Mitten ins Herz - Roman
Mein Verstand arbeitet wie verrückt.«
»Irgendwelche komischen Telefonanrufe in letzter Zeit?«
»Nur einer, aber so komisch war er nun auch wieder nicht. Als ich bei Dougie war, hat eine Frau angerufen und gesagt,
ich hätte etwas, was nicht mir gehört. Und ich darauf, ja, und …«
»Hat sie noch etwas gesagt?«
»Nein. Ich habe sie gefragt, ob sie einen Toaster oder einen Superman-Anzug haben will, da hat sie aufgelegt.«
»Mehr ist von deinem Lagerbestand nicht mehr übrig? Was ist mit den Zigaretten?«
»Die Zigaretten habe ich abgestoßen. Ich kenne da einen starken Raucher …«
Mooner war wie gefangen in einer Zeitschleife. Meine Erinnerungen an ihn reichten zurück zur Highschool, da hatte er schon genauso ausgesehen wie heute. Langes, braunes Haar, in der Mitte gescheitelt und hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Blasser Teint, schlanker Körperbau, nicht überdurchschnittlich groß. Er trug ein Hawaiihemd und Jeans, die wahrscheinlich im Schutz der Dunkelheit in Dougies Haus abgeliefert worden waren. All die Highschool-Jahre hindurch hatte er auf einer Marihuanawolke gedämpfter Behaglichkeit geschwebt, hatte in der Mensa ununterbrochen geplappert und gekichert, in der Englischstunde darauf sein Nickerchen gehalten. Und heute - heute schwebte er immer noch durchs Leben. Ohne Arbeit. Ohne Verantwortung. Eigentlich ganz sympathisch, wenn ich so drüber nachdenke.
Samstags morgens arbeitete Connie meistens im Büro. Ich rief sie dort an und klopfte so lange in der Leitung an, bis sie ihr Gespräch beendet hatte.
»Das war Tante Flo«, erklärte sie. »Ich habe dir doch von dem Stress erzählt, den es gegeben hat, als DeChooch da unten war. Tante Flo meint, es könnte damit zusammenhängen, dass Louie D. ins Gras gebissen hat.«
»Louie D.? Der ist doch im Drogengeschäft, oder nicht?«
»Ein ganz großes Tier sogar. Jedenfalls war er das. Ist an einem Herzinfarkt gestorben, als DeChooch seine Ware abholte.«
»Könnte es sein, dass der Herzinfarkt durch eine Kugel ausgelöst wurde?«
»Glaube ich kaum. Das hätten wir bestimmt erfahren, wenn Louie D. kaltgemacht worden wäre. So was spricht sich schnell herum. Schließlich wohnt seine Schwester hier.«
»Kenne ich die? Wer ist die Frau?«
»Estelle Colucci. Benny Coluccis Frau.«
Ach du liebe Scheiße! »Die Welt ist klein.«
Ich legte auf. Gleich darauf rief meine Mutter an.
»Wir müssen dir noch ein Kleid für die Hochzeit aussuchen«, sagte sie.
»Ich will kein Kleid tragen.«
»Guck dir doch wenigstens mal welche an.«
»Na gut. Angucken ja.« Nein, lieber doch nicht.
»Wann hast du Zeit?«
»Ich weiß nicht. Im Moment habe ich zu tun. Ich arbeite.«
»Heute ist Samstag«, sagte meine Mutter. »Was sind denn das für Menschen, die samstags arbeiten? Du brauchst mehr Ruhe. Großmutter und ich kommen jetzt gleich vorbei.«
»Nein!« Zu spät. Sie hatte schon aufgelegt.
»Wir müssen sofort von hier verschwinden«, sagte ich zu Mooner. »Ein Notfall. Nichts wie weg!«
»Was denn für ein Notfall? Man wird doch nicht wieder auf mich schießen, oder?«
Ich nahm das schmutzige Geschirr vom Tresen und stellte es in die Spülmaschine. Dann schnappte ich mir Mooners Bettdecke und Kissen und lief damit ins Schlafzimmer. Meine Oma hatte mal eine Zeit lang bei mir gewohnt, und
bestimmt besaß sie noch einen Schlüssel zu meiner Wohnung. Der Himmel bewahre mich davor, dass meine Mutter meine Wohnung aufschließt und Chaos vorfindet. Das Bett war nicht gemacht, aber dazu wollte ich mir jetzt nicht die Zeit nehmen. Ich sammelte die verstreut liegenden Kleidungsstücke und Handtücher ein und warf alles in den Wäschekorb. Noch ein Rollkommando durch Wohnzimmer und Küche, dann nahm ich meine Tasche und meine Jacke und schrie Mooner zu, er solle sich beeilen.
Unten in der Eingangshalle liefen wir meiner Mutter und meiner Oma in die Arme.
Mist!
»Du hättest nicht hier unten auf uns zu warten brauchen«, sagte meine Mutter. »Wir wären schon hochgekommen.«
»Ich warte nicht auf euch«, stellte ich klar. »Ich wollte gerade los. Es tut mir Leid, aber ich muss heute Morgen arbeiten.«
»Was hast du denn vor?«, wollte Grandma wissen. »Bist du einem verrückten Killer auf der Spur?«
»Ich bin auf der Suche nach Eddie DeChooch.«
»Hatte ich also beinahe Recht«, sagte Grandma.
»Eddie DeChooch kannst du auch ein andermal suchen«, sagte meine Mutter. »Ich habe bei Tinas Brautmoden einen Termin für dich
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