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Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz

Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz

Titel: Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Rüffer
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wohl über eine Doppelturmfassade verfügte, wurde beim Neubau der Klosterkirche auf Westtürme verzichtet und nur eine Vorhalle errichtet. Die heutige ist neoromanisch und stammt aus dem Jahr 1857.
    Der Kirchenraum hat mehrere Wandlungen erfahren. Kurz nach der Reformation wurde 1531 die Inneneinrichtung weitgehend entfernt. Es verschwanden Altäre, Bilder und Chorgestühl. Zwischen 1594 und 1598 wurde die Münsterkirche renoviert, die alten Chorschranken abgebrochen, die Orgel abgebaut und die Glasmalereien zerstört. So entstanden eine völlig andere Raumsicht und Beleuchtung. Der
    |50| folgenden Renovierung (1750 – 53) fielen die Stiftergrabmäler vor dem ehemaligen Kreuzaltar (heute im Museum aufgestellt) und das romanische Westportal mit einer Darstellung des Jüngsten Gerichts zum Opfer. In der Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte man durch eine historisierende Rekonstruktion, vor allem durch eine vermeintlich mittelalterliche Ausmalung den ursprünglichen Charakter wiederherzustellen. Dies wurde durch die Restaurierungen der Jahre 1950 – 1958 wieder korrigiert.

 
    |85|
    IV ♦
    Die Augustinerchorherren
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    1. Die Augustinerchorherren im deutschen Sprachgebiet
    I n der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts begannen Kanoniker, die Vita apostolica und urkirchliche Ideale wieder ernster zu verfolgen. Dies führte in Verbindung mit dem Rückgriff auf die Regeln des Augustinus zur Neuausrichtung ihrer Lebensweise. Die Regula canonica , bisher mehr gelebte Tradition als exakt kodifizierter Brauch, wurde modifiziert, ergänzt und als gesatztes Recht verschriftlicht. Die neuen Consuetudines entstanden nun neben der Augustinerregel, doch bezogen sie sich ausdrücklich auf diese. Kanoniker, die sich dieser Reform anschlossen, wurden Regularkanoniker genannt. Die Blüte der Erneuerung lag in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Bereits zu Mitte desselben gab es im Reichsgebiet mehr als 150 Augustinerchorherrenstifte und über 50 Prämonstratenserklöster.
    Zu den großen Zentren dieser Erneuerungsbewegung zählten die Reformstifte Rottenbuch (1074) in Oberbayern, Marbach (1089) im Elsass, Springiersbach (1107) in der Eifel, Hamersleben (1107) bei Halberstadt und das Domstift Salzburg. Hinzu gesellten sich kleinere wie Klosterrath (um 1104) bei Aachen und Neuwerk (1116) bei Halle. Während Stifte wie Rot tenbuch und Marbach dem Ordo antiquus verpflichtet waren, orientierten sich Klosterrath, Springiersbach, Salzburg, Hamersleben oder Neuwerk am Ordo novus . Von diesen Zentren ausgehend, wurden andere Stifte reformiert, die in unterschiedlichen Graden der Abhängigkeit zum Mutterstift standen, ähnlich wie dies bereits bei den „Hirsauern“ zu beobachten war.
    Die Initiative zur Gründung neuer Reformstifte oder zur Reformierung bestehender ging sowohl von Landesherren bzw. Adligen (u. a. Rottenbuch, Marbach, Springiersbach) als auch von Bischöfen (u. a. Salzburg, Hamersleben, Neuwerk) aus. Für die Reformkanoniker waren die relative Eigenständigkeit gegenüber dem Ortsbischof, die freie Propstwahl, die freie Wahl des Bischofs für Ordination und Weihen sowie die Beschränkung des Vogteirechts auf die Schutzfunktion, wie es in der weiter unten zitierten Urkunde für das Stift auf dem Lauterberg zum Ausdruck kommt, besonders wichtig. Dies bedeutete nicht nur eine Einschränkung des bisher üblichen Eigenkirchenrechts, sondern auch eine Beschneidung der Befugnisse des Ortsbischofs. Dennoch zeigt sich in der Rückschau, dass die Regularkanoniker gerade für die Bischöfe ein wirksames Instrument effektiver Diözesanpolitik darstellen konnten, denn die Kanoniker ließen sich als Kleriker, wie Stefan Weinfurter bemerkte, gut in die Verwaltungshierarchie der Bistümer eingliedern, betrachteten die Seelsorge ( cura animarum ) als eine ihrer zentralen Aufgaben, unterstrichen ihre religiöse Kraft durch einen besseren Lebenswandel und konnten so beispielgebend für den Klerus im Sprengel sein.
    Bischöfe holten die Reformkanoniker oft von weit her, damit deren Unabhängigkeit gewahrt blieb und sie nicht von benachbarten Reformgruppen aufgesogen wurden. Auch wurde darauf geachtet, dass keine unnötige Konkurrenz unter verschiedenen Zweigen entstand. Reformbischöfe, wie Reinhard von Halberstadt (1107 – 1123) oder Konrad I. von Salzburg, vermochten es beispielhaft, die Reform in den Dienst ihrer Diözese zu stellen, indem sie die Pröpste zu ihren engsten Mitarbeitern machten, den Stiften Archidiakonate übertrugen

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