Mittagessen Nebensache
jetzt vorhabe, ist genau überlegt. Ich muß Papa endlich beweisen, daß ich eine erwachsene Frau bin und meinen eigenen Weg gehen kann. Und Tim muß endlich dahinterkommen, daß er gefälligst zu mir zu halten hat, auch wenn er sich dadurch mit Papa in die Haare gerät.«
Larry blickte nachdenklich vor sich hin. »Ich denke du hast vollkommen recht. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Jetzt oder nie! Für Tim wird es hart sein, aber er muß endlich dieses Schuldbewußtsein verlieren, daß es falsch war, dich zu heiraten, nur weil er dir nicht das Leben bieten kann, das du von zu Hause aus gewöhnt bist. Ich hatte angenommen, er sei längst darüber hinweg.«
»Das hatte ich ebenfalls angenommen. Es ging ja auch alles prächtig mit uns, bis sich das Baby anmeldete und Papa sich komisch aufzuführen begann. Oh, ich bin wütend auf Tim. Er sollte mir wirklich mehr vertrauen. Schließlich hat nicht er mich geheiratet, sondern ich ihn! Vielleicht erinnert ihr euch noch, wie ich ihm damals drohte, ganz einfach nachts in sein Haus zu kommen, damit ich kompromittiert war und er mich heiraten müßte? Schön, damals wurde er vernünftig, und Papa ebenfalls. Damals hatte ich getan, was ich für richtig hielt, und ich tue heute das gleiche. Ich hoffe, daß auch diesmal der gewünschte Erfolg nicht ausbleiben wird.«
»Aber es wird schrecklich einsam sein für dich«, gab ich zu bedenken. Ich erinnerte mich nämlich, wie ich mich in jener furchtbaren Nacht, als Christopher ankam, nach Paul gesehnt hatte. »Gerade dann braucht man seinen Mann.«
Anne erhob sich, und ihr Gesicht zeigte eine geradezu wilde Entschlossenheit. Wieder einmal mußte ich feststellen, wie sehr ihr äußerer Eindruck trog: Hinter ihrem sanften, nachgiebigen Wesen lag ein eigenwilliger Charakter verborgen. »Natürlich brauche ich ihn. Seit Monaten schon brauche ich ihn, aber das scheint er nicht zu bemerken. Vielleicht kapiert er es jetzt, wenn er meinen Zettel findet. O ja, natürlich habe ich eine Nachricht hinterlassen. An beide gemeinsam adressiert. >Ich habe den fortwährenden Streit im Haus satt. Es ist mein Baby, und ich werde es so zur Welt bringen, wie ich es für richtig halte. Ich fahre in die Stadt und bleibe dort, bis das Kind geboren ist. Vorher möchte ich keinen von euch beiden sehen. Sorgt euch nicht um mich, ich kann allein auf mich aufpassen.< Das ist doch klar und eindeutig, wie?«
Sogar reichlich klar, dachte ich, und Tim tat mir leid. Aber ihm und Anne konnte niemand helfen. Jeder Versuch in dieser Richtung war sinnlos. Sie war das gleiche entschlossene und rücksichtslose Mädchen wie vor drei Jahren. Ziemlich beklommenen Herzens sagten wir ihr Lebewohl. Sie drückte noch einmal die Kinder an sich, als wolle sie sie nie mehr loslassen. Dann fuhr sie davon, verfolgt von dem wüsten Geschrei unserer Sprößlinge.
»Will Nan! Will Party, will Spaß!« brüllte Christopher.
»Nan-Nan! Will Nan-Nan!« schloß Christina sich dieser Sympathieerklärung an und bewies damit wieder einmal ihre sklavische Ergebenheit für meinen Sohn.
Ich blickte Larry entsetzt an, dann brachen wir in Gelächter aus. Das waren also unsere Lieblinge, nach denen wir uns schon seit Tagen verzehrt hatten.
Auf dem Heimweg fühlte ich mich miserabel. Meine Gedanken weilten bei Anne, die vor drei Jahren diese gleiche Straße entlanggefahren war, ganz allein und auf sich gestellt, mit dem festen Entschluß, gegen das Verbot ihres Vaters zu heiraten. Und die heute wiederum diese Straße entlanggefahren war, ebenso einsam wie damals, aber genauso wild entschlossen, etwas zu tun, was diesmal allerdings nicht nur ihr Vater, sondern auch ihr Ehemann mißbilligte. Ich sehnte mich nach meinem eigenen Heim, das nun nach so vielen Monaten endlich wieder mir allein gehören sollte. Erleichtert dachte ich an Dawn, um die sich nun niemand mehr zu sorgen brauchte. Und Christopher würde jetzt wieder in seinem kleinen Zimmer liegen... Es mußte herrlich sein, sich jetzt gleich mit Paul in aller Ruhe aussprechen zu können.
Diese Aussprache verlief unverständlicherweise völlig anders, als ich gehofft hatte.
Natürlich, Männer betrachten gewisse Dinge von einem völlig anderen Standpunkt als wir Frauen. Paul schlug sich augenblicklich auf Tims Seite. Sogar den Colonel verteidigte er, während er seinem Ärger über Anne Luft machte.
Eigentlich hätte ich das voraussehen müssen. Tim war sein alter Freund, mit dem er den Krieg und noch so manche Wechselfälle des
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