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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zuzufügen.
    Zwar hatten die Tiere in einem Radius von zweihundert Metern den Lockruf vernommen, aber nur die in nächster Nähe folgten gehorsam.
    Kaninchen sprangen, Eichhörnchen hüpften, Koyoten lie fen, Füchse rannten und Waschbären trotteten auf ihre eigentümliche Weise durch nasses Gras und vom Regen gebeugte Unkräuter und Schlamm zur Quelle des Sirenengesangs. Manche waren Raubtiere und manche von Natur aus ängstliche Beute, aber sie liefen, ohne übereinander herzufallen, Seite an Seite. Es hätte eine Szene aus einem Zeichentrickfilm von Walt Disney sein können - das nachbarschaftlich und in Freundschaft lebende Volk von Feld und Wald folgte der lieblichen Gitarren- oder Akkordeonmusik eines älteren, schwarzen Mannes, der ihnen, sobald sie sich um ihn versammelt hatten, Geschichten von Magie ur?d großen Abenteuern erzählen würde. Aber sie liefen nicht zu einem freundlichen Neger, der Geschichten erzählte, und die Musik, die sie anzog, war düster, kalt und unmelodisch.

2
    Während sich Sam damit abmühte, Harry die Leiter hoch auf den Speicher zu schleppen, brachten Tessa und Chris sie den Rollstuhl in die Kellergarage. Es war ein schweres, mo torisiertes Modell, kein leichter, zusammenklappbarer Stuhl, und er paßte nicht durch die Falltür. Tessa und Chrissie parkten ihn hinter dem großen Garagentor, so daß es aussah, als wäre Harry soweit gekommen und hätte das Haus dann möglicherweise im Auto eines Freundes verlassen.
    »Glauben Sie, sie fallen darauf herein?« fragte Chrissie besorgt.
    »Wäre möglich«, sagte Tessa.
    »Vielleicht denken sie sogar, daß Harry die Stadt gestern verlassen hat, bevor die Straßensperren errichtet wurden.«
    Tessa stimmte zu, aber sie wußte - und vermutete, Tessa wußte es auch -, daß die Chancen, daß der Trick funktionieren würde, gering waren. Wenn Harry und Sam wirklich so fest daran geglaubt hätten, daß der Speichertrick funktionierte, hätten sie Chrissie ebenfalls dort oben versteckt, anstatt sie mit in die sturmgepeitschte Alptraumwelt von Moonlight Cove hinauszunehmen.
    Sie fuhren mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock zurück, wo Sam gerade die Leiter hochschob und die Falltür zu machte. Moose sah ihm neugierig zu.
    »Siebzehn Uhr zweiundvierzig«, sagte Tessa, die auf die Uhr sah.
    Sam nahm die Kleiderstange, die er entfernen mußte, um die Falltür herunterzulassen, und befestigte sie wieder in den Halterungen.
    »Helft mir, die Kleider wieder aufzuhängen.«
    Hemden und Hosen waren samt den Bügeln aufs Bett gelegt worden. Sie arbeiteten zusammen und reichten die Kleidungsstücke wie Amateurfeuerwehrmänner, die eine Eimerkette bildeten, von einem zum anderen, und so stellten sie rasch das frühere Aussehen des Schrankes wieder her.
    Tessa stellte fest, daß sich die dicken Mullbinden um Sams Handgelenk wieder mit Blut vollzusaugen begannen. Die Anstrengung hatte die Verletzungen wieder aufbrechen las sen. Es waren zwar keine lebensgefährlichen Verletzungen, aber sie mußten ziemlich schmerzhaft sein, und alles, was ihn bei der vor ihnen liegenden Aufgabe ablenken konnte, machte ihre Erfolgschancen geringer.
    Sam machte die Tür zu und sagte: »Mein Gott, es gefällt mir nicht, ihn so zurückzulassen.«
    »Siebzehn Uhr sechsundvierzig«, erinnerte Tessa ihn.
    Während Tessa ihre Lederjacke anzog und Chrissie in einen zu großen blauen Regenmantel schlüpfte, der Harry gehörte, lud Sam den Revolver. Er hatte im Haus der Coltranes sämtliche Munition in den Taschen verschossen. Aber Harry besaß einen 45er Revolver und eine 38er Pistole, die er beide mit auf den Dachboden genommen hatte, und er hatte für je des einen Karton Munition, daher hatte sich Sam bei den Patronen Kaliber 38 bedient.
    Er steckte die Waffe ins Halfter, ging zum Teleskop und studierte die Straßen, die westlich und südlich lagen und zur Central School führten. »Immer noch jede Menge Aktivität«, berichtete er.
    »Patrouillen?« fragte Tessa.
    »Und jede Menge Regen. Außerdem wird der Nebel immer dichter.«
    Dank des Gewitters war die Dämmerung früh hereingebrochen und ging bereits in die Nacht über. Über den wirbelnden Wolken leuchtete zwar noch ein schwaches Licht, aber die Nacht war nicht mehr fern, denn ein Mantel der Düsternis hing über der nassen und wartenden Stadt.
    »Zehn vor sechs«, sagte Tessa.
    Chrissie sagte: »Wenn Mr. Talbot der erste auf ihrer Liste ist, könnten sie jeden Augenblick hier sein.«
    Sam wandte sich vom Teleskop ab und

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