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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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nach der Veränderung aussieht. Und jeder kann sich dagegen wehren.«
    »Da kann ich Ihnen nicht zustimmen, Sir. Ace. Denken Sie an die Indianer. Die haben sich gewehrt, und Sie wissen, was mit ihnen passiert ist. Sie besaßen etwas, was andere haben wollten. Und hier ist es das gleiche. Sie haben etwas, was die Schweinemästereien haben wollen, und die werden es bekommen. «
    »Nicht solange ich da bin. Wissen Sie eigentlich, daß Ihre Idee mit den Luxusruhesitzen gar nicht so schlecht war? So etwas könnte funktionieren, wenn es die Schweinefarmen nicht gäbe. Vielleicht nicht gerade Luxuswohnungen, sondern etwas Einfacheres. Nicht Luxus, aber anständige Häuser und Grundstücke für anständige Leute, die das Land achten. Ich glaube, Sie hatten da eine gute Idee. Darüber würde ich mich gerne ausführlicher mit Ihnen unterhalten.«
    »Ehrlich gesagt, Sir, Ace, glaube ich, daß die Schweinefarmen hier nicht mehr wegzukriegen sind. Vielleicht liegt darin die Zukunft des Panhandle – daß alle Leute wegziehen und das ganze Gelände in Schweinefarmen und Standweiden umgewandelt wird. Intensive Nutztierhaltung. Vielleicht wäre das das Beste.«
    »Das Beste für wen? Und wären Sie stolz darauf, bei so etwas mitzumachen? Hier, trinken Sie noch einen Schluck Tee. «
    Bob seufzte. »Na ja, das Beste für das Wohl der Allgemeinheit. « Es war aussichtslos. Der alte Mann war von der Vergangenheit besessen. Ace reichte Bob den Krug mit Eistee und redete weiter.
    »Bob, jeder hier kennt sich mit Schweinehaltung ein bißchen aus. Der eine oder andere züchtet sie noch immer in kleinemRahmen. Phil Bule züchtet Schweine artgerecht, ohne Antibiotika, ohne Wachstumsstimulanzien oder Hormone, und so was Gutes haben Sie noch nie gegessen. Seine Schweine leben im Freien und können nach eigener Lust und Laune in Sonne oder Schatten rumlaufen. Die Haut von den Fabrikschweinen ist so dünn, daß man durchschauen kann. Wenn man sie auf den Viehtransporter laden will, bluten sie schon bei der geringsten Berührung. Und manche von ihnen sind so übergewichtig, daß ihre Beine wie Zündhölzer unter ihnen wegknicken. Die Ferkel zucken mit dem Kopf, als hätten sie den Veitstanz, und scheuern sich am Maschendraht blutig. Das mit Abstand beschissenste Leben, das eine Kreatur auf Gottes Erde zu führen gezwungen ist, das ist das Leben der Schweine auf diesen Schweinefarmen.« Er drückte seine Zigarette am Stahlrahmen des Windrads aus. »Das ist von vorne bis hinten ekelhaft und unnatürlich, und ich bin dagegen. Und Sie sollten das auch sein.«
    »Ich weiß nicht, wogegen ich bin«, murmelte Bob. »Und ich weiß nicht, was falsch daran sein soll, sich an den Wandel anzupassen. Hier gibt es genug Leute, die nichts dagegen haben, daß landwirtschaftliche Großbetriebe angesiedelt werden. Und gegen die Auffangteiche haben sie auch nichts.«
    »Um Himmels willen, nennen Sie das nicht Teiche! Ein Teich ist ein idyllisches Gewässer. Jedenfalls haben wir hier das Tal des Canadian River, einen kleinen Winkel der Welt mit seiner eigenen Kultur, die sich aus seiner Eigenart entwickelt hat. Eine ländliche Idylle, wenn Sie so wollen. Aber Kräfte von außen können so etwas aufbrechen. Und dann kommen Wut und Zorn, weil das, was das Besondere an dem Ort war und was gut für die Leute war, kaputt ist. Und genau dort befinden wir uns jetzt, im Schattenland.«
    »Mr. Crouch – Ace –, ich finde, daß die Windräder an diesem Aufbrechen nicht ganz unschuldig waren. Ich will damit sagen, daß man Windräder doch als eine Art Technologie bezeichnenkönnte, die sich gegen die Gemeinschaft richtet – jeder für sich statt Wasserkooperativen. Was Sie Ihr Leben lang getan haben, war also auch gegen den Panhandle gerichtet. Was unterscheidet Sie dann von einem Geschäftsmann, der von der Intensivtierhaltung leben will?«
    »Bob, Sie hätten Rechtsanwalt werden sollen. Wir reden immer nur im Kreis. Inzwischen gibt es so viele Menschen auf der Welt, daß sich keiner mehr rühren kann. Hat denn der Landmensch, der hier geboren ist, kein Recht darauf, hier zu leben? Mehr Recht, als irgendein abwesender Schweinezüchter darauf haben kann, die Gegend zu ruinieren?«
    »Und warum soll einem der Umstand, daß man irgendwo geboren ist, mehr Rechte geben als anderen Leuten? Das konnte ich noch nie verstehen. Das kommt mir vor wie Francis Scott Keister mit seinem Aufkleber ›Texanischer Eingeborener‹. Was soll das?«
    »Das sind historische und psychologische

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