Miss Adams an, vielleicht weiß sie etwas.«
»Sie kann dir nichts sagen, sie unterliegt der Schweigepflicht«, warf ich ein.
»Aber Ruth wird mir helfen, sie hatte Emily so gern.« Doch gerade als wir zu Sam zurückgekehrt waren, klingelte das Telefon und setzte Larrys Tatendrang ein jähes Ende.
Wir hielten den Atem an und lauschten. Es war Ruths Stimme, sie klang auffallend ruhig und klar. »Sind sie es, Larry?« hörte ich sie sprechen. »Ich versuche schon seit einer Ewigkeit, Sie zu erreichen.«
»Ach, Ruth ...Ja, ich war gerade im Begriff, Sie anzurufen. Hören Sie, es ist was schreckliches passiert. Unsere Emily... «
Die Stimme am anderen Ende der Leitung unterbrach Larrys Redefluß. Sie stammelte jetzt nur noch unzusammenhängende Worte. »Was...? Wo...? Aber wieso denn? Ach Ruth, wie meinen Sie das? Ja, wir haben sie verloren, deshalb wollte ich Sie ja gerade anrufen. Ich bin sicher, daß dieser Gauner Ri... «
Wieder unterbrach die ruhige Stimme am anderen Ende diesen Redeschwall und brachte damit Larrys unkluge Anschuldigungen unerbittlich zum Verstummen.
»In Ihrem Stall? Aber wie, um alles in der Welt, ist sie denn in ihren Stall gekommen.«
Ruths Antwort war nur kurz. »All right«, sagte Larry. »Wenn Sie sich also in Schweigen hüllen wollen... Kommen...? Natürlich kommen wir sofort. Susan und ich. Aber sagen Sie doch bitte... «
Es knackte in der Leitung, und Larry legte ebenfalls den Hörer hin. In ihrem Gesicht kämpften Verwirrung und Freude.
»Hört mal her! Das ist vielleicht eine Überraschung! Ich weiß gar nicht, was ich denken soll. Ich kann mir absolut keinen Vers darauf machen ...Es ist geradezu... «
»Streng dir nicht unnötig dein Köpfchen an«, sprach Sam ihr beruhigend zu. »Erzähl uns lieber, was Ruth nun eigentlich gesagt hat.«
»Im Grunde genommen hat sie gar nichts gesagt. Sie war so sonderbar zugeknöpft und ruhig — viel ruhiger als sonst. Sie sagte lediglich, ich möchte herunterkommen und Emily abholen. Sie sei bei Tantchen im Stall und mache ungebührlich viel Lärm. Als ich ihr auseinandersetzten wollte, daß Richards meine Emily bestimmt habe stehlen wollen, schnitt sie mir einfach das Wort ab und meinte nur, es wäre ihr lieb, wenn ich augenblicklich kommen könnte.«
»Ein kluges Mädchen. Wann kapierst du endlich, daß Gemeinschaftsanschlüsse gewisse Gefahren in sich bergen?«
»Bitte Sam, rede nicht immer so geschwollen daher. Hast du eigentlich begriffen, daß Emily gerettet ist? Sie ist nicht auf dem Weg in die Fleischfabrik, sie landet nicht in einer Konservenbüchse, sie wird bald wieder hier sein!« Damit umarmte sie ihn heftig.
»Ich habe durchaus begriffen. Ich versuche nur, meine übergroße Freude zu bezwingen. Wie ich dich kenne, wirst du sofort losbrausen?«
»Natürlich! Worauf sollte ich denn noch warten? Vielleicht aufs Mittagessen? O nein, mein Lieber! Du selbst
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