Mitten ins Herz (German Edition)
hätte bequem zu ihm laufen können, doch er bestand immer darauf, sie abzuholen. Überhaupt war er meist an ihrer Seite, selbst wenn sie nur kurz in den Supermarkt ging, weil sie etwas vergessen hatte.
Robert hatte alles besorgt, was man für Spaghetti Bolognese benötigte. Während er das Hackfleisch briet, kümmerte sich Summer um den Salat.
Normalerweise fragte er immer nach, wie ihr Tag gewesen war, und wollte haarklein wissen, was sie erlebt hatte, aber heute war er verdächtig ruhig.
Summer musterte ihn von der Seite und erkannte, dass er die Lippen fest zusammenpresste. Es schien, als wolle er sich selbst verbieten, etwas zu sagen.
»Raus mit der Sprache, was ist los?«, fragte sie und drehte sich zu ihm. Er sah auf. Etwas wie Verbitterung lag auf seinen Zügen. Er warf den Kochlöffel in die Spüle und sah sie lange an, ohne ein Wort zu sagen. Ganz bedächtig nahm er ein Küchentuch und säuberte sich die Hände, dann runzelte er die Stirn.
»Warum hast du das gemacht?«, wollte er wissen. Summer zog die Augenbrauen nach oben.
»Warum habe ich was gemacht?«
»Ihn geküsst«, sagte er hart. Mit einem Mal wich alle Farbe aus ihrem Gesicht. Hatte Robert etwa gesehen, wie Jake und sie sich geküsst hatten?
»Was meinst du?«, sagte sie mit zittriger Stimme und klang so, als hätte sie keine Ahnung, was er meinte.
»Tu nicht so als wüsstest du nicht, wovon ich rede. Ich habe euch gesehen, als ich am Pier stand«, teilte er ihr mit. Summer holte tief Luft.
»Es ist nicht so, wie du denkst«, sagte sie ruhig. Robert schlug mit der Faust auf die Arbeitsplatte, erwischte dabei den Griff der Pfanne und das Hackfleisch flog im hohen Bogen über das ganze Kochfeld.
»Willst du mich verarschen?«, schrie er. »Was kann man denn an so einem Kuss falsch verstehen?« Summer trat automatisch einen Schritt zurück und sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
Die ganze Situation erinnerte sie an David und sofort kroch wieder die Angst durch jede Faser ihres Körpers. Robert kam auf sie zu und packte sie an den Schultern. In seinem Gesicht spiegelten sich Schmerz, Verzweiflung und Wut.
»Was ist da zwischen euch?«, brüllte er und schüttelte sie dabei so heftig, dass ihr Kopf hin und herflog. Summer riss sich los und rieb sich die schmerzenden Schultern. Sie konnte nicht fassen, dass Robert sie so grob behandelt hatte. Doch nun wich ihre Angst und wandelte sich in Wut. Nie wieder würde sie zulassen, dass ein Mann sie so behandelte.
»Ich werde jetzt gehen«, sagte sie entschlossen. Sie streifte die Schürze ab und warf sie auf den Küchentisch, dann drehte sie sich um. Blitzschnell war er bei ihr und zog sie an den Haaren zurück.
Summer schrie auf. Als sie realisierte, was gerade geschah, geriet sie in Panik und schlug wie wild um sich. Robert schob sie zur Wand und presste sie mit seinem ganzen Gewicht dagegen.
»Ich lasse nicht zu, dass du mich so behandelst. Ich bin kein Hund, der immer hechelnd angelaufen kommt, wenn du ihn rufst«, zischte er und funkelte sie aus irren Augen an. Summer versuchte sich zu befreien, doch er war zu stark.
Ihr Herz raste und ihr einziger Gedanke war: Ich muss hier raus. Irgendwie schaffte sie es, einen Arm zu befreien und fuhr ihm mit den Fingernägeln über die rechte Wange. Er schrie auf und ließ von ihr ab.
Summer stürzte zur Tür, doch die war abgeschlossen und es steckte kein Schlüssel. Robert stand noch immer an derselben Stelle und sah sie an. Er wischte sich mit den Fingern über die blutige Wange und kam dann langsam auf sie zu.
»Mach sofort die Tür auf und lass mich raus«, forderte sie ihn auf. Er blieb dicht vor ihr stehen und musterte sie. Summer machte sich darauf gefasst, dass er sie gleich schlagen würde, doch er tat nichts dergleichen. Stattdessen griff er in seine Hose, zog den Schlüssel heraus und sperrte die Tür auf. Ohne ein weiteres Wort ergriff sie die Flucht.
Summer lief, ohne auch nur einen einzigen Blick zurückzuwerfen. So lange, bis sie der Meinung war, dass sie sich weit genug von Robert entfernt hatte. Erst dann verlangsamte sie ihren Schritt. Ihre Lunge brannte und sie atmete so hektisch, dass sie dabei kaum Luft bekam.
Das alles war wie ein Albtraum und sie konnte noch immer nicht glauben, was eben geschehen war. Er hatte sich benommen, als sei sie sein Eigentum. Sicher verstand sie, dass er wütend war, aber das rechtfertigte nicht sein Handeln.
Warum hatte er ihr nicht die Möglichkeit gegeben, ihm alles zu erklären?
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