Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz
Reichenau im Bodensee (Baden-Württemberg), Niederzell, Stiftskirche St. Georg, Darstellung einer Kuhhaut, die von Teufeln gehalten wird und hinter der zwei Frauen ins Gespräch vertieft sind. Die Redewendung „Das geht auf keine Kuhhaut“ bezog sich ursprünglich auf das vom Teufel schriftlich auf Pergament (Kuhhaut) festgehaltene Sündenregister eines Menschen mit zweifelhaftem Lebenswandel.
Auf der Nordwand des Mittelschiffs, direkt am Eingang zur Krypta, hat sich eine Szene mit vier Teufeln erhalten, die eine Kuhhaut ausgebreitet in ihren Händen halten ( Abb. 37 ). Dahinter stehen zwei Frauen, die in ein Gespräch vertieft sind. Die Inschrift aus dem frühen 14. Jahrhundert kritisiert in der Volkssprache moralisierend die Geschwätzigkeit, woher die Redensart „Das geht auf keine Kuhhaut“ stammen soll. Zieht man jedoch in Betracht, dass hier der Lettner einst stand, von dem aus wohl auch gepredigt wurde, dann ließe sich der moralische Appell auch als Warnung für den Prediger verstehen.
|46| 4. Die Hirsauer – Reformklöster in der Nachfolge Clunys
D ie cluniazensische Reform hat im deutschen Sprachraum nie direkt Fuß gefasst. Sie wirkte vielmehr indirekt über die Klöster Siegburg, Sankt Blasien und Hirsau. Dies wurde bereits in der schon zitierten Chronik Bernolds hervorgehoben. Die Rolle Hirsaus und Abt Wilhelms beschrieb Ortlieb in der Zwiefalter Chronik (12) mit folgenden Worten: „Denn er [Wilhelm] leitete die Gewohnheiten der Mönche und die Weisungen der Väter, nach denen die Regel des heiligen Benedikt in den Klöstern durchgeführt werden könnte, aus der Quelle von Cluny und führte sie der Dürre der Klöster diesseits der Alpen wie eine breitströmende Flut zu.“ Die deutschen Reformzentren waren jedoch nicht Teil der ecclesia cluniacensis , sondern übernahmen auf unterschiedlichen Wegen deren Gewohnheiten. Hier soll nur der baugeschichtlichen Bedeutung der „Hirsauer“ nachgegangen werden.
Die Klosterkirche Sankt Peter und Paul in Hirsau
Die Reformen unter Abt Wilhelm führten auch zu einer steigenden Zahl der Mönche. Der im Jahre 1071 begonnene und sich im Grundriss noch am Mutterkloster Einsiedeln orientierende Neubau der Aureliuskirche schien schon bald zu klein. So wurde auf einem Plateau auf der anderen Seite der Nagold ab 1082 ein neues Kloster auf jungfräulichem Grund errichtet, von dem, aufgrund der Brandschatzung durch die Franzosen im Jahre 1692 sowie der späteren Nutzung als Steinbruch, fast nichts mehr blieb. Die neue Klosterkirche Sankt Peter und Paul wurde am 2. Mai 1091 geweiht und das alte Aureliuskloster damit zum Priorat. Der Grad der Vollendung der neuen Kirche bleibt allerdings unklar. Denn neben bauarchäologischen Beobachtungen scheinen das hohe Alter Abt Wilhelms und sein Tod am 5. Juli desselben Jahres dafür zu sprechen, dass man bemüht war, Wilhelm selbst noch die Möglichkeit zu geben, seine Kirche zu weihen.
38 ▲ Hirsau (Baden-Württemberg), Benediktinerkloster, Klosterkirche, Grundriss. Die langgestreckte Klosterkirche bestand aus drei Komplexen, der Doppelturmfassade mit Eingangshalle, der Vorhalle und dem eigentlichen Kirchengebäude. Abgesehen vom Eulenturm wurde die Kirche bis auf die Grund mauern zerstört.
Die Klosterkirche ( Abb. 38 ) war eine dreischiffige, über kreuzförmigem Grundriss errichtete, flach gedeckte Säulenbasilika. Die Langhausarkaden ruhten auf sieben Säulenpaaren und im Osten auf einem Pfeilerpaar in Kreuzform. Ob die Fenster des Obergadens axial auf die Arkaden ausgerichtet waren, lässt sich aus der Skizze von Johann Liefkoop (1702) nicht mehr mit Bestimmtheit sagen ( Abb. 39 ). An der Westwand wurden die Arkadenbögen von rechteckigen Wandvorlagen aufgenommen, im Osten von den Vorlagen der Vierungspfeiler. Der östlichste Abschnitt zwischen den Langhauspfeilern und Vierungspfeilern wird als chorus minor gedeutet, der Raum, in dem alte und kranke Mönche während der Gebetszeiten Platz nahmen. Eine Abschrankung des Chores konnte archäologisch nicht nachgewiesen werden. Jedoch zeigt die Darstellung von Liefkoop, dass auf Höhe der Langhauspfeiler sowohl die Seitenschiffe als auch das Mittelschiff von Bögen überspannt waren, die Räume also besonders hervorgehoben wurden. Während die Obergadenzone ungegliedert blieb und wahrscheinlich aus verputztem Kleinquadermauerwerk bestand, wurde die Arkadenzone mit einen horizontalen Gesimsband abgeschlossen, welches durch vertikale Bänder mit den Kämpfern über den
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