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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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die meisten Stammgäste schon gegessen hatten und gegangen waren, warf seine Mütze auf den vorderen Ecktisch, der sich hinter einem Wandvorsprung versteckte, von dem aus er aber trotzdem freie Sicht auf den Straßenverkehr hatte (er war Anhänger der örtlichen Gepflogenheit geworden, Pickups und Limousinen aus dem Fenster zu beobachten), holte sich ein Steak aus der großen Schüssel, die fast geleert war und deren Reste Cy bereits für den Hackbraten des folgenden Tages kleinzuschneiden begann. Kartoffeln gab es keine mehr, denn die hatte Cy bereits zu winzigen Würfeln für den Hackbraten verarbeitet.
    »Ich steck dir eine Kartoffel in die Mikrowelle«, sagte Cy. »Das blöde Gerät taugt sowieso nur zum Kaffee- und Kartoffelaufwärmen. Saure Sahne und Butter sind schon im Kühlschrank, die mußt du dir holen. Willst du Salat? Einen Teller Krautsalat kannst du gerade noch zusammenkratzen. Pastinaken kannst du nach Herzenslust essen. Und Zwiebelkuchen auch; solange ich das Zeug ›Quiche‹ nannte, wollte es keiner anrühren, aber sobald man ›Zwiebelkuchen‹ sagt, fallen sie drüber her. Liegt nur an der Wortwahl. Ich könnte es ›Scheißekuchen‹ nennen, und sie würden es essen. Ich habe die doppelte Menge Zwiebeln genommen, genau wie im Rezept ist es sowieso nicht. Kirschkuchen gibt es auch noch. Butterklößchen sind keine mehr da. Da kommt Bruder Mesquite, der willsicher auch was essen. Warum kommt ihr Kerle nicht mittags, wenn alles heiß und frisch ist?«
    Als Bob sich den Teller belud, kam Bruder Mesquite mit geschürzter Kutte und schmutzigen Stiefeln herein, rieb sich die Hände und sah sich in dem leeren Lokal um.
    »Sieht aus, als wären wir dem Gedränge elegant aus dem Weg gegangen«, sagte er zu Bob. Cy schnaubte und murmelte etwas Unverständliches.
    »Das habe ich vorsichtshalber überhört«, sagte Bruder Mesquite, spießte das letzte Steak auf und dezimierte den Zwiebelkuchen gewaltig.
    »Ich weiß einen Witz für Sie, Bruder Mesquite«, sagte Cy. »Ich komm nachher auf eine Tasse Kaffee zu Ihnen.«
    »Haben Sie was dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?« fragte Bruder Mesquite Bob. »Sagen Sie es ruhig, wenn Sie Ihre Ruhe haben wollen.«
    »Nein, setzen Sie sich nur«, sagte Bob, der in die Ecke rückte, mit einer Geste auf die leeren Stühle.
    »O Herr, was für ein großartiges Gefühl, auf etwas zu sitzen, was sich nicht bewegt«, sagte Bruder Mesquite, von dem durchdringender Pferdegeruch ausging. Von seiner Hutkrempe hing ein Dornzweig. »Seit Tagesanbruch sitze ich im Sattel, Zäune inspizieren. Und Zahnweh habe ich auch noch. Wir haben eine Zaunstrecke, wo die Zaunpfosten immer nicht tief genug im Boden stecken, und unsere Büffel scheuern sich so lange daran, bis die Dinger umfallen und der Zaun durchhängt, und in Null Komma nix trampeln sie über den Draht und suchen das Weite.« Er begann sich mit einem schönen Messer die Fingernägel zu säubern.
    »Ist das ein Griff aus Rosenholz?« fragte Bob.
    »Lignum vitae. Lee Reeves in Shattuck macht diese Messer. ›Für die Hand, nicht fürs Auge‹, sagt er immer, aber das, was er fabriziert, ist die reine Augenweide. Sie sollten sich auch eines besorgen.«
    »Braucht man für Büffel andere Zäune als für Rinder?«
    »O ja. Höher und mit längeren Pfosten und nicht so oft unterteilt. Kühe sind wählerisch, die fressen ihr Lieblingsgras und ihre Lieblingspflanzen, und deshalb muß man sie alle paar Tage auf eine neue Weide treiben, damit sie nicht alles kahlfressen. Aber die Büffel, die haben sich zusammen mit den Pflanzen auf der Grassteppe entwickelt, sind zusammen damit entstanden, gehören zusammen hierher, in diese Landschaft. Der Bison und die einheimische Fauna sind voneinander abhängig. Die Kühe gehören eigentlich nicht her, und deshalb machen sie so viel Arbeit. Man muß sie mit dem füttern, was sie mögen, man muß ihnen Wasser geben – unzählige Windräder und was nicht noch alles. Der Büffel, der sorgt für sich selbst. Der legt lange Strecken zurück, bis er Wasser findet, oder er sucht sich kleine Pfützen und Quellen, von deren Existenz Sie gar nichts ahnten, und wenn er muß, dann gräbt er mit seinen Hufen, bis er auf Wasser stößt. Im Winter frißt er Schnee. Würde mich nicht wundern, wenn er den Frost vom Zaun ablecken würde. Der Bison ist unabhängig und gehört in dieses Land. Die Kuh, die so gezüchtet ist, daß sie friedlich und träge und leicht zu handhaben ist, die ist ein Eindringling. Wissen

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