Mittagessen Nebensache
Lebens durchgestanden hatte. Wir hatten schon öfter resigniert festgestellt, daß diese drei — Paul, Sam und Tim — sich miteinander gegen die ganze Welt verschwören würden, wenn sich die Notwendigkeit dazu ergeben sollte. Sogar gegen die eigenen Frauen.
»Welches Recht hatte sie, sich derartig zu benehmen? Tim ist der beste Kerl auf der Welt und auch der beste Ehemann. Einfach so davonzulaufen und ihn im Ungewissen zu lassen! Schließlich ist es ja sein Kind, das demnächst geboren werden soll.«
»Vielleicht darf ich darauf hinweisen, daß es auch ihr Kind ist. Im Augenblick vielleicht mehr als seins.«
»Mir jedenfalls erscheint diese Haltung sehr egoistisch. Ausgerechnet Anne! Wie sehr man sich doch in einem Menschen täuschen kann!«
»Du scheinst vergessen zu haben, wie sie sich damals benahm, als sie den Wünschen ihres Vaters zum Trotz Tim heiratete.«
»Das war doch etwas völlig anderes.«
»Natürlich, das, was damals geschah, war ja zu Tims Gunsten. Aber laß es dir gesagt sein, auch was sie heute getan hat, geschah zu Tims Gunsten. Schließlich mußte sie endlich dieser erstickenden Atmosphäre ein Ende machen. Sie hofft, daß ein ordentlicher Krach die beiden Männer zur Vernunft bringen wird.«
»Aber ich finde es unvernünftig, ganz einfach unvernünftig. Sie hat sich benommen, wie — nun ja, eben völlig hysterisch. Ich begreife überhaupt nicht, wieso. Schließlich lag für eine solche Handlungsweise wirklich kein Grund vor.«
Das gab mir den Rest. Ich rauschte hinaus, schloß mich in mein Zimmer ein und warf mich aufs Bett. Ich hatte alles restlos satt, ganz besonders satt aber sämtliche Ehemänner. Die Grippe plus die Aufregung der letzten Tage plus die eigenen aufgestauten Gefühle — es war einfach zuviel.
Aber als Paul eine halbe Stunde später mit der unvermeidlichen Tasse starken schwarzen Tees an meine Tür klopfte, konnte ich ihm versichern, daß es keine Hysterie war. Mit Hysterie hatte es wirklich rein gar nichts zu tun.
Als ich ihm alles erzählt hatte, wurde er sehr demütig und sehr zärtlich.
19
»Da soll einer behaupten, daß man auf dem Lande ein friedliches Leben führt«, brummte Paul am Abend. »In den letzten Tagen ging es ja drunter und drüber. Du siehst aus wie ein ausgewrungener Putzlappen. Das geht so nicht weiter.«
Ich nickte, obwohl ich wünschte, daß er nicht immer so abscheuliche Vergleiche ziehen würde. Aber dieser Tag war bestimmt alles andere als friedlich gewesen.
Wir hatten uns kaum zu einem späten und ziemlich hastig zubereiteten Mittagessen niedergelassen, als Tim erschien. Er kam ohne jedes Wort hereinmarschiert und übersah völlig die leidenschaftliche Begrüßung meines Sohnes.
»Habt ihr sie gesehen? Ich habe gerade den Zettel gefunden. Sie ist weg.«
»Ja, ich habe sie gesehen. Es geht ihr gut. Nun starre mich nicht so an, Tim. Ich habe nichts damit zu tun, und ich möchte dir nochmal versichern, daß es ihr gut geht.«
»Was hat sie denn gesagt? Was ist mit ihr los? Oh, Tag Paul. Entschuldige, Christopher, alter Knabe. Ei, hast du aber ein leckeres Mittagessen. Nun sei schön brav und iß alles auf.«
Dieser Versuch, seinem kleinen Gast von neulich mit Höflichkeit zu begegnen, mußte ihn eine enorme Anstrengung kosten. Ich war gerührt. Tim tat mir überaus leid, noch viel mehr leid als Anne. Paul warf mir einen besorgten Blick zu. »Hör mal, Tim, wie wär’s, wenn du ein paar Bissen mitißt? Dann können wir alles in Ruhe besprechen. Du weißt ja, Susan ist noch nicht ganz auf der Höhe.«
Er wollte sich nicht hinsetzen.
»Ich kann es nicht verstehen«, murmelte er. »Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. Was ist eigentlich passiert? Was ist in ihrem Kopf vorgegangen? Sie hat doch immer gesagt, daß sie alles hat, was sie sich wünscht, und daß sie mit niemandem tauschen möchte. Und nun ist sie auf und davon. Gerade in dem Augenblick, in dem sie zu mir gehört.«
»Ich kann gut verstehen, was du gefühlt hast, und es wäre natürlich ein Segen gewesen, wenn der Colonel sich anders verhalten hätte. Aber er ließ sie nie allein, und dadurch verdarb er alles. Du weißt doch, wie sehr sie sich auf das Kind gefreut hat. Aber sie wollte kein Aufhebens darum gemacht haben, sie wollte nicht dauernd verhätschelt und bewacht werden, so, als ob sie nicht imstande sei, das fertigzubringen, was für uns — für Larry und mich — eine Selbstverständlichkeit gewesen ist. Letzten Endes ist das eine Frage ihres
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