Mitternachtslöwe (German Edition)
Blättern, um sich alleine ein wenig Luft zu verschaffen, doch egal in welche Richtung er das Gestrüpp betrat, kurz darauf landete er wieder bei Sophia und Byrger und der Tür.
Unverhofft kommt oft, sagt man, nur dass der Name nicht ›Unverhofft‹ sondern Raffo lautete, der Hund, den Paracelsus so gequält hatte. Er trottete herbei und trug im Maul ein grünes Gebüsch, dass er Byrger vor die Füße legte. Eine Alraune. Byrger hob das kleine Wurzelmännlein auf. So schnell wie Raffo gekommen war, huschte er ohne einen Laut wieder in den Wald davon.
Ohne es zu merken strich sich Byrger durch den Bart. Es brütete in ihm. Sicher, warum war ihm das nicht eher aufgefallen? »Was ist, wenn wir den Schatz gar nicht finden müssen, sondern bereits bei ihm sind?«
»Das Ding da soll der Schatz sein?«, fragte Sophia enttäuscht, als sie auf die Alraune zeigte.
»Nein nein, dies ist nur unser Vermittler.« Byrger glänzte auf. Er buddelte ein Loch und pflanzte behutsam die Alraune in die Erde.
Alle drei schauten sie auf das Pflänzchen zu ihren Füßen.
»Es passiert nichts«, sagte Abaris nach einer Weile.
Byrger kraulte sich den Bart. Was fehlte? Dies musste ihr Vermittler sein, aber was brauchte er?
»Gießen wir sie«, sagte Sophia, »Pflanzen brauchen Wasser.«
Mit ein wenig Trinkwasser aus ihren Wasserbeuteln benässten die den Boden um die Alraune.
Zunächst tat sich gar nichts. Doch dann begann die Erde zu Grollen.
»Wir stoßen mit dem Kopf gegen die Wand, sagte Paracelsus. Und genau das ist es! Wir durchbrechen die Wand!«
Aus dem Grollen entstand ein Wuchern, ein Schaufeln und die Alraune begann zu wachsen. Sowohl nach oben als auch nach unten. Ihre Blätter sogen das Wasser auf, poppen auf wie Tannenzapfen im Feuer. Der Wurzelmann erwachte aus seinem Schlaf und begann zu buddeln. Er nährte sich vom Grund, verschlang ihn und wuchs tiefer und tiefer in die Erde hinein.
Byrger öffnete einladend den Arm. »Unser Weg aus der Kiste.« Die Wurzeln legten einen Gang frei. Sie schlangen sich um sich selber, sodass eine runde Treppe aus Geäst gewachsen war auf der sie nach unten gelangten. Tief im Bauch von Mutter Natur, sicher in einem Gewölbe aus Stein, lag eine kleine Insel inmitten eines seichten Sees. Die Fuß- und Fingerspitzen der Alraune woben sich mit dem Gras zusammen und noch immer spürte Byrger das grollende Wachsen der Wurzeln im Erdreich.
»Atemberaubend. Er ist wunderschön.«
Byrger verstand nicht was Herr Abaris mit seinen Worten meinte. Paralysiert stand dieser da und blickte ins Leere. »Was habt Ihr entdeckt?«, fragte Byrger.
»Das siehst du nicht?«, sprach Sophia, die ebenfalls erstaunt hoch ins Gewölbe schaute. Doch dort war nichts.
»Du hattest recht.« Sophia legte ihren Arm um Byrger. »Verzeih, dass ich dir nicht geglaubt habe. So gewaltig...«
Byrger grübelte. Er sah genauer hin. Was sahen die zwei, er aber nicht?
Ein Blitzern. Am Ufer der Insel blinkte ein kleiner Gegenstand. Langsam näherte sich Byrger. In der Luft hing ein Würfel der sich ruhig um sich selbst drehte. Mal schimmerte eine Seite silbern, dann eine in allen Farben eines Regenbogens und wieder eine andere in kaltem Gold. Aber egal wie er sich drehte, immer zeigten alle drei sichtbaren Seiten die fünfzehn Runen der Adulruna, fünf zu jeder Seite.
»Der fallende Stein«, flüsterte Byrger. »Die göttliche Form der Runen, vom Himmel gesandt und in Zeichen und Schrift für die Menschen sichtbar gemacht.«
Byrger griff nach dem Stein. Doch er bekam ihn nicht zu greifen. Als läge eine geisterhafte Hand auf seiner die den Stein führte und jede seiner Bewegungen nachahmte, schwebte er über seiner Handfläche. Byrger holte ihn ganz nah an sein Gesicht. Wie das gleitende Licht der Sonne auf geschlossenen Augenlidern buhlte der Stein um Byrgers Seele. Doch er sagte sich los von seiner Macht und verstaute ihn schnell in seiner Tasche.
Verblendet traten Sophia und Abaris, wie aus einem hängendem Traum geworfen, zurück in die wahre Welt. »Aber der Stein... wie hast du das gemacht?«, fragte Sophia.
»Großes offenbart sich nicht in seinem sichtlichem Ermessen, sondern daran was es vollbringt. Und so ist dies der Augenblick. Die Schätze sind gefunden. Das Wohl der Welt steht vor uns und wartet darauf enthüllt zu werden.«
Schweigen.
»Sollte jetzt nicht etwas passieren, der Löwe erscheinen?«, sagte Abaris, flapsig mit den Achseln zuckend.
Erneut, Schweigen.
»Ihr hetzt uns durch ganz Europa und
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