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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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jetzt nicht mehr. Er ist mein gewesener bester Freund. Wir haben einiges miteinander durchgezogen. Als wir noch klein waren, haben wir uns mal das Karamelisiereisen seiner Alten ausgeliehen und damit den Bubblegumspender geschmolzen, und die ganzen Bubblegumkugeln sind auf den Boden gekullert, und wir haben sie aufgehoben, und, Mann, waren die heiß! Heißer als heiß, sie blieben uns an den Händen kleben und brannten sich ein. Sehen Sie nur, hier habe ich Bubblegumnarben.« Er streckte seine Handfläche vor, die von kleinen Kratern bedeckt war.
    »Das war mein gewesener bester Freund Mark, der mit dreizehn eine Raketenabschußmaschine gebaut hat. Er war ein großer Zerstörer, genau wie ich, deshalb waren wir wahrscheinlich so gute Freunde. Seine Tante hatte diese ganzen alten Vinylplatten, komisches Jazzgedudel, und wir haben sie in die Luft geworfen und mit Baseballschlägern runtergeholt. Mark hatte drei Baseballschläger, aber er hat nie Baseball gespielt, er hat mit den Schlägern nur Sachen kurz und klein geschlagen. Wenn ich ihn heute in die Finger bekäme, würde ich ihn kurz und klein schlagen. Aber er muß sich keine Sorgen machen, das muß er wirklich nicht, weil er nämlich in Kansas City ist und ich hier bin. Und er spielt Gitarre, aber nicht besonders gut. Das will er auch gar nicht. Er will nur laut sein. Und er hat diese komischen Eisenhandschuhe, die sein Großvaterihm geschenkt hat. Sein Großvater war in England, um sich den Tower in London anzusehen, und hat diese Eisenhandschuhe von dort mitgebracht, und Mark hat sie angezogen und sich eine Hand drin verklemmt. Sie mußten ihn in Kansas City in die Notaufnahme bringen, und er war im Fernsehen, wie man ihm den Handschuh ausgezogen hat. Die Handschuhe hat ihm sein Großvater gegeben, damit er mit dem Gitarrenspielen aufhört. Das war der Deal: ›Ich gebe dir diese englischen Eisenhandschuhe, und du hörst mit dem verwichsten Gitarrengedudel auf.‹ Entschuldigen Sie, Gnädigste, das waren die Worte von Marks Großvater, nicht meine.«
    Die Frau auf dem Stuhl starrte ihn mit angewiderter Miene an, sagte aber nichts. Bob schwebte die Bemerkung auf den Lippen, daß der Mitbewohner seines Onkels in Kansas City aus dem Flugzeug gesetzt worden war, doch als er den Mund öffnen wollte, trat die Apothekerin mit den großen schwerlidrigen Augen, die Bob sinnlich fand, an die Theke und sprach mit dem dicken Jungen.
    »Orlando, hat Doktor Tungsten dir Arzneimuster gegeben? Dein Rezept kann ich nicht annehmen. Der Doktor hat es nicht unterschrieben.«
    »Was? Nein, ich habe keine Muster bekommen! Nur das Rezept, und er hat gesagt, daß ich es sofort einlösen soll. Er hat es nicht unterschrieben? So ein Trottel.«
    »Soll ich ihn anrufen?«
    »Scheiße, nein, ich geh sowieso in seine Richtung«, sagte Orlando, nahm ihr das Rezept aus der Hand und marschierte forsch zur Tür.
    Als er nicht mehr zu sehen war, ging die Apothekerin ans Telefon. »Hier Ruby Voltaire, die Apothekerin von Walgreen’s. Ich hatte eben einen gewissen Orlando Bunnel da, der sich als Patient von Dr. Tungsten ausgibt, er war mit einem Rezept für Viacomdex da, nicht unterschrieben. Ich weiß nicht, was das Ganze soll. Wie? Oh! Aha. So, so, ist gut.«
    Der andere Apotheker schaute Bob Dollar an und sagte: »Das Mittel für Ihren Onkel ist fertig.«
    »Er sagt, Sie sollen es bitte anschreiben.« Er ergriff das Glas und eilte zur Tür.
    Anfangs hatte er Freunde in der Schule gehabt, doch im ersten Jahr an der High School litt er unter Niedergeschlagenheit, Einsamkeit und dem Gefühl, ein Außenseiter zu sein, teilweise, davon war er überzeugt, weil er abgelegte Kleider aus Onkel Tams Laden trug. Nach einem Monat in seinem zweiten Oberschuljahr versuchte er es seinem Onkel zu erklären.
    »Letztes Jahr habe ich keine Freunde gefunden«, sagte er, »aber da dachte ich, es hätte damit zu tun, daß ich neu war. Und ich dachte, dieses Jahr würde es anders sein. Aber ich gehöre immer noch nicht dazu. Ich gebe mir Mühe, zu allen nett zu sein, aber niemand ist nett zu mir. Ich weiß einfach nicht, wie ich es anstellen soll, damit die anderen mich mögen. Und über meine Kleider machen sie sich lustig.«
    Onkel Tam war keine Hilfe. »Ach, mach dir nichts draus. Sind bloß Arschlöcher.«
    Nach Orlandos Erscheinen machte Bob sich nichts mehr daraus.
     
    Er sah den dicken Jungen an einer Bushaltestelle zwei Blocks weiter in westlicher Richtung. Er schaute die Straße entlang und sah in der

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