Mittagessen Nebensache
Gefängnis sitzen, haben Sie keine Möglichkeit mehr, Ihre Farm an den Mann zu bringen. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Sie erwischt werden, das sollten Sie selbst wissen. Inzwischen sind nämlich alle auf Sie aufmerksam geworden. Sie werden ständig beobachtet, und drei oder vier Mann sehen mehr als einer.«
Er wurde leichenblaß. »Gefängnis!« stieß er wütend aus. »Wer spricht hier vom Gefängnis!«
»Ich! Soviel ich weiß, steht auf Schafdiebstahl eine Gefängnisstrafe — und zwar eine ziemlich lange. Lieber Mr. Richards, an Ihrer Stelle würde ich verkaufen. Gewiß ist es doch überall schöner als im Gefängnis?«
»Lassen Sie es sich gesagt sein — das ist Verleumdung!«
»Und Ihre Zeugen?« fragte Ruth sehr beherrscht.
Er blickte von Ruth zu David, von David zu mir, und wußte, daß er verloren hatte. »Für Ihre Frau und die Kinder wäre es gewiß hart, wenn man Sie einsperrte«, fuhr Ruth mit bezwingender Eindringlichkeit fort. »Schließlich ist es eine furchtbare Schande, wenn jemand aus der Familie im Gefängnis sitzt. Dabei könnten Sie doch auch ohne die Diebereien gut leben, finden Sie nicht auch? Jeder gute Farmer kann das. Also, geben Sie es lieber auf, ehe es zu spät ist.«
Ich unterdrückte nur mit Mühe einen Lachanfall. Wenn das doch Larry miterleben könnte! Ruth wirkte so gelassen, ganz wie eine Lehrerin aus der Sonntagsschule, aber in einem unmöglichen Aufzug.
Schließlich gab er bei, nicht ohne noch boshaft zu erklären, daß er froh sei, endlich von diesem Pack wegzukommen. Aus dieser Gegend, wo man keinem Menschen trauen könne. Diese Definition unserer Charaktere ertrugen wir mit Gelassenheit.
»Und was ist mit dem Hund?« fragte David scharf. »Sie können ihn nicht einfach mitnehmen, um ihn in einer anderen Gegend erheut für ihre Diebereien zu mißbrauchen. Der Hund ist eine größere Gefahr als Sie, denn er hat Verstand. Bei einem ehrlichen Menschen ist ein solches Tier geradezu ein Segen, in der Hand eines Diebes aber ein fortwährender Schrecken für seine Umgebung.«
»Wer soll hier der Dieb sein? Quicky ist mein Hund. Ich habe jedes Recht über ihn.«
»Selbstverständlich. Und wir haben jedes Recht, Ihre nächtliche Eskapade an die große Glocke zu hängen. Nun wählen Sie selbst.«
Er zögerte. »Ich habe sechzig Pfund für das Tier bezahlt.«
»Dann gebe ich ihnen achtzig«, sagte David prompt. »Damit haben Sie weder bei dem Hund noch bei Ihrer Farm einen Verlust — ganz zu schweigen von dem Gewinn, den Sie aus den gestohlenen Schafen gezogen haben.«
Mit einem letzten haßerfüllten Blick auf Ruth verschwand Jock Richards aus unser aller Leben. Innerhalb von zwei Wochen hatte er die Farm verkauft und brüstete sich damit, welch guten Preis er erzielt habe. »Bin heilfroh, aus dieser üblen Gegend wegzukommen«, posaunte er laut. »Diese Leute hier...!«
Sobald wir allein waren, prustete ich los, und Ruth stimmte in mein Gelächter ein. »So, das wäre erledigt«, sagte sie schließlich. »Und nun will ich endlich diesen schrecklichen Mantel ausziehen und ins Bett gehen. Ich danke euch vielmals.«
»Du und uns danken? Ich bitte dich! Du hast uns von einer Pest befreit, wir werden jetzt jedes Jahr eine beträchtliche Summe sparen. Das war wirklich ein wundervoller Abend! Larry wird sich ärgern, daß sie das versäumt hat. Du bist jedenfalls das schneidigste Mädchen, das ich je kennengelernt habe, Ruth.«
»Aber wieso nur? Dieser kleine Mann hatte doch wirklich nichts Furchteinflößendes an sich. Larry wird sich halb totlachen, wenn sie diese Geschichte hört.«
Aber den letzten Teil dieser >Geschichte< erfuhr Larry nie. Als ich bereits zum Wagen gegangen war, schloß David noch den Laden ab. »Nein, ich nehme Quicky nicht mit«, hörte ich ihn sagen. »Ich will sie ja gar nicht. Sie gehört dir. Ich habe sie nur für dich gekauft.«
»Aber das kann ich nicht annehmen, David«, protestierte Ruth. »Ein solch prächtiges Tier nur im Haus zu halten, das wäre doch die reinste Vergeudung. Quicky würde bestimmt auch sehr unglücklich werden, wenn sie nichts mehr zu tun hat.«
»Dann bringe sie mit, Ruth. Mit auf meine Farm, meine ich. Du mußt mich dann eben heiraten. Daß ich dich liebe, weißt du. Du bist das tapferste Mädel, das ich je kennengelernt habe, und — und du bist so anders als alle andern... «
Darauf Ruth, sehr ruhig, sehr bestimmt, aber mit leisem Lachen: »Lieber David, du bist so lieb und ritterlich, aber man muß
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