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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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lebt in der Pine Ridge Reservation.«
    »Das Geld habe ich verloren. Wer ist der Mann im Rollstuhl? Das ist doch nicht dein Ehemann, oder?«
    »Nein, nein. Das ist Mr. Gunnel. Ich arbeite im Golden-AgeAltersheim in Trinidad, und Mr. Gunnel kommt zur Dialysebehandlung hierher. Ich habe ihn begleitet. Das ist aber eine Überraschung, dich hier zu sehen.« Sie wandte sich wieder an Bob Dollar. »Shirley Mason«, sagte sie.
    »Wir suchten nach einer Shirley Brassleg. «
    »Verehelichte Mason. Brassleg war mein Mädchenname. Mein Vater ist Moony Brassleg. Es war sehr nett von Ihnen, ihn mitzunehmen und sich um ihn zu kümmern. Mein Mann und ich laden Sie zum Abendessen ein. Ich bringe Mr. Gunnel in das Altersheim zurück, und dann komme ich nach Hause. Wenn Sie Vater hinbringen könnten, wäre das wahnsinnig nett. Ich mache Ihnen eine Wegbeschreibung. Und die Einladung dürfen Sie nicht ausschlagen. Bob – mein Mann – hat einen Wapitihirsch geschossen, es gibt einen prima Braten.« Sie kritzelte bereits auf die Rückseite eines Blattes Papier mit der Botschaft Erlangen Sie die Herrschaft über Ihre Blase. Sie drückte Bob das Blatt in die Hand, rief ihrem Vater zu, daß sie sich später sehen würden, und schob Mr. Gunnel mit einer Geschwindigkeit zum Ausgang, wie er sie seit Jahren nicht erlebt hatte.
    »Da haben wir Glück gehabt«, sagte Bob. Er würde Onkel Tam anrufen müssen, um ihm zu sagen, daß er erst sehr spät kommen würde. Er wünschte, Shirley Mason hätte ihren Vater mitgenommen. Er sah den alten Indianer an. Der alte Mann wickelte bedächtig einen roten Lutscher aus, den er aus dem Pappbehälter auf der Empfangstheke gewählt hatte. Als er Bobs Blick spürte, zuckte er zusammen, drehte sich zu dem Behälter um und suchte einen grünen Lutscher aus, den er Bob überreichte.
    »Danke«, sagte Bob und sah auf die improvisierte Karte. Das Haus der Masons lag an der Boncarbo Road, die vom Highway 1 2 abzweigte.
    »Das ist nicht ihr Ehemann«, sagte der alte Mann und lutschte seinen Lutscher, »hat sie gesagt.«
    Nach beträchtlichem Suchen fand Bob einen Münzfernsprecher am Ende eines frischgewachsten Flurs und rief Onkel Tam an, dem er die Situation erklärte.
    »Wapitibraten? Schau mal, ob sie dir eine kleine Scheibe
    mitgeben können. Wapiti habe ich noch nie gegessen.« »Könntest du aber, wenn du in das verdammte Buckhorn-Restaurant mit den gräßlichen Kellnern gehen würdest.« »Zu teuer.«
    »Was ist mit deiner vegetarischen Phase?«
    »Alles okay. Ich esse immer noch Gemüse. Aber ich bin kein Fanatiker. Nicht, wenn ich Wapiti haben kann.«
    Mit Hilfe der Instruktionen bogen sie von der Route 1 2 in die Boncarbo Road ab und von dort in eine kleinere und staubigere Straße mit einem Schild, das sie als Mud Gate auswies, und holperten dann einen langen Waschbretthügel hinauf, wo der Weg so uneben war, daß der Wagen hopste und schaukelte und der Staub durch unsichtbare Ritzen hereindrang. Shirley Mason hatte notiert: »2. M. Blockhaus links, Tür rot.« Es war ein kleines Haus, alles andere als der Palast, den Bob sich nachden Schilderungen des alten Indianers ausgemalt hatte, aber Brassleg sagte mit zufriedener Miene: »Ah!«
    Sie parkten hinter einem grünen Bronco und stiegen aus. Die Kühlerhaube des Bronco war noch warm und tickte, während das Metall abkühlte. Shirley Mason kam auf die Veranda und half ihrem Vater die Stufen hinauf.
    »Hast du einen Koffer dabei?« fragte sie. Er schüttelte den Kopf. »Hast du nichts mitgebracht?« Er hielt die NeimanMarcus-Tasche hoch. Sie hielt ihnen die Tür auf, und Bob trat in ein herrliches Aroma aus dem Duft von Braten und Kartoffeln, knoblauchwürziger Salatsauce, frischgeschälten Pfirsichen, die mit Zimtstangen in einem hausgemachten Chutney köchelten.
    »Das ist mein Mann Bob Mason«, sagte sie und führte die beiden zu einem dicken Mann, der in der Küche vor sich hin summte, während in dem offenen Herdfeuer, vor dem zwei einladende Schaukelstühle standen, Mesquitezweige knisterten. Bob Mason kam mit ausgestreckter Hand lächelnd und nickend auf sie zu. Mit seinen feuchten dicken Fingern schüttelte er Bob die Hand, tätschelte dem alten Mann die Schulter, forderte beide auf, vor dem Feuer Platz zu nehmen, und schenkte ihnen frischgebrühten Kaffee ein.
    »Der Braten ist in einer guten halben Stunde fertig«, sagte er, und zu Bob: »Ich bin arbeitsloser Lehrer, meine Frau geht arbeiten, ich mache die Hausarbeit, kochen und putzen. So,

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