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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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was du bisher noch nicht geschafft hast, ist auf seine Weise schön. Ich habe dein Herumhantieren mit Werkzeugen und Holz früher als nettes Hobby angesehen. Das habe ich mir auch gern so eingeredet. Denn solange du Anwalt warst, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass du in Boston bliebst. In meiner Nähe bliebst. Ich hatte Angst, dich weggehen zu sehen, und habe es dir schwer gemacht. Das tut mir aber nicht Leid. Du bist mein Kleiner«, sagte sie und rührte ihn damit in seiner tiefsten Herzkammer.
    »Ich muss doch nicht in Boston sein, um dir nah zu sein.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du wirst nicht mehr überraschend bei uns vorbeischauen. Wir werden einander nicht mehr in Restaurants oder auf Partys oder im Theater über den Weg laufen. Das tut mir weh, und du wirst es verstehen, wenn du erst mal die drei oder vier Kinder hast.«
    »Ich möchte nicht, dass du traurig bist.«
    »Natürlich bin ich traurig. Red nicht solchen Blödsinn. Aber ich liebe dich doch, oder?«
    »Du behauptest es jedenfalls«, meinte er grinsend.
    Sie betrachtete ihn, graue Augen ruhten auf grauen Augen. »Zum Glück für uns beide liebe ich dich genug, um zu wissen, wann ich loslassen muss. Du hast hier dein Zuhause gefunden. Ich will nicht leugnen, dass ich es mir anders erhofft hätte, aber da es nun einmal so ist, freue ich mich für dich. Verdammt.«
    »Danke.« Er beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss.
    »Nun, was diese Frau angeht...«
    »Lena.«
    »Ich weiß, wie sie heißt, Declan«, erwiderte Colleen trocken. »Als potenzielle Schwiegermutter habe ich das Recht, von ihr als ›dieser Frau‹ zu sprechen, bis ich sie besser kenne. Und was diese Frau angeht, entspricht sie ganz und gar nicht dem, was ich mir für dich vorgestellt habe. Jedenfalls nicht, als ich dich die Ränge in der Anwaltskanzlei hochklettern und ein Haus in der Nähe in unmittelbarer Nachbarschaft zum Country Club kaufen sah. In diesem Szenarium hätte Jessica meinen Anforderungen als Schwiegertochter bestens genügt. Eine gute, herausfordernde Tennispartnerin, die ganz anständig Bridge spielen kann und über die Fähigkeit verfügt, den Vorsitz der richtigen Wohltätigkeitsvereine zu übernehmen.«
    »Vielleicht solltest du Jessica adoptieren.«
    »Schweig, Declan.« Colleens Stimme war sanft – und stählern. Lena hätte den Ton sofort zu deuten gewusst. »Ich bin noch nicht fertig. So passend ich Jessica auch für mich fand, war doch offensichtlich, dass sie nicht zu dir passte. Du warst nicht glücklich, und ich hatte angefangen, das zu merken und mir deswegen Sorgen zu machen, noch bevor du mit ihr Schluss gemacht hast. Zwar versuchte ich mir einzureden, es sei der Bammel vor der Hochzeit, aber eigentlich wusste ich es besser.«
    »Es hätte dir nicht geschadet, wenn du mich darüber ins Bild gesetzt hättest.«
    »Vielleicht nicht, aber ich war sauer auf dich.«
    »Das kannst du laut sagen.«
    »Jetzt werde nicht frech, junger Mann, vor allem nicht, wenn ich in rührselige Stimmung komme. Du warst von klein auf ein glückliches Kind. Fröhlich, klug, nie um eine Antwort verlegen, aber das respektiere ich. Du warst begeisterungsfähig und überschäumend. Und das hattest du verloren. Heute sehe ich, dass du es zurückgewonnen hast. Als du Lena ansahst, habe ich es wieder in deinen Augen erkannt.«
    Er nahm Colleens Hand und rieb sie gegen seine Wange. »Du hast sie Lena genannt.«
    »Vorübergehend. Ich habe noch kein klares Bild von ihr. Und glaub mir, Junge, von mir und deinem Vater hat sie auch noch keins. Ich gebe dir den guten Rat, dich rauszuhalten und es uns zu überlassen, uns gegenseitig einzuschätzen.«
    Sie streckte ihre Beine aus. »Patrick? Musst du für diese Schinkensandwiches denn das Schwein erst einfangen?«
    Declan grinste und drückte einen dicken schmatzenden Kuss auf die Hand, die er hielt. »Ich liebe euch.«
    »Wir lieben dich auch.« Sie drückte ihm ganz fest die Hand, dann ließ sie los. »Gott weiß, warum.«
    Er träumte von Stürmen und Schmerzen. Von Ängsten und Freuden.
    Regen und Wind peitschten gegen die Fenster, und der Schmerz, der durch ihn jagte, brach in einem schluchzenden Schrei aus ihm heraus.
    Schweiß und Tränen liefen ihm übers Gesicht – ihr Gesicht. Ihr Gesicht, ihren Körper. Sein Schmerz.
    Der Raum war golden vom Gaslicht und erfüllt vom Knacken und Sieden des Feuers im Kamin. Und wie der Sturm draußen wütete, wirbelte er auch durch sie hindurch. Durch ihn.
    Die nächste Wehe umklammerte

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