Mitten in Amerika
ganze Stickstoff bleiben soll. Und wenn Sie glauben, daß die Auffangteiche und Ventilatoren Gestank verbreiten, dann warten Sie ab, bis Sie mal eine Nase voll Landluft schnuppern können, wenn die Felder frisch mit Schweinescheiße vollgespritzt wurden. Das Ammoniak brennt Ihnen die Augen aus dem Kopf. Da gehen Ihnen glatt die Haare aus. Sie könnten den Gestank erträglicher machen, wenn sie die Becken zudecken oder belüften würden, aber das kostet schließlich Geld. Ist natürlich billiger, es einfach vor sich hin stinken zu lassen. Und dem Staat ist es egal.«
»Aber die Schweinemastbetriebe sorgen für Arbeitsplätze. Ich will sagen, in dieser Region gibt es nicht viel Arbeit, und da ist das doch schon was. Ich meine, wegen der Wirtschaft und so, oder? Mr. Skin hat auch dort gearbeitet.«
»Aber Bob, Sie sind ja so ahnungslos wie ein Säugling! In einer Schweinemästerei gibt es nur eine Handvoll schlechtbezahlteArbeitsplätze. Drei Schichten am Tag, aber alles ist automatisiert und computergesteuert. Die Firmen kaufen nichts bei uns ein. Sie kaufen ihr Futter auf dem Weltmarkt und fahren es her. Tolle Geschäftsmöglichkeiten. Wenn die Schweinemäster antreten, denkt jeder, sie würden Geld in die Region bringen, und deshalb wollen ein paar der Hiesigen ihnen den roten Teppich ausrollen – Steuererleichterungen und was nicht alles. Aber wo es früher achttausend Schweine gab, sind es auf einmal fünfzigtausend. In Tulsa haben sie das ganze Grundwasser versaut. In North Carolina haben sie die Flüsse verseucht. In Oklahoma haben sie regelrecht gewütet, bis dort vor kurzem strengere Auflagen erlassen wurden. Und deshalb haben sie jetzt ihr Augenmerk auf den Texas-Panhandle gerichtet. Können Sie sich vorstellen, was diese Mastbetriebe für die Landbevölkerung hier im Panhandle bedeuten?«
»Nicht wirklich«, sagte Bob, der den Eindruck hatte, daß der alte Windradbauer sich mit diesem Thema offenbar seit Jahren beschäftigte. Insgeheim beschloß er, einen Schweinemastbetrieb zu besuchen, um mit eigenen Augen zu sehen, was daran so fürchterlich sein sollte.
Jim Skin war mit seinem Teller Makkaroni wieder am Tisch. Er hatte der Ananas doch nicht widerstehen können; ein Ring krönte seine Nudeln. »Oho, Ace ist wieder bei seinem Lieblingsthema«, sagte er zu Bob. »Die Schweinefarmen.«
Er hatte recht. Ace’ Augen blitzten wie die eines Wolfs, der zum Sprung auf die Beute ansetzt. Seine Stimme wurde lauter. »Schweinemastbetriebe machen das Land so unbewohnbar, als hätte man es vermint. Welche Firma hat das Recht, in den Panhandle zu kommen und das Land für die Leute, die dort verwurzelt sind, zu ruinieren?«
»Ace, sie sind nun mal da, und du kannst sie nicht rausschmeißen. Die Leute haben ein Recht darauf, ihre Geschäfte zu machen.« Jim Skin schnitt eine Spalte Ananas ab und zwinkerte Bob zu.
»Bis zu einem bestimmten Punkt. Das ist eine Frage der ›moralischen Geographie‹, wie Bruder Mesquite es nennt. Früher gab es keine industrielle Schweinemast. Fünfzig, vielleicht sechzig Farmer, die auf traditionelle Weise ein paar Schweine züchteten. Jeder von ihnen versorgte sich auf dem lokalen Markt. Die Kinder gingen hier in die Schule. Die Leute sahen sich beim Tanzen und besuchten sich zum Essen, sie hatten ihr Geld hier auf der Bank, und das Geld machte die Gegend wohlhabend.«
»Stinken die Schweine auf kleinen Farmen denn nicht?« fragte Bob und kam sich sehr schlau vor.
Der alte Mann bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Natürlich. Aber es sind nicht so viele, und sie sind im Freien. Das bißchen Geruch läßt sich nicht mit dem Gestank vergleichen, wenn Unmengen Tiere auf engem Raum eingesperrt sind. Fahren Sie mal an einer Herde vorbei, die auf der Weide grast. Nichts zu riechen. Und dann fahren Sie an einem Gehege vorbei – da stinkt es. Schweinemästereien, das heißt große Mengen Tiere, auf engstem Raum eingepfercht. Und ungesund ist es auch. Mein Bruder Tater wohnt in Windrichtung einer Schweinefarm, und er ist davon krank geworden. Die Shattles wohnen direkt neben dem Mastbetrieb, und Shattle liegt im Krankenhaus. Sehen Sie sich Jim Skin an, der sich die Lunge aus dem Leib hustet.«
»Amen. Haff! Haff! « sagte Jim Skin.
»Kopfschmerzen, Halsentzündungen, Benommenheit. Die Mastsäue sind mit Antibiotika und Wachstumshormonen bis zum Platzen vollgepumpt. Wenn Sie das Fleisch dieser Tiere essen, nehmen Sie das alles auf. Bakterien und Viren gewöhnen sich an die
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