Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Walther stammen Gedichte, die das Ritterethos feiern und zum Kreuzzug rufen, ebenso aber auch innige Marienlieder und Absagen an „Frau Welt“. Am Ende steht ein Altersrückblick („Owê war sint verswunden alliu mîniu jâr!“), in dem er desillusioniert Abschied von seiner Zeit nimmt. Vollends von seinen dichtenden Standesgenossen hob ihn aber sein politisches Engagement ab. In seinen „Reichssprüchen“ nahm er Stellung zu den brennenden Fragen der Zeit. Der Dichter geißelte die Geldgier der Kirche und den Machtanspruch des Papstes, er mahnte die Herrscher an die Heiligkeit und Würde ihres Königtums und forderte sie zu Frieden und gerechter Regierung auf
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Walther von der Vogelweide, hier abgebildet in der Großen Heidelberger oder Manessischen Liederhandschrift, gilt als der Inbegriff des Minnesängers. Klassisch sein Lob der deutschen Frau: „Tugend und reine Minne, / wer die suchen will,/ der soll kommen in unser Land: da ist der Wonne viel!/ Lang möchte ich leben darinnen!“
(c) akg, Berlin
Untergang einer Kulturmetropole
Die Eroberung von Konstantinopel (1204)
Konstantinopel, das heutige Istanbul, präsentierte sich den Westeuropäern, die 1096 mit dem Kreuzzug des Volkes und 1097 mit dem Ersten Kreuzzug eintrafen, als Märchenstadt. Der Abstand der Zivilisationen war damals noch riesengroß. In der Stadt am Bosporus hatten sich die wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften und die Lebensformen der hellenistisch-römischen Kultur erhalten, es gab kommunale Einrichtungen aller Art, von Badeanstalten bis zu Spezialkliniken für Chirurgie. Es gab Sportplätze, Turnhallen und eine Universität. Durch die Stadt zogen sich kilometerlange Geschäftsstraßen mit Warenhäusern, Restaurants und Hotels, und auf den Märkten wurden Lebensmittel aus aller Welt angeboten. Über 100 000 Menschen wohnten in Konstantinopel, mehr als in jeder anderen Stadt Europas. In den Palästen der Reichen herrschte ungeheurer Luxus. Die Kirchen quollen über von Kunstwerken, wertvollem Kultgerät und Reliquien.
Fehlgeleiteter Kreuzzug
Der Zusammenprall der Kulturen verlief für Konstantinopel beim ersten Mal noch einigermaßen glimpflich. Die Kreuzfahrer wurden mit Proviant versehen und rasch an der Hauptstadt vorbei auf die asiatische Seite bugsiert. Ein Jahrhundert später dagegen wurde die Stadt selbst in Mitleidenschaft gezogen. Der Vierte Kreuzzug nahm statt aufs Heilige Land Kurs auf Konstantinopel. Im Juni 1203 erschien die Kreuzfahrerflotte vor seinen Seebefestigungen. Sie kam in der Absicht, dem Prätendenten Alexios IV. Angelos zur Krone von Byzanz zu verhelfen. Dahinter stand der Wunsch Venedigs, den Handelskonkurrenten im östlichen Mittelmeer auszuschalten. Die Kreuzfahrer durchbrachen die Sperre vor dem Hafen und bezogen unter den Mauern Stellung. Nach diplomatischem Geplänkel und Thronwirren, die von den Venezianern sorgsam geschürt wurden, kam es in Konstantinopel im Februar zu einer Palastrevolte, die das Regime Alexios’ IV. beendete – für die Kreuzfahrer der Anlass, sich der Stadt vollends zu bemächtigen. Am 9. April 1204 begann der große Angriff. Die Mauern wurden überstiegen, nach kurzem Kampf waren die Kreuzfahrer Herren der Stadt.
Das Lateinische Kaiserreich
Konstantinopel wurde nach der Eroberung durch die Kreuzfahrer zur Hauptstadt des sogenannten Lateinischen Kaiserreiches, das sich allerdings nicht über das gesamte byzantinische Gebiet ausdehnen konnte. In Trapezunt im Osten, in Epirus im Westen und selbst in unmittelbarer Nachbarschaft von Konstantinopel, in Nicäa, hielten sich byzantinische „Nachfolgestaaten“, von denen dann auch die Beseitigung der Kreuzfahrerherrschaft in Konstantinopel 1261 ausgehen sollte. 1453 fiel Konstantinopel an die Osmanen. Venedig dagegen konnte seine Eroberungen auf den griechischen Inseln und an der Westküste des griechischen Festlandes noch bis ins 16. Jahrhundert halten
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Kunstraub
Eine Plünderungsorgie begann. In drei Tagen wurden unersetzliche Kulturgüter verschleudert, gestohlen, geschändet und zerstört. Meisterwerke der Kunst des Altertums, die in Konstantinopel jahrhundertelang bewahrt worden waren, verschwanden auf ewig, wurden eingeschmolzen oder in Stücke gehauen. Die einzigen, die mit Sachverstand und Sinn für Werte zu Werke gingen, waren die Venezianer. Auf mehr als 50 Schiffen schafften sie die Schätze weg, die sie in den Kirchen und Palästen erbeutet hatten. Heute noch sichtbares Symbol für den großen Raubzug
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