Mitten in Amerika
später einen großen Haufen schlechtgelaunter Longhorns angetrieben. Mr. Skieret war bei ihnen. Er ging kein Risiko ein, er hatte die alten Kühe zwei Tage ohne Wasser gelassen, bis sie kaum mehr zu halten waren. Und als die Kühe in dem Stacheldrahtgehege drin waren, da geht Skieret zu dem Windrad, so ganz nebenbei, und löst die Sperre. Das Wasser fängt an, in die Tränke zu fließen, und die Kühe riechen das natürlich.
Diese durstigen Viecher können zwischen sich und dem Rest von Texas nicht viel sehen, und sie springen drauflos, gegen den Stacheldraht, und weichen zurück vor den scharfen Stacheln und springen wieder los, bis ihnen das Blut am Körper runterläuft. Nach einer Viertelstunde bleiben sie schwer atmend stehen und rühren sich keinen Fußbreit mehr von der Stelle, auch nicht, als der Vertreter hurra ruft und mit seinem Hut wedelt und mit einem langen Stecken nach ihnen sticht. Skieret brüllt und tobt, aber am Ende muß er zahlen.«
Bob war hingerissen von LaVons Erzähltechnik. Er sagte: »Ich nehme an, daß Sie mir jetzt nicht noch die Geschichte von den Narben auf dem Rücken Ihres Großvaters erzählen wollen, oder?«
»Heute nicht, nein«, sagte LaVon unergründlich. »Und danke für die Hilfe.«
Bob stieg in den Saturn und fuhr zu der Telefonzelle vor dem Postamt von Woolybucket. Ein Kombi der Telefongesellschaft parkte daneben, und ein Telefonarbeiter mittleren Alters entfernte die Halterungen und legte sie auf den Boden.
»Reparieren Sie das Telefon?« fragte Bob.
»Reparieren? Wir legen es still. Die Telefongesellschaft legt alle Telefonzellen im Panhandle still. Zu teuer im Unterhalt. Benutzen Sie Ihr Handy.«
»Ich habe keins.«
»Ihr Pech. Telefonzellen gehören zur Vergangenheit. In demCafé da drüben gibt es noch einen Münzapparat, falls Sie einen Anruf machen müssen.«
»Das können Sie doch nicht tun! Dieses Telefon wird von mindestens fünfzig Leuten täglich benutzt!«
»Moment mal, geben Sie nicht mir die Schuld. Ich bin nicht der Boß.« Geschickt plazierte er den Inhalt seiner Nase direkt neben Bobs Fuß auf dem Boden, bevor er wieder an die Arbeit ging.
Im Old Dog machte Bob seinen Anruf.
»Hallo, Onkel Tam. Die Telefonzellen werden stillgelegt. Ich muß mir eines von diesen blöden Handys besorgen.«
»Hier ist davon auch schon die Rede. Das nennt man ›Fortschritt‹. Bin froh, deine Stimme zu hören. So ganz allein ist man ganz schön einsam. Und was steht in Texas auf der Tagesordnung? «
»Paniertes Steak. Meistens. Ich habe das Quiltkränzchen der alten Damen absolviert. Aber die Broschen und Halsketten der alten Damen aus künstlerischem Plastik, die hättest du sehen sollen. Phantastische Sachen!« Er schilderte Freda Beautyrooms’ Brosche und hörte, daß sein Onkel schneller atmete.
»Alte Damen? Kannst du ihnen ein Angebot machen und ihnen die Sachen abkaufen? Du weißt schon, fünf Kröten oder so? Alte Damen brauchen immer ein bißchen Taschengeld für Pillen und Pantoffeln und so weiter.«
»Ich weiß nicht. Ich kann es versuchen, aber mach dir keine Illusionen. Diese alten Mädchen sind mit allen Wassern gewaschen. Die meisten haben jede Menge Geld. Panhandle-Damen. Sie werden hundertfünfzig Jahre alt und jedes Jahr gerissener und reicher.«
»Mach ihnen trotzdem ein Angebot. Geh bis zwanzig Dollar. Wenn es sein muß. Versuch es wenigstens. Sollte ich vielleicht besser selber kommen?«
»Nein. Es ist so schon kompliziert genug. Die Leute hier sind wahnsinnig mißtrauisch. Ich bin bestimmt schon fünf- oder sechsmal dem Sheriff gemeldet worden, weil ich auf der Straße laufe. Das tut hier offenbar niemand. Offenbar tun die Leute hier grundsätzlich nichts, was sie nicht schon immer getan haben. Ich komme mir vor wie auf Zeitreise.«
»Bob, weißt du noch, woran man Bakelit erkennt? Es gibt eine Menge Acryl und Zelluloid, das man leicht mit Bakelit verwechseln kann.«
»Der Geruch, oder?«
»Ja, Bob. Sehr gut. Aber schnell muß es gehen. Du reibst das Stück mit dem Finger ganz fest und ganz schnell, und dann riechst du daran, sofort. Wenn es Bakelit ist, muß es diesen komischen Modergeruch haben. Das kommt vom Phenol. Und die andere Möglichkeit ist, daß du es für etwa dreißig Sekunden unter laufendes heißes Wasser hältst und dann daran riechst. Oder es in kochendes Wasser tauchst. Und wenn du damit gegen ein anderes Stück klopfst, dann macht es ein spezielles Geräusch, ein leises dumpfes Klacken, aber um das zu
Weitere Kostenlose Bücher