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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sagte: »So, und jetzt mach dich mal wieder auf die Socken. Ich zeig dir, wo‘s langgeht.«
    Er glaubt wahrscheinlich, dass ich aus lauter Verzweiflung was klaue, dachte Harald und folgte Nielsen, der um die Hausecke bog.
    Vor dem Eingang parkte das Motorrad. Als Nielsen es erblickte, blieb er stehen. Aus dem blubbernden Boiler entwichen kleine Dampfwölkchen. »Was, zum Teufel, ist denn das?«, fragte der Bauer verblüfft.
    »Das ist ein ganz normales Motorrad«, sagte Harald. »Ich habe es nur umgebaut. Es läuft jetzt mit Torf.«
    »Und wie weit bist du damit gefahren?«
    »Ich komme gerade aus Morlunde.«
    »Gott im Himmel! Dieses Unding sieht doch so aus, als wolle es jeden Moment explodieren!«
    Harald empfand das als Beleidigung. »Mein Motorrad ist absolut sicher«, sagte er pikiert. »Ich kenne mich mit Motoren und Maschinen aus. Vor ein paar Wochen habe ich sogar einen Ihrer Traktoren repariert.« Vielleicht gibt er mir aus Dankbarkeit Arbeit, dachte Harald, nur um sich gleich darauf einen Idioten zu schimpfen. Aus Dankbarkeit alleine entstanden noch keine Lohngelder. »Es handelte sich um
    ein Leck in der Benzinleitung.«
    Nielsen krauste die Stirn. »Was sagst du da?«
    Harald legte ein Torfbrikett nach. »Ich war ein Wochenende auf dem Schloss zu Besuch. Josef und ich sind da einem von Ihren Leuten begegnet, Frederik. Er versuchte gerade, den Traktor wieder flottzumachen.«
    »Ach ja, ich erinnere mich. Du bist also dieser Bursche.«
    »Ja, genau der.« Er bestieg das Motorrad.
    »Wart mal‘n Moment! Vielleicht hab ich da doch was für dich.«
    Harald sah den alten Nielsen an. Er wagte es kaum, neue Hoffnung zu schöpfen.
    »Erntehelfer kann ich mir keine leisten. Aber ein Mechaniker – das ist was anderes. Kennst du dich auch mit Landmaschinen aus?«
    Bescheidenheit wäre zu diesem Zeitpunkt fehl am Platze, dachte Harald und antwortete: »Normalerweise bringe ich jede Maschine wieder zum Laufen.«
    »Ich habe ein halbes Dutzend Maschinen, die nutzlos rumstehen, weil nirgendwo Ersatzteile aufzutreiben sind. Meinst du, dass du die wieder in Gang kriegst?«
    »Ja.«
    Nielsen betrachtete das Motorrad. »Wenn du das hinbringst, dann kannst du vielleicht auch meine Sämaschine wieder flottmachen.«
    »Nichts spricht dagegen.«
    »Gut denn!«, sagte der Bauer entschlossen. »Ich gebe dir eine Chance.«
    »Vielen Dank, Herr Nielsen!«
    »Morgen ist Sonntag. Am Montagmorgen um sechs bist du hier. Wir Bauern stehen früh auf.«
    »Ich bin da.«
    »Und komm mir nicht zu spät!«
    Harald öffnete den Regler, um Dampf in den Zylinder zu lassen, und fuhr schnell davon, bevor Nielsen es sich noch einmal überlegen konnte.
    Kaum war er außer Hörweite, stieß er einen Triumphschrei aus. Er hatte Arbeit gefunden – und zwar eine viel interessantere als die eines
    Verkäufers im Kurzwarenladen. Außerdem hatte er sie sich selbst gesucht. Er war voller Zuversicht. Zwar war er nun auf sich allein gestellt – aber er war jung, kräftig und nicht auf den Kopf gefallen. Alles würde sich zum Guten wenden.
    Es wurde schon langsam dunkel, als er wieder durchs Dorf fuhr. Um ein Haar hätte er einen Mann in Polizeiuniform übersehen, der plötzlich auf die Straße trat und ihm bedeutete, anzuhalten. Er trat scharf auf die Bremse, und der Boiler entließ mit einem klagenden Laut eine Dampfwolke durch das Sicherheitsventil.
    Harald erkannte den Polizisten: Es war Per Hansen, der örtliche Obernazi.
    »Verdammt noch mal, was ist denn das?«, fragte Hansen und deutete auf Haralds Vehikel.
    »Das ist ein auf Dampfbetrieb umgestelltes Nimbus-Motorrad«, antwortete Harald.
    »Sieht mir sehr gefährlich aus.«
    Harald hatte wenig Geduld für Wichtigtuer vom Schlage Hansens, rang sich aber eine weitere höfliche Antwort ab: »Ich versichere Ihnen, Herr Wachtmeister, dass mein Fahrzeug allen Sicherheitsvorkehrungen genügt. Führen Sie eine dienstliche Untersuchung durch oder befriedigen Sie lediglich Ihre Neugier?«
    »Nicht frech werden, junger Mann, ja? Wir kennen uns doch.?«
    Harald wusste, dass er sehr darauf achten musste, nicht schon wieder gegen das Gesetz zu verstoßen. Eine Nacht in dieser Woche hatte er bereits im Gefängnis zugebracht. »Ich heiße Harald Olufsen«, sagte er.
    »Du bist ein Freund von diesen Juden da hinten im Schloss.«
    Harald verlor die Beherrschung. »Meine Freunde gehen Sie gar nichts an«, sagte er.
    »Oho!« Die Antwort schien Hansen regelrecht zu beglücken; es war, als hätte er nur darauf

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