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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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öffnete die Cockpittür und warf die Decke hinein. »Du steigst am besten gleich hier ein«, sagte er. »Je weniger wir draußen, wo uns jeder sehen kann, noch zu tun haben, desto größer ist unsere Chance, davonzukommen.«
    »Gut.«
    Er merkte, dass Karen nicht ohne Hilfe in die Maschine klettern konnte, und zog eine Kiste heran. Karen stellte sich darauf, doch da sie mit dem verletzten rechten Fuß zuerst hätte einsteigen müssen, diesen aber kaum belasten konnte, ging es auch so nicht. Das Einsteigen war ohnehin eine verzwickte Prozedur – das Cockpit war enger als die Vordersitze eines kleinen Autos -, und mit zwei verletzten Gliedmaßen fast unmöglich. Harald erkannte, dass er Karen hineinheben musste.
    Den linken Arm um ihre Schultern, den rechten unter ihren Knien, hob er sie hoch, trat auf die Kiste und lieft Karen behutsam auf den rechten Sitz gleiten. Dort konnte sie mit der gesunden Linken den Y-förmigen Steuerknüppel zwischen den Sitzen betätigen, während er selbst vom Pilotensitz aus die rechte Hand benutzen konnte.
    »Was ist denn das hier?« Karen deutete auf den Boden des Flugzeugs.
    »Hansens Pistole. Ich wusste nicht, was ich damit machen sollte.« Er schloss die Tür. »Geht‘s so?«
    Sie schob die Fensterscheibe zurück. »Ja, prima. Am besten starten wir von der Auffahrt. Der Wind ist genau richtig, aber da er zum Schloss hin bläst, wirst du die Maschine den ganzen Weg bis zum Eingang schieben müssen. Dort drehst du sie dann um, sodass wir gegen den Wind starten können.«
    »Alles klar.«
    Harald zog die Flügeltüren des Haupteingangs weit auf. Nun musste er das Flugzeug hinausbugsieren. Glücklicherweise war es so intelligent abgestellt worden, dass es mit der Nase direkt zur Tür wies. Von dem am Fahrgestell verknoteten Seil hatte Harald von Anfang an vermutet, dass es dazu diente, die Hornet Moth zu ziehen. Er packte es mit beiden Händen und zog.
    Das Flugzeug war schwerer, als er gedacht hatte. Natürlich – denn zum Gewicht des Motors kamen ja noch der volle Benzintank und Karen dazu. Das war eine ganze Menge.
    Harald begann, die Maschine auf ihren Rädern vor und zurück zu schaukeln. Nachdem sich ein gewisser Rhythmus eingestellt hatte, zog er kräftig am Seil und setzte sie in Bewegung. Nun ging es ein wenig leichter. Dennoch kostete es ihn eine gewaltige Anstrengung, das Flugzeug aus der Kirche hinaus in den Park und von dort bis zur Auffahrt zu ziehen.
    Der Mond kam hinter einer Wolke hervor, und plötzlich war der Park fast taghell erleuchtet. Die Hornet Moth war nun nicht mehr zu übersehen, und Harald war klar, dass er sich beeilen musste.
    Er löste den Haken, mit dem die linke Tragfläche am Rumpf festgemacht war, und schwenkte sie in Position. Dann klappte er die Verriegelungsklappe an der oberen Tragfläche herunter, sodass sie in Position blieb, während Harald um den Flügel herum zu dessen Vorderkante ging. Dort drehte er den Bolzen der unteren Tragfläche und schob ihn in seine Öffnung. Er fühlte einen Widerstand, doch da der ihm bereits bei seinen Übungen aufgefallen war, wusste er, was zu tun war: Er rüttelte sachte an der Tragfläche, bis der Bolzen ganz leicht an seinen Platz glitt. Dann band er ihn mit dem Lederriemen in der verriegelten Position fest. Er wiederholte die Prozedur am Bolzen der oberen Tragfläche, den er mithilfe der Kontrollstange verriegelte.
    Alles in allem hatte es nicht mehr als drei oder vier Minuten gedauert. Harald warf einen Blick über den Park zum Lager der Soldaten. Der Wachposten hatte ihn gesehen und kam prompt auf ihn zu.
    Harald kümmerte sich jetzt um die rechte Tragfläche. Als er damit fertig war, stand der Wachposten bereits hinter ihm und beobachtete ihn. Es war der nette Leo. »Was machst du da?«, fragte er neugierig.
    Harald hatte sich schon eine Ausrede ausgedacht. »Wir wollen ein Foto machen. Herr Duchwitz möchte das Flugzeug verkaufen, weil er keinen Treibstoff dafür bekommt.«
    »Ein Foto? Mitten in der Nacht?«
    »Es soll eine Aufnahme im Mondschein werden, mit dem Schloss im Hintergrund.«
    »Weiß mein Hauptmann davon?«
    »O ja. Herr Duchwitz hat es ihm erzählt, und Hauptmann Kleiss meinte, das wäre schon in Ordnung.«
    »Aha. Gut«, sagte Leo. Dann runzelte er erneut die Stirn. »Aber es ist schon seltsam, dass mir der Hauptmann nichts davon gesagt hat.«
    »Wahrscheinlich hielt er es für nicht so wichtig.« Harald erkannte, dass er mit seiner Ausrede schwerlich durchkommen würde. Wenn die

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