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Mitternachtserwachen

Mitternachtserwachen

Titel: Mitternachtserwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Mignani
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verschlingen, die sie vor dem Fernseher essen könnte. Sie seufzte, weil es zu einer schlechten Angewohnheit geworden war, aber sie ertrug es einfach nicht, allein zu speisen.
    Sie schob ihre Lieblings-CD von Chris Isaak in den Player. Die Klänge von Wicked Game umschwebten sie.
    I’d never dreamed that I’d losed somebody like you.
    Bei der Zeile kämpfte sie mit den Tränen. Es war ihr Lied gewesen, Ralph hatte ihr die CD zu ihrem Achtjährigen geschenkt.
      What a wicked thing to do, to make me dream of you.
    Was war los mit ihr? Sie erlebte heute sämtliche Emotionen in Höchstform: Freude, Angst und Trauer, die zuerst auf der Oberfläche lagen, dann eindrangen, um sie ganz zu erfassen, bis sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
    Sie hasste es wirklich, in der Dunkelheit zu fahren, obendrein fing es an, aus Kübeln zu gießen. Donner hallte durch die Nacht, gefolgt von blendenden Blitzen. Die Scheibenwischer besaßen beinahe etwas Hypnotisches, als sie quietschend über die Windschutzscheibe schabten, und sie blinzelte, um besser sehen zu können. Sie reduzierte die Geschwindigkeit, da die Sicht keine fünf Meter weit reichte.
    Aus den Augenwinkeln erfasste sie eine Bewegung, trat auf die Bremse, und der Lada brach auf den schlammigen Seitenstreifen aus. Sie schrie, während sie versuchte, die Gewalt über den Wagen wiederzuerlangen. Schlingernd kam er halb auf einem Feld zum Stillstand. Sie stieß die Tür auf. Von der Frau war nichts mehr zu erkennen, doch sie hörte Schreie.
    Und die Gestalt, die ihr hinterhergejagt war!
     Togo hatte sich irgendwie aus dem Gurt befreit und raste über das Feld. Er reagierte nicht auf ihr Rufen. Wenn sie nur eine Waffe hätte! Sie packte die Bratpfanne und die Toilettenbürste und nahm die Verfolgung auf.
    Es war ihr egal, dass sie lieber die Polizei hätte benachrichtigen sollen. Bis sie eintrafen, wären die Frau und Togo sehr wahrscheinlich tot, ermordet von dem vermummten Grauen, das sie vorhin in der Vision gesehen hatte und das gerade die Frau verfolgte. Und wenn sie sich alles nur einbildete?
    Der Regen erwies sich als eine undurchdringliche Wand, die mit jedem Meter schwärzer wurde. Sie vermochte kaum drei Schritte weit zu sehen, aber die gellenden Hilferufe wiesen ihr den Weg. Sie lief so schnell sie es wagte. Falls sie sich den Knöchel verdrehte, war niemandem geholfen. Der Sturzregen verwandelte die Weide in einen sumpfigen Morast, dennoch beschleunigte sie. Vor ihr ragte ein Heuschober auf. Blitze erhellten den Himmel in raschen Abständen. Sie stürzte hinein, und die Frau lag auf der Erde. Der Angreifer stand über ihr gebeugt und richtete sich auf. Das Gesicht war halb verborgen, aber der Hass in dem Blick fuhr ihr durch die Glieder, lähmte sie, und sie taumelte zurück. Und da war wieder dieses Gefühl, dass diese Kreatur ihr vertraut war. Togo bellte das Monster an, wagte sich zum Glück nicht näher. Das Ding schien über dem Boden zu schweben. Plötzlich drehte es den Kopf, als höre es etwas, und bewegte sich rasend schnell auf Aileen zu. Zum Schutz hob sie die Bratpfanne, doch es raste an ihr vorbei und in die Nacht hinaus. Togo machte einen Satz nach vorn, stand winselnd neben der Frau und stupste sie vorsichtig gegen die Schläfe. In ihrem Bauch steckte ein rötlich leuchtendes Messer. Aileen kniete sich zu ihr, wusste nicht, was sie tun sollte, um ihr zu helfen. Sie umfasste ihre Wangen, hoffte, dass ihr die Berührung wenigstens das Gefühl gab, dass sie nicht allein starb. Überall war Blut. Die Lippen der Frau bewegten sich.
    Sie flüsterte: „Tuatha de Danann“, dann erlosch das Leben in ihr. Die silbrigen Augen verloren ihr Licht und starrten grau und leblos nach oben. Aileen versuchte, nicht in Tränen auszubrechen, die Nerven zu behalten und erinnerte sich an ihr Mobiltelefon. Sie kramte es hervor, wählte die Nummer des Notrufes, allerdings knisterte es nur in der Leitung, bevor es verstummte.
    Das durfte doch nicht wahr sein!
    „Bitte, bitte, sei nicht tot.“ Aileen schüttelte sie an den Schultern, legte das Ohr auf ihren Brustkorb, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war. Niemand überlebte solch eine Wunde. Dennoch versuchte sie es, presste ihre Hände überkreuz auf den Brustkorb der Frau und gab schlussendlich auf. Aileen strich ihr die dunklen Haare aus der Stirn, und Tränen tropften ihre Wangen hinunter. Sie musste zum Wagen zurück. Vielleicht hatte sie von dort aus Empfang, und irgendwann würde ein Auto die Straße

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