Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
westliche Zentralasien. Beim Tod Dschingis-Khans 1227 erstreckte sich das Mongolenreich bereits von China bis zur Schwelle Russlands. Seine Nachfolger Batu und Ögödei setzten das Eroberungswerk fort. Sie machten sich ganz China untertan und schickten dann ihre Heere nach Westen, wo sie Russland besetzten.
Strenge Zucht
Ein ungeheurer Schrecken eilte den Mongolen voraus, man hielt sie für unbesiegbar. „Geißel Gottes“ nannte sich Dschingis-Khan bei einer Predigt in der Hauptmoschee von Buchara. Die militärischen Erfolge der Mongolen erklären sich aus der strengen Zucht, der die Krieger unterlagen. Beute war Gemeinbesitz, Flucht und Verlassen des Kampffeldes galt als Kapitalverbrechen. Kommandostellen wurden nach Leistung und nicht nach Herkunft vergeben. In der Strategie und Taktik überließen sie nichts dem Zufall, jeder Feldzug wurde sorgfältig geplant und durch Spionage vorbereitet. Und wie ihr Führer Dschingis-Khan sich für den geborenen Weltherrscher hielt, so glaubten auch die Mongolen, einer auserwählten Rasse anzugehören. Dazu kam, nach den Worten des britischen Militärhistorikers John Keegan, „ein erbarmungsloses Heidentum, das keine der in monotheistischen Religionen oder im Buddhismus geläufigen Ideen wie Barmherzigkeit gegenüber Fremden oder das Streben nach moralischer Vollkommenheit anerkannte“.
Die Goldene Horde in Russland
Dschingis-Khans Enkel Batu richtete 1237 in weiten Teilen Russlands einen mongolischen Staat ein, der sich bis 1502 hielt. Er wurde das Reich der Goldenen Horde benannt, nach den goldenen Deckplatten des Herrscherzelts (russisch „orda“). Hauptstadt des Reiches war Ssarai, in der Nähe des heutigen Wolgograd gelegen. Die Regenten der Goldenen Horde waren religiös tolerant, sie ließen der russisch-orthodoxen Kirche weitgehend ihre Privilegien, und die Kirche vermochte auch die Einheit des Volkes und das christlich-by-zantinische Erbe gegenüber der mongolischen Kultur zu bewahren. Dennoch hinterließ die mehr als zweieinhalb Jahrhunderte währende Fremdherrschaft ihre Spuren. Die Mongolen pflegten ein Tributsystem, d.h. sie ließen sich und ihre Herrschaft von den Unterworfenen finanzieren, und im Laufe der Zeit zogen sie zum Eintreiben der Tribute immer mehr die einheimischen Fürsten und deren Beamte heran, die auf diese Weise zu Handlangern der Mongolenherrscher wurden. Eine Knechtsgesinnung entstand, von der nicht einmal die höchsten Kreise frei waren
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Dschingis-Khan auf der Falkenjagd. Chinesische Seidenmalerei. Der Mongolenherrscher, ursprünglich nur ein schlichter Stammeshäuptling, vermochte in kurzer Zeit ein Reich zu gründen, das von China bis nach Russland reichte
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(c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main
Siege des Reitervolks in Schlesien und Ungarn
Mongolen bedrohen Europa (13. Jh.)
1237 begann ein neuer Westfeldzug der Mongolen, der das Abendland in ernste Gefahr brachte. Im Frühjahr 1241 besiegten die Reiterschwärme in zeitlich und räumlich aufeinander abgestimmten Operationen ein polnisch-deutsches Ritterheer bei Liegnitz (9. April 1241) und ein Aufgebot des ungarischen Königs Bela IV. bei Mohi (11. April 1241). Die Kunde von den fürchterlichen Niederlagen verbreitete sich rasch in Europa. Kaiser Friedrich II. rief die Herrscher des Abendlandes in flammenden Manifesten zu einer gemeinsamen Aktion auf, unternahm darüber hinaus jedoch nichts, ging auch nicht auf das Angebot König Belas ein, der ihm die Lehensoberhoheit über Ungarn versprach, falls er das Land von der Mongolengefahr befreie. Die Gründe für sein Zögern teilte er in Briefen an seine Anhänger mit: Bei den fortdauernden Kämpfen mit dem Papst und den lombardischen Städten sei es nicht möglich, ein Heer ins Ausland zu schicken, die Feinde daheim würden ja keineswegs so lange still halten.
Abzug aus Ungarn und Polen
Die weiteren Ereignisse ließen Friedrichs Abwarten gerechtfertigt erscheinen. Ein geplanter Vorstoß der Mongolen gegen Nowgorod und die Ostsee unterblieb, der gegen Schlesien gerichtete Angriffskeil bog nach der Schlacht von Liegnitz nach Süden ab, wo ihm König Wenzel I. von Böhmen mit Erfolg entgegentrat. Der Tod des Großkhans Ögödei am 11. Dezember 1241 veranlasste die Mongolen zum Abzug aus Ungarn und Polen, womit die akute Bedrohung des Abendlandes erst einmal aufhörte.
Papst Gregor IX. hatte 1241 das Kreuz gegen die „Tataren“ – so nannte man die Mongolen zumeist – gepredigt, aber eher widerwillig, seinerseits auch
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