Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
zwischen Ost und West stattfinden konnte. Der Verkehr blühte auch und gerade in der Zeit, da die Mongolen sich in Vorderasien ausbreiteten; sie ließen dem Handel freie Hand. Das Abendland bekam, vermittelt durch islamische Zwischenhändler, die Waren und Güter, die es daheim nicht gab: Räucherwerk, Färbemittel, exotische Gewürze, Porzellan und – chinesische Seide, die natürlich nach wie vor ihre Liebhaber hatte.
Marco Polo
Sein Vater Nicolò Polo und sein Onkel Matteo, Kaufleute aus Venedig, waren bereits 1260–1269 beim Großkhan Kubilai in China gewesen und mit dem Auftrag zurückgekehrt, europäische Gelehrte zu einer Reise nach China zu bewegen und Öl von der Lampe am Grab Christi mitzubringen. Als die Polos 1271 wieder nach Fernost aufbrachen, war Nicolòs Sohn Marco (1254–1324) mit dabei. Mit Briefen und Geschenken des Papstes reisten sie auf dem Landweg über Persien, Afghanistan und durch die Wüste Gobi zur Residenz des Großkhans in Peking. Marco Polo, der rasch die chinesische Sprache und Schrift lernte, erwarb sich die Zuneigung des Mongolenherrschers, der ihn mit Kurierdiensten betraute und schließlich sogar zum Provinzstatthalter ernannte. Nach 17 Jahren ließ der Khan seine venezianischen Gäste wieder heimreisen. In Diensten des Khans hatte Marco Polo tiefe Kenntnisse über das Reich der Mitte erworben, doch erst eine erzwungene Muße als Gefangener der Genueser im Krieg von 1298/99 gab ihm Gelegenheit, seine Reiseerlebnisse zu Papier zu bringen. Sie wurden zu einem der meistgelesenen Bücher des Mittelalters, auch wenn die Zeitgenossen die Angaben über die Bevölkerungszahlen der chinesischen Städte nicht glauben mochten und dem weitgereisten Mann den Spitznamen „messer miglione“, Herr der Millionen, anhängten
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Marco Polo unterwegs mit einer Karawane. Illustration aus dem Katalanischen Atlas, um 1375. Der venezianische Reisende brachte die Kenntnis des Abendlandes über die Verhältnisse in Ostasien bedeutend voran
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Christliche Ritter mit Sinn für Geld
Die Templer (um 1120-1312)
Im Jahr 1118 erhielt der Ritter Hugo von Payens von König Balduin I. die Erlaubnis, sich mit einigen Genossen in einem Flügel des Königspalastes in Jerusalem, dem ehemaligen Templum Salomonis, niederzulassen. Zwei Jahre später gründete Hugo hier einen Ritterorden, der sich nach seinem Wohnsitz bald Orden der Templer nannte. Die Ritter im weißen Mantel mit dem roten Kreuz machten sich zur Aufgabe, die seit dem Ersten Kreuzzug (1096–1099) nach Jerusalem strömenden Pilger vor Überfällen zu schützen. Sie hielten sich ständig bereit für militärische Einsätze und bildeten so eine Frühform des stehenden Heeres – das den Kreuzfahrerstaaten in den ewigen Kämpfen mit den muslimischen Nachbarn bitter nötig war. Allerdings pochten sie auf ihre Unabhängigkeit, über sich erkannten sie nur den Papst an.
Der heilige Gral
Geheimnisumwittert wie die Templer ist ein Gegenstand, den diese zeitweilig gehütet haben sollen: der Gral, in dem die Abendmahlsschüssel oder das Gefäß gesehen wird, das Christi Blut bei der Kreuzigung auffing. Seinem Besitzer verheißt der Gral alles himmlische und irdische Glück, aber nur dem Reinen ist er erreichbar. Die Gralssage wurde im 12. Jahrhundert in Frankreich zuerst von dem Dichter Chrétien de Troyes aufgeschrieben und dann von anderen, darunter Wolfram von Eschenbach in seinem „Parzival“, weitergesponnen, wobei die Sagen von König Artus’ Tafelrunde mit einbezogen wurden. In jüngster Zeit (1982) setzten drei Journalisten der BBC eine neue Variante in die Welt: Sie deuteten das altfranzösische „San Greal“ (heiliger Gral) als Sang real = königliches Blut, womit nicht bloß das Blut Jesu Christi, sondern seine leibliche Nachkommenschaft gemeint sei. Die Sünderin Maria Magdalena sei in Wahrheit Jesu Geliebte oder Ehefrau gewesen, die nach der Flucht aus Jerusalem ein Kind von ihm geboren habe, und eine Geheimgesellschaft namens Prieuré de Sion habe bis auf den heutigen Tag Jesu Nachfahren bewacht und geschützt. Darauf fußt wiederum der Bestseller „The Da Vinci Code“ von Dan Brown, der 2005 unter dem Titel „Sakrileg“ in die Kinos kam
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Finanzexperten
Die Templer bauten in West- und Mitteleuropa ein dichtes Netz von Ordenshäusern auf. Hier wurden die Geldmittel gesammelt und durch kluge wirtschaftliche Unternehmungen vermehrt, und hier wurde unter dem heimischen Adel der Nachwuchs für
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