Mittelreich
in Betrieb befindlichen Königshauses, mit einer seiner ständig wechselnden Cousinen , und erhielt das Recht des ersten Bads. Das Fürstenzimmer war schon drei Tage im Voraus geheizt worden, der Viktor hatte eine Unmenge Buchenholz die beiden Treppen hinaufgetragen. Die königlichen Hoheiten sollten es so warm wie möglich haben. Im Speicher droben wurde die Decke des Fürstenzimmers mit Strohgarben abgedeckt, denn nur ein dünner Fehlboden ohne jede Isolierung schützte die Zimmer des zweiten Stockwerks, die nur für die Sommermonate ausgerichtet waren, vor dem Eindringen der Kälte. Im Eck neben dem Ofen stand der Waschtisch mit einem Krug voll heißen Wassers. Am Tag zuvor waren die Handtücher noch einmal in Seifenlauge gekocht und neben dem Küchenofen getrocknet worden und hingen jetzt strahlend weiß und nach Kernseife riechend auf dem Messing-Handtuchhalter unterhalb des hölzernen, golden gerahmten Spiegels. Und in der großen Vase neben der Balkontür steckte eine große Silberdistel.
Königliche Hoheit mit Cousine werden dieses Jahr der Weihnachtsbraten sein, sprach der Seewirt nach dem Mittagessen. In seinen Augen lag der Schalk – oder war es doch ein wenig mehr?
Geh red doch nicht so dummes Zeug!, schimpfte ihn die Philomena, seine Schwester, doch ließ er sich von ihrer Strenge nicht beirren und grinste weiter so ein seltsam unbeirrtes Grinsen vor sich hin. Die Theresa senkte schamvoll ihren Kopf. Aber die verklemmte Spannung zwischen den Geschwistern tat ihr gut. Sie mochte es, wenn ihr Mann die Schwestern ärgerte, so dass sie, sittlich und moralisch überanstrengt wie sie waren, weil es ihnen von Geburt an durch Erziehung eingegeben war, sich aus Verlegenheiten winden mussten. Sie, die sonst so gerne so großtaten gegen sie und ihre Herkunft, dass sie manchmal wünschte, wieder fort aus dieser bigott und herrisch überwachten Ehewelt zu sein, fort von diesen Drachen, die nach außen hin beflissen und gekonnt das ihr anhaftende einfach bäuerliche Wesen mit scheinbar angeborener Überlegenheit zu überstrahlen suchten. Aber alles war nur aufgesetzt. Und ihr Mann, der Seewirt, wand sich zwischen ihr, der neu hinzugekommenen Ehefrau, und den im Dünkel fest verwurzelten Gepflogenheiten seines angestammten Elternhauses wie ein Wurm. Da wärmte sie die unverhoffte Frechheit, mit der er grad den Heiligabendfrieden störte. So was ist nicht lustig, mischte sich mit zischelndem Geflüster gleich die andre Schwester ein. Und jeden Augenblick kann von der königlichen Herrschaft eines in der Türe stehen und alles hören.
Der Viktor stand auf, sagte Mahlzeit und ging.
Nicht mal mit unsereinem macht man solche Witze. Erst recht nicht mit der königlichen Hoheit, redete die Philomena weiter. Wenn wir noch eine – wie heißt man das denn jetzt? ... eine ... no, jetzt sag es doch – Jungfernschaft, witzelte der Seewirt ausgelassen – das ist ja unerhört!, erboste sie sich, die Philomena – nein, nein, ich mein ein Königreich – ein Ding ... eine – ja Herrschaftszeiten, jetzt war es doch schon beinah auf der Zunge, eine – Monarchie! ... hätten, dann wäre der Prinz Konstantin jetzt unser König. Da könntest du dir so was nicht erlauben. Da wäre es dann meine Pflicht, dich anzuzeigen, erregte sie sich laut und herrisch, so dass die Theres ihren Kopf gleich noch ein wenig tiefer senkte. Und vor fremden Leuten gehört sich so was schon vom guten Ton her nicht, kreischte aufgebracht wie eine wild gewordene Henne jetzt die Hertha, weil der Seewirt seine Handgelenke kreuzte und seine Verhaftung spöttisch simulierte – und meinte mit den fremden Leuten den gegangenen Viktor.
Die Theresa traut sich schon gar nicht mehr zu atmen, und ihr Herz hüpft bis hinauf zu ihrem Hals. Nein so was! So ein Kampf am Heiligabend! Und mittendrin ihr Mann und lächelt um den Tisch herum ganz ungeniert und sagt: Wir haben aber jetzt, jetzt oder nie, Demokratie. – Grins nicht so frech!, fährt die Brieftaube ihn an, wo kämen wir da hin? Das wird ja eine schöne Weihnacht heuer. – Sie steht auf und räumt den Tisch nicht ab, wie immer, und geht hinaus, den Gang entlang, hinein zur nächsten Tür, ins dunkle Zimmer, und setzt sich neben das Klavier.
Ich versteh dich gar nicht, wie du dich so gehenlassen kannst, zischelt noch mit bösem Ton die Hertha durch die Zähne, das ist bestimmt der schlechte Einfluss von der Häuslerin, und deutet mit dem Kopf hinüber zur Theresa, dann schaufelt sie die Brösel mit der
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