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Mitternachtsflut

Mitternachtsflut

Titel: Mitternachtsflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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Wir sind mit unseren Erörterungen über Sinn und Unsinn des Lebens noch lange nicht fertig.“ Marie grinste ihn frech an und fühlte sich plötzlich von starken Armen empor gehoben. „Mi flor de Tenerife!“ „Lässt du mich wohl los? Sofort!“ Marie wand sich lachend aus Vicentes Umarmung.
    Der fröhliche Canario mit seinen tiefschwarzen Haaren und den lachenden braunen Haselnussaugen war ihr eine Weile so gar nicht egal gewesen. Sie hatten einige wirklich schöne Nächte verbracht. Marie war froh, dass sie, seit sie auf der Insel lebte, immer schön braun war. Ansonsten hätten Vicente und auch die anderen, die sie mit Argusaugen beobachteten, die leichte Röte, die ihre Wangen überzog, sicherlich wahr genommen. „Na, komm! Ich freue mich dich mal wieder zu sehen, mi flor!“ Meine Blume, so hatte er sie von Anfang an genannt und es hatte ihr ziemlich gut gefallen. „Ich mich doch auch.“ Marie stupste ihn freundschaftlich an.
    „Los Leute, suchen wir uns Liegen. Die anderen sind sicher schon alle da.“ Domingo wartete ihre Antwort gar nicht ab und stiefelte los. Vicente ließ es sich nicht nehmen, ihre Matte zu tragen und fragte sie lange und gründlich über ihre Zeit in Masca aus. Es wurde ein sehr lustiger Nachmittag und Marie musste sich eingestehen, dass sie die ungezwungene Fröhlichkeit ihrer Freunde genoss, sogar das unterschwellige Flirten Vicentes tat ihr gut.
    Sie fühlte sich so lebendig wie schon lange nicht mehr. Als am späten Nachmittag sogar noch Craigh und Mike mit ihrer Gitarre auftauchten, wurde es richtig gemütlich. „Hey Jungs! Auch schon wach. Warum pennt ihr Britköpfe eigentlich immer so lange?“ Roberta, die an dem blonden, blauäugigen Craigh schon lange einen Narren gefressen hatte, sah ihnen mit breitem Grinsen entgegen. „Wen wundert's? Bei denen ist es doch andauernd grau und verregnet. Da kann man nur pennen. Deshalb haben sie ja auch alle versucht von ihrer Insel wegzukommen. Seefahrernation, pft!“ Domingo schnaubte verächtlich.
    Craigh lachte nur. „Keine blöden Randbemerkungen bitte. Wir spielen jede Nacht bis vier Uhr in der Früh. Und dann noch die ganzen Groupies, ey, das ist anstrengend.“ Erst jetzt fiel sein Blick auf Marie.
    „Wen haben wir denn da? Zuckerstückchen! Schön dass du dich auch mal wieder zu uns gesellst. Du machst dich ja ganz schön rar.“ Craigh strubbelte Marie liebevoll durch die langen Haare. „Lass das bei mir sein und mach es lieber bei Roberta!“, kicherte Marie leise in sein Ohr. Craigh sah sie einen Augenblick lang verdutzt an und Marie zog vielsagend die Augenbrauen hoch. „Echt?“ „Klar, Mann du bist wirklich blind.“
    „Gut zu wissen!“ Craigh lächelte vielsagend und ließ sich gleich neben Roberta auf einer Liege nieder. Der Abend kam dann leider viel zu schnell. Mit leisem Bedauern packte Marie ihre Sachen zusammen und verließ, gemeinsam mit Vicente, die Meeresschwimmbäder. „Na, mi flor, wann sehe ich dich denn einmal wieder? Ich würde dich ja gerne dort oben besuchen, aber das geht mit dem Restaurant nicht. Meine Mutter würde mir was husten. Darf ich dich überhaupt noch mi flor nennen oder hat Manolo dich ganz mit Beschlag belegt?“ „Sag mal, spinnst du? Vicente, Manolo ist für mich wie ein Vater.“ Marie sah den Freund ehrlich verblüfft an.
    „Ja schon, im Grunde weiß ich das ja, aber ich muss zugeben, dass ich schon ein wenig eifersüchtig bin. Du verbringst fast deine ganze Zeit dort oben in den Bergen. Mann, Marie, du bist doch noch so jung. Hast du denn die Zeit hier unten, die Zeit mit mir, nicht auch ein wenig genossen?“ Vicente sah so traurig aus, dass Marie unwillkürlich ein schlechtes Gewissen bekam. Er hatte ja Recht. Seit Masca sie mit seinem Zauber gefangen genommen hatte, war sie kaum noch hier herunter gekommen. Die Menschen, die ihr schon vor langen Jahren, als sie immer wieder als Gast auf diese Insel gekommen war und das lustige Leben in Puerto sehr genossen hatte, sehr nahe gestanden waren, wurden von ihr wirklich nicht mit übermäßiger Aufmerksamkeit bedacht. Als Vicente freundschaftlich den Arm um sie legte, war ihr das nicht unangenehm. Man musste ihn einfach mögen. Er begleitete sie noch bei ihrem Einkauf auf dem kleinen Markt, der heute auf der Promenade stattfand. Wie auch früher, wurde damit aus einem normalen Einkauf ein sehr unterhaltsames Ereignis. Vicente verstand es, aus dem Kauf einer Mango ein Theaterstück zu machen. Nicht zuletzt dadurch, dass er der

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