Mitten ins Herz (German Edition)
Ausweg.
Nicht zur Arbeit zu gehen bedeutete gleichzeitig, dass sie ihre Flucht vergessen konnte. Sie holte tief Luft und wandte sich zu David, der stur geradeaus auf die Straße starrte.
»Morgen Abend ist der Laden gerammelt voll. Ich fände es schade, wenn uns das gute Trinkgeld entgeht. Außerdem bekomme ich dann meinen Scheck für die letzten beiden Wochen«, sagte sie und hielt vor lauter Anspannung die Luft an. Er schwieg einige Zeit, dann brummte er:
»Naja, auf einen Tag kommt es auch nicht mehr an.« Vor lauter Erleichterung hätte sie fast laut aufgestöhnt. Das wäre um ein Haar schief gegangen.
»Ich koche dir auch einen Nudelauflauf«, erklärte sie ihm. Er schwieg, nickte aber zustimmend.
Der Tag verging wie im Flug, und ehe sie sich versah, saß Summer wieder neben David im Auto. Wie immer fuhren sie schweigend nach Hause, denn sie hatten sich kaum noch etwas zu sagen.
Die Vorstellung, dass sie ihn nach dieser Nacht nie wieder sehen würde, beflügelte Summer und wirkte wie Koffein auf ihren Kreislauf.
Zu Hause angekommen machte sie sich daran, den Nudelauflauf vorzubereiten. Jetzt musste sie nur noch darauf achten, dass sie genügend Schlaftabletten in die Bolognese gab.
Es musste genau so viel sein, dass David einschlief und nicht so schnell wieder wach wurde. Das Problem dabei war, dass man sie nicht herausschmecken durfte.
Laut Dosierungsanleitung sollte ein Erwachsener nur eine Tablette täglich nehmen. Da sie sich sicher war, dass David nicht den ganzen Auflauf essen würde, musste Summer mindestens drei oder besser noch vier Tabletten in die Soße geben.
Während David wieder einmal vor dem Fernseher saß, schlich sie ins Bad und schloss die Tür hinter sich. Sie legte vier Tabletten auf ein Stück Toilettenpapier und zögerte kurz. Was, wenn er nur wenig essen würde? Schulterzuckend packte sie noch zwei weitere dazu. Dann legte sie Toilettenpapier obenauf und griff nach dem Haarspray.
Summer rollte die Spraydose mit aller Kraft über das Toilettenpapier. Es krachte leise, als die Tabletten zerbrachen und durch die rollende Bewegung zu feinem Puder zermahlen wurden.
Nachdem die Konsistenz so war, wie sie es beabsichtigt hatte, zwirbelte Summer das obere Ende des Papiers fest zusammen, so dass ein kleines Säckchen entstand. Dieses steckte sie in ihre Hose und begab sich wieder in die Küche.
Die Soße kochte bereits und warf dicke, blubbernde Blasen. Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte sie sich, dass David ganz auf den Fernseher konzentriert war, und zog das Pulver heraus.
Mit zitternden Händen verteilte sie alles auf der Soße und verrührte es gleichmäßig. Erst als nichts mehr von der weißen Substanz zu sehen war, atmete sie auf.
Darauf bedacht, nicht zu viel auf den Löffel zu nehmen, probierte Summer vorsichtig von der Bolognese und war erleichtert, dass man nichts von den Schlaftabletten herausschmeckte.
Sie schichtete den Nudelauflauf in eine Form und stellte ihn in den Backofen. Morgen, bevor David sie zur Arbeit bringen würde, musste sie nur noch den Ofen einschalten. Wenn er wieder zu Hause war, konnte er essen.
Kurz vor Mitternacht kroch sie erschöpft ins Bett und freute sich auf ein paar Stunden Schlaf. Als sie Schritte hörte und David kurz darauf die Tür öffnete, wusste sie, was er wollte.
Summer schloss die Augen und ließ es über sich ergehen. Als David sich laut keuchend zurückzog, drehte sie sich zur Seite. Dies war das letzte Mal, dass er ihren Körper benutzt hatte und die Tatsache, dass er nichts ahnte, brachte sie zum Lächeln.
KAPITEL 3
Tag X war gekommen. Am Freitagmorgen fiel es Summer sichtlich schwer, ihre Aufregung zu verbergen. Sie machte David wie immer sein Frühstück, während er die Zeitung las. Ihre Hände zitterten, doch sie riss sich zusammen. Summer hatte es bis hierhin geschafft und war kurz vor dem Ziel. Also atmete sie einige Male tief durch und rief sich zur Ordnung.
Als sich David auf den Weg in die Firma machte, drehte er sich an der Tür noch einmal zu ihr um.
»Um 17 Uhr beginnt deine Schicht?« Summer nickte. Er überlegte kurz, dann sagte er: »Ich bin eine halbe Stunde vorher zu Hause. Sieh zu, dass du dann fertig bist, denn ich habe keine Lust wieder auf dich warten zu müssen.« Ohne ein weiteres Wort verließ er das Haus.
Nachdem sie die Küche aufgeräumt und gewischt hatte, machte sie sich daran das Wohnzimmer zu saugen. Summer war aufgedreht wie ein Teenager vor dem ersten Ball und
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