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Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten

Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten

Titel: Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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schroffen Widersprüche der Zeit wider und war innerlich selbst widersprüchlich. Vor allem in der Plastik und der Malerei verflochten sich Züge des Realismus auf wunderliche Weise mit frommer Rührung und Ausbrüchen religiöser Ekstase.
    Notre-Dame de Paris
    Im Deutschen heißt der 1831 erschienene Roman „Der Glöckner von Notre-Dame“, aber nicht von ungefähr gab ihm sein französischer Verfasser Victor Hugo (1802–1885) den Titel „Notre-Dame de Paris“. In dem mehrfach verfilmten Buch spielt die gotische Kirche die Hauptrolle. Hugo, Romantiker durch und durch, wollte seine Landsleute, die gerade dabei waren, das mittelalterliche Paris in großem Stil abzureißen, auf den drohenden Verlust ehrwürdiger Kulturdenkmäler hinweisen. Notre-Dame ist für ihn die „greise Königin unter den Domen“, das Antlitz „von Narben und Runzeln zerklüftet“. Als „gewaltige Steinsymphonie“, als „Stein gewordener Gedanke“ erscheint ihm die Hauptkirche von Paris, und er vergleicht sie mit den Pyramiden und den Hindupagoden: „Bauten ihrer Art beweisen, dass die Erzeugnisse dieser Kunst weniger Werke einzelner Menschen als vielmehr ganzer Gesellschaften waren. Sie sind daher die Schatzkammer der Nation, die Aufspeicherung einer jahrhundertelangen Entwicklung, der allmähliche Niederschlag sozialer Gärungen, der Extrakt der Bildungsformen. Unter dem Spülen der Zeitwogen lagerte sich Schicht auf Schicht aufeinanderfolgender Generationen, von denen jede ihren Beitrag gab. Hier baute der Mensch gleich der Biene, dem Biber.“
Formenreichtum
    In der Baukunst nahm der Anteil der Profanbauten zu. Ihre Zweckbestimmungen wurden vielfältiger, ihre Formen reicher. Außer Rathäusern und großen Räumen für Kaufmannsvereinigungen (etwa der Gürzenich in Köln) errichtete man steinerne Wohn- und Geschäftshäuser in den Städten, es bildete sich der mehrgeschossige Bau des Stadthauses heraus. Auch Stadtbefestigungen, Burgen und Schlösser erhielten ihre unverkennbar gotische Formung.
    Seine klassische Verkörperung indes erlangte der gotische Stil in der Kirchenbaukunst. Die grandiosen Maße der städtischen Kathedralen, die Vollkommenheit der Konstruktion, in der alle Schwere aufgelöst ist, und die Fülle des plastischen Schmucks fasste man nicht nur als Bestätigung der Erhabenheit und Größe der Religion, sondern auch als Symbol des Reichtums und der Macht der Städte auf.

Inneres der Kirche Sainte-Chapelle, die 1243–1248 als Teil des Pariser Königspalastes errichtet wurde. Die Baukunst der Gotik mit ihrem System der Strebepfeiler machte massives Mauerwerk entbehrlich. An seine Stelle konnten große bemalte Glasfenster treten
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    (c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main

Handelsverbindungen zwischen China und Europa
Die Seidenstraße
    China war nicht unerreichbar. Schon zu Zeiten des Römischen Reiches wanderten Handelskarawanen zwischen dem Reich der Mitte und Europa hin und her. Sie benutzten ein System von Straßen und Pfaden, das als Seidenstraße bekannt ist. Es begann in China in Tunhwang am oberen Hwangho und führte zum Salzsee Lop nor, wo es sich in zwei Routen teilte, die eine nördlich, die andere südlich am Tarimbecken entlang. Bei Kaschgar vereinigten sich die Routen wieder. Über Fergana und Samarkand im heutigen Usbekistan ging es weiter nach Merw (heute Mary) in Turkmenistan, dann durch Persien nach Bagdad und schließlich nach Damaskus. In den syrischen Mittelmeerhäfen konnte die Ware auf Schiffe umgeschlagen werden. Unterwegs gab es Abzweigungen, etwa von Kaschgar nach Indien oder von Samarkand nach Trapezunt am Schwarzen Meer, wo wiederum Anschluss an den Schiffsverkehr bestand.
Ende eines Monopols
    Der Westen lieferte nach China Gold, Jade, Pferde, Metall und Delikatessen und erhielt Tee, Porzellan und als Hauptimportgut Seide. Die Herstellung der kostbaren Faser, zu der die Seidenraupe den Grundstoff lieferte, war Staatsgeheimnis in China. Erst im 6. nachchristlichen Jahrhundert soll es Kaufleuten aus Konstantinopel gelungen sein, Eier der Seidenraupe nach Europa zu schmuggeln. In Gegenden, die sich klimatisch dafür eigneten, v.a. in Süditalien und Andalusien, wurde seitdem Seidenraupenzucht betrieben, wodurch das chinesische Monopol gebrochen war.
Durch Gebirge, Steppen und Wüsten
    Der Handel auf der Seidenstraße kam deswegen nicht zum Erliegen. Bis zur Öffnung des Seeweges nach Indien Ende des 15. Jahrhunderts blieb der Karawanenweg die einzige Route, auf der ein Warenaustausch

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