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Mitternachtserwachen

Mitternachtserwachen

Titel: Mitternachtserwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Mignani
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flauschigen Verpackung steckte eine verflucht starke und überaus verführerische Frau. Lior ahnte, dass Aileen ihr nicht nachstand, sobald sie zu sich fand. Er stieg ein und brauchte den Sitz nicht zu verstellen. Im Rückspiegel sah er, wie besorgt seine Freunde aussahen.
    „Ich hätte niemals gedacht, dass es mir etwas ausmachen könnte, dass Elben oder Werwölfe mich hassen.“
    „Wir überzeugen sie, dass es keinen Grund gibt, dich zu fürchten, solange sie sich brav benehmen.“
    Wenn das Marbhadair-Gen richtig durchschlug, würde sie nichts gegen ihre Bestimmung tun können. Jägerinnen waren dazu gemacht, Ungleichheiten zu beseitigen. Falls sie wahnsinnig würde, würde Lior sie von ihrem Leiden erlösen.
    Sie legte ihm vertrauensvoll die Hand auf den Schenkel. Ihr war kalt. Lior drehte die Heizung auf und sah vor seinem geistigen Auge, wie er ihr den Kopf abschlug.
    Selten war ihm so übel geworden. Und er würde es nicht überleben, sich Sekunden später selbst das Leben nehmen. Aileen hing eine Weile ihren Gedanken nach, und es war ihm nur recht.
    „Hast du Geschwister gehabt?“, fragte sie unvermittelt.
    „Meine Mutter war im siebten Monat schwanger, als die Marbhadair sie getötet haben. Ich hätte eine Schwester bekommen – Liara.“
    Auf einmal hatte er einen Kloß in der Kehle. Sehr lange hatte er nicht an sie gedacht, an das kleine Wesen, dem es nicht vergönnt gewesen war, auch nur einen Atemzug zu nehmen. Aileen drückte sein Bein und schluckte so hart, dass er es hörte.
    „Hast du Geschwister?“
    „Nein, ich habe niemanden“, sagte sie leise und drehte sich zu ihm. „Vielleicht ziehen wir uns deshalb so stark an. Zwei einsame Seelen …“
    Lior glaubte nicht, dass es so einfach war. Da steckte viel mehr dahinter.
     
    Eine halbe Stunde später fuhren sie die Einfahrt zu Silent Rose entlang. Ein schmiedeeiserner schwarzer Zaun mit einem offenen Tor umgab das Grundstück. Trauerweiden säumten den Weg.
    „Als wären wir auf dem Weg zu Dornröschen.“ Sie drehte sich ihm zu. „Ich bin sehr froh, dass du mich begleitest.“ Dann runzelte sie die Stirn. „Lior, ich bin mir sicher, dass keine Trauerweiden an der Einfahrt standen, als ich letztes Mal hier gewesen bin, und die Rosen sind fort.“
    Togo bellte, als gäbe er seine Zustimmung. Nosferat hatte ihm heute Morgen mitgeteilt, dass er weder von einem Mord in dem Landhaus gehört hatte, noch konnte er bisher etwas über den Eigentümer herausfinden.
    „Die Maklerin, Rachel Miller, wie hat sie dich kontaktiert?“
    „Ich habe in der Zeitung inseriert.“
    „Haben dich weitere Leute angerufen?“
    „Nein. Daher habe ich den Auftrag angenommen, obwohl ich nicht scharf darauf bin, ein Mordhaus zu reinigen. Außerdem ist die Bezahlung einfach zu gut.“ Sie drückte seinen Oberschenkel. „Das hört sich gierig an, nicht wahr? Doch ich stehe mit dem Rücken zur Wand.“
    „Ich verurteile dich nicht, Aileen. Du hast dir nichts vorzuwerfen.“ Sie hatte gar nicht anders gekonnt. Wer immer sie nach Silent Rose gelockt hatte, hätte nicht Halt gemacht, wäre sie von Gewissensbissen geplagt gewesen. Derjenige wäre noch viel weiter gegangen, um sein Ziel zu erreichen. Und war Aileen wirklich an diesem Ort gewesen, oder hatte man ihr Bewusstsein manipuliert?
    Lior würde seinen Arsch darauf verwetten, dass die Maklerin kein Mensch war und die Kundenanrufe vereitelt hatte, sodass Aileen keine andere Wahl gehabt hatte, als mitten in ihre Falle zu tappen. Doch auf welcher Seite stand Rachel Miller? Arbeitete sie allein? Ihm dröhnte der Kopf von den vielen Ungereimtheiten.
    Lior parkte den Wagen mit der Kühlerhaube Richtung Einfahrt. Besser vorsichtig als blöd. Seine Haut juckte entsetzlich, und Unruhe packte ihn.
    „Warte, bis ich ausgestiegen bin, Aileen.“
    Sie rollte mit den Augen. „Söldner, damit brauchst du gar nicht erst anzufangen. Ich kann auf mich selbst aufzupassen.“
    Togo knurrte und zwickte sie in die Schulter.
    „Hey“, quietschte sie.
    „Er hat mehr Verstand als du“, fuhr er sie an.
    Du blödes Machoarschloch, dachte sie nicht nur, eine Zehntelsekunde später zischte sie es und griff bereits nach dem Türgriff.
    „Wenn du es wagst auszusteigen, ohne dass ich es für unbedenklich halte, lege ich dich hier und jetzt übers Knie und versohle dir den Arsch.“
    Wieso hatte er das jetzt gesagt?
    Wieso habe ich das gesagt? , dachte sie.
    Sie warf ihm einen dermaßen empörten und giftigen Blick zu, dass es ihn in den

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