Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Handel lag hier in den Händen der Küstenbewohner, Flamen und Friesen in der Nordsee, Slawen und Balten in der Ostsee, vor allem aber der Skandinavier, die schiffbautechnisch am entwickeltsten waren und auf ihren schlanken Booten den Atlantik bis nach Grönland und Nordamerika befuhren und in entgegengesetzter Richtung bis zum Ladogasee und an die großen Ströme Russlands gelangten.
Laderaum entscheidet
Bei der Auswahl der Handelsgüter war der nicht besonders große Laderaum eines Wikingerschiffes zu berücksichtigen. In Frage kamen also nicht unbedingt preiswerte Massengüter, sondern eher teure Waren in kleinen Mengen: Leder und Pelze, Walrosselfenbein, Steatit (Speckstein, das Allround-Material zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen) und Bernstein. Diese „heimischen“ Waren verhandelte der Wikinger-Kaufmann auf den Märkten etwa in Frankreich und nahm dafür Salz und Wein an Bord. In England erwarb er Weizen, Zinn, Honig und Silber, am Rhein Töpferund Glaswaren, Textilien und die Produkte der fränkischen Waffenschmieden. Aus den slawischen Gebieten wurden Wachs und Honig importiert. In Byzanz und an den Kreuzungspunkten der Ostroute mit den Handelswegen aus Innerasien und dem Kalifat kaufte er Seide, Gewürze, Goldschmiedearbeiten und Wein. Um die Jahrtausendwende vollzogen sich in West- und Mitteleuropa bedeutende Entwicklungen. Dank neuer Arbeitsgeräte und Produktionsverfahren in der Landwirtschaft verbesserte sich die Ernährungslage, die Bevölkerungszahl wuchs, das Handwerk trennte sich von der Landwirtschaft und in bestimmten Regionen entstanden Ballungen von Gewerbebetrieben. Handwerker siedelten sich an den Fernhandelsplätzen an, wo sie bessere Bedingungen für die Herstellung und den Absatz ihrer Erzeugnisse fanden.
Standardisierung
Maße und Gewichte waren in Europa alles andere als einheitlich. Selbst wo man dieselben Begriffe verwendete, wie etwa „Pfund“ oder „Last“, handelte es sich nicht um dieselben metrischen Einheiten. Städte und Regionen hatten je ihr eigenes System, und das konnte sich von dem der Nachbarn beträchtlich unterscheiden. Man behalf sich, indem man an den Rathäusern oder in der städtischen Waage Musterstücke aufbewahrte. Wie schwer ein Pfund sei oder welchen Inhalt eine Last habe, war damit für den jeweiligen Handelsplatz festgelegt. Verschiedentlich einigte man sich auch stadt- oder regionenübergreifend. So endete 1356 der Streit zwischen Rostock und Lübeck um die korrekte Größe der Heringstonne damit, dass man je vier Fassreifen von gleicher Stärke anfertigte, die an den Rathäusern aufgehängt wurden. Als „Rostocker Band“ wurde die Norm-Tonne vom Baltikum bis in die Niederlande anerkannt
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Die Vergrößerung der Städte und das Anwachsen der gewerblichen Produktion hatte Auswirkungen auf den Handel, er musste jetzt nicht nur Luxuswaren befördern, sondern auch Massengüter, durchaus auch über große Strecken. Das Handelsgeschäft wurde nun auch für die Bürger der Städte selbst interessant. Sie verdrängten die bisherigen friesischen oder skandinavischen Händler und führten ihre Landeserzeugnisse in großem Maßstab aus. Die Wikingerboote hatten ausgedient, der Bürger transportierte seine Waren in dickbauchigen Kähnen, die große Mengen fassen konnten.
Gemäß königlichem Privileg wird in der flandrischen Bischofsstadt Tournai ein Markt abgehalten. Glasfenster des 15. Jahrhunderts an der Kathedrale Notre-Dame in Tournai. Die geistlichen Stadtherrn wussten, was sie an den Kaufleuten hatten
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(c) akg, Berlin
Das Staunen der Welt
Friedrich II. (1194-1250)
„Stupor mundi“, das Staunen der Welt, hieß er bei den Zeitgenossen. Gemeint waren damit nicht nur seine politischen und militärischen Fähigkeiten, sondern mehr noch seine immense Bildung und sein von allen religiösen Rücksichten freies Denken.
Als Friedrich II. 1194 in Iesi bei Ancona (Marken) zur Welt kam, stand das Staufergeschlecht auf dem Höhepunkt seiner Macht. Friedrichs Vater Heinrich VI., Kaiser seit 1121, war durch Heirat mit Konstanze, der Erbin des Normannenreichs, auch in den Besitz von Sizilien und Süditalien gelangt. Konturen eines künftigen Großreichs zeichneten sich ab.
Harte Jugend
Vier Jahre später sah alles anders aus. Vater und Mutter waren gestorben, der kleine Friedrich kam unter die Vormundschaft des Papstes Innozenz III., der ihn nach Palermo bringen ließ. Das Kind wurde Spielball eines Machtkampfes zwischen deutschen und päpstlichen
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