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Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten

Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten

Titel: Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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Schwerpunkte
    Je nach den örtlichen Bedingungen, etwa wenn ergiebige Rohstoffquellen oder Möglichkeiten der Energieerzeugung (Wasserkraft) vorhanden waren, bildeten sich regionale Schwerpunkte, in denen das Handwerk in Gewerbe und schon beinahe industrielle Fertigung überging. Das galt für die Töpferei, die Eisengewinnung und -verarbeitung, die Glasherstellung und die Anfertigung von Mahlsteinen, besonders aber für die Tuchherstellung, die etwa in Flandern im Spätmittelalter einer ganzen Region den wirtschaftlichen Stempel aufdrückte.

Hufschmied beim Beschlagen eines Pferdes. Eine der vielen Handwerksdarstellungen des Mittelalters, hier auf einem Glasfenster des 13. Jahrhunderts an der Kathedrale Notre-Dame in Chartres
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    (c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main

Bauerngemeinden kämpfen um ihr Recht
Die Schweizer Eidgenossenschaft
    Der Eid spielte im Mittelalter eine große Rolle. Eide wurden nicht nur vor Gericht geschworen, auch gesellschaftliche und politische Zusammenschlüsse wurden so bekräftigt. Die Schwurgemeinschaft war die Form, in der sich Kaufleute oder Handwerker organisierten. Nicht anders verfuhren Gemeinden und Städte oder ganze Länder.
Wallfahrtsort Rütliwiese
    Eine solche Schwurgemeinschaft war auch die der Schweizer Urkantone Schwyz, Uri und Unterwalden, die sich am 1. August 1291 zu einem „Ewigen Bund“ zusammenschlossen. Hintergrund war die Politik der Habsburger, die ihre Besitzungen im Schweizer Raum ausbauen wollten. Die betroffenen Bauerngemeinden, „Waldstätte“ genannt, behaupteten dagegen zäh ihre Selbständigkeit. Sie konnten sich dabei auf Privilegien Kaiser Friedrichs II. berufen, die ihnen Reichsunmittelbarkeit zusicherten. Die Schwurszene auf dem Rütli ist von Friedrich Schiller in seinem Drama „Wilhelm Tell“ (1804) breit ausgemalt worden. Sprichwörtlich seitdem der Eidestext: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, / In keiner Not uns trennen und Gefahr.“ Die Bergwiese über dem Vierwaldstätter See, auf der der Bund gestiftet wurde, ist heute Wallfahrtsort der Schweizer, auch wenn nicht gesichert ist, dass sich die Eidgenossen dort wirklich im Jahre 1291 versammelten.
    Die Tell-Sage
    Der biedere Landmann Wilhelm Tell, der so gut mit der Armbrust umzugehen versteht, weigert sich, einen Hut zu grüßen, den der Habsburger Landvogt Gessler auf eine Stange gepflanzt hat. Darauf wird er gezwungen, seinem Sohn einen Apfel vom Kopf zu schießen, und obwohl ihm das Kunststück gelingt, wird er in Fesseln weggeführt. Er kann sich befreien und rächt sich für das, was man ihm angetan, indem er den schurkischen Landvogt in einem Hohlweg bei Küsnacht mit seiner nie fehlenden Armbrust erschießt. Das ist das Signal für den allgemeinen Aufstand gegen die Habsburger. Ein historischer Tell ist nicht belegt. Die Sage von dem Meisterschützen und Tyrannenmörder gewann erst im 15. Jahrhundert Gestalt und wurde noch lange in verschiedenen Versionen erzählt, bis ihr der Schweizer Historiker und Staatsmann Ägidius Tschudi (1505–1572) in seinem „Chronicon Helveticum“ die heute geläufige Fassung gab, der auch Friedrich Schiller in seinem Tell-Drama von 1804 folgte
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    Die Bewährungsprobe für die bäuerliche Schwurgemeinschaft kam 1315. Ein Heer unter Herzog Leopold von Österreich rückte an, um die Freiheit der Waldstätte zu beenden. Den Kern der habsburgischen Streitmacht bildeten 2000 bis 3000 gepanzerte Ritter. Am Morgarten lauerten ihnen am 15. November ca. 1000 leicht bewaffnete Schweizer auf, die aus einer günstigen Stellung das zwischen dem See, einem Sumpf und dem Gebirge eingeklemmte Heer überfielen und vernichteten.
Trennung vom Reich
    Nach dem Sieg schlossen die drei Landgemeinden im Dezember 1315 einen neuen Bund, dem 1332 die Stadt Luzern beitrat, womit die Eidgenossenschaft Kontrolle über die Gotthardroute, den wichtigsten Alpen-Transitweg bekam. Durch den Beitritt von Zürich, Glarus, Bern und Zug wuchs die Gemeinschaft bis 1353 auf acht Mitglieder an. Man sprach nunmehr von der Eidgenossenschaft der „Acht alten Orte“, Schwyz wurde zur Gesamtbezeichnung. Trotz des Gegensatzes zu den Habsburgern betrachtete sich die Eidgenossenschaft noch als Teil des Reiches. Erst nach dem „Schwabenkrieg“ von 1499 erfolgte die de-facto-Trennung, im Westfälischen Frieden von 1648 dann die endgültige.

Der legendäre Schwur der Schweizer Eidgenossen auf dem Rütli. Kolorierter Holzstich nach einer Zeichnung von Adolf Ehrhardt, um

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