Mitternachtslöwe (German Edition)
weinen. Doch für Tränen blieb keine Zeit. Von oben sah Sophia schon die Fackeln der Soldaten kommen und ein riesiger, schwarzer Schatten bäumte sich auf.
»Los, wir müssen weiter«, spurte Sophia.
Sie versuchte gerade aus eigener Kraft aus dem Schlammloch zu kommen, als ein Paar helfende Hände ihr Vorhaben erheblich erleichterten.
»Sophia! Geht es dir gut? Was hast du da oben bloß getrieben?«, sorgte sich Abaris um sie.
Doch Sophia hatte ganz andere Sorgen. »Maria? Holt sie aus dem Loch raus.«
Das Mädchen war aber schon von selbst aus dem Matsch gekommen, kam zu Sophia herüber und umklammerte sie fest.
»Alles in Ordnung mit dir?«, wollte Sophia wissen. Das Mädchen presste sich fest an sie und ließ ihren Tränen freien Lauf.
»Kommt schon«, sagte Odilo ungeduldig, »Wir müssen hier weg!«
Nur mühsam schafften es die Pferde durch den Morast. Obwohl sie die Tiere drakonisch antrieben, sie versackten einfach zu tief im Boden des regengetränkten Torffelds, um schnell voranzukommen. Die Federmäntel waren zu Fuß, holten dennoch flink auf. Fast mühelos schienen sie auf dem farblosen Schimmer aus Schlamm dahinzugleiten. Die Wand aus Fackeln hinter ihnen kam rasant näher und etwas anderes, ohne jeden Zweifel, sogar noch schneller – der Würger. Mit riesigen Sätzen spurtete er hinter seiner Beute her.
»Nein nein, das ist die falsche Richtung. So kriegt der Würger uns ja nie.« Abaris hatte einen der Gefangenen aufgelesen und mit auf sein Pferd gesetzt. Anscheint war dieser völlig verrückt, denn er ruderte ausgelassen mit den Armen und schien sich regelrecht auf eine Begegnung mit dem monströsen Wolf zu freuen. »Zeit für einen leckren Happen, gern lass ich mich von dir schnappen.«, lachte er.
»Wir müssen von diesem Feld runter, sonst zerfleischt uns das Biest wirklich gleich!«, rief Abaris.
»Na dann halten wir es doch auf!«, entgegnete Odilo. Er holte seine Donnerbüchse hervor und lies sie Feuer spucken. Der Trupp des Regimes tat es ihm gleich. Dutzendweise krachte es hinter ihnen, sowie unzählige, kleine Spritzer im Matsch aufsprangen.
»Das war nicht sehr überlegt«, sprach Byrger ruhig.
Sophia beugte sich so gut sie konnte schützend über Maria, die vor ihr im Sattel saß. »Halt den Kopf unten«, sagte sie, denn das Mädchen konnte es nicht lassen ihr über die Schulter zu schauen.
»Da lang«, rief Abaris auf eine Einbuchtung im Schatten der Bäume am Feldrand zeigend, »Sieht so aus, als kämen wir da raus.«
Kaum hatte er seinen Satz vollendet verschwand Abaris schlagartig samt Pferd im Erdreich. Bevor Sophia reagieren konnte, stürzte auch ihr Pferd. Sie tauchten in eisiges Wasser ein, welches jeden Muskel zum Erstarren brachte. Glücklicherweise war das Wasser nicht sehr tief, es reichte Sophia bis zur Hüfte, sodass sie schnell wieder auf die Beine kam. Verzweifelt wieherten die Pferde beim Versuch sich aus dem Bewässerungsgraben zu befreien.
»Da bist du ja!«, rief eine aufgeregte Stimme. Der verrückte Mann stand mit offenen Armen da und blickte nach oben. Am Rand des Grabens stand der schwarze Schatten des Würgers, das Maul weit aufgerissen.
»Leben oder Tod?«, fragte der Verrückte an Sophia gewandt bevor er den Graben hinaufzuklettern begann.
»Was tust du denn?«, rief Abaris ihm hinterher.
Aber der Mann aus dem Gefängnis war schon oben angekommen. »Tod!«, schrie er mit voller Stimme und lief dem Würger direkt ins Maul.
Sophia nahm Maria auf die Arme und watete so schnell sie konnte den Graben entlang. Hinter ihnen hörte sie das Knacken von Knochen, einen Schrei, Schmatzen und schließlich ein verlangendes Brüllen nach mehr. Mit nur einem Sprung stürzte sich der Würger auf Abaris und warf ihn zu Boden. Das Biest schnappte zu und erwischte den Südländer am Arm. Er versuchte sich zu wehren und trieb dem Biest seinen Stab ins triefende Maul.
»Abaris!«, wimmerte Sophia verzweifelt.
»Runter!«, schrie Odilo der schon seine Donnerbüchse auf das Ungetüm richtete.
Sophia sprang zur Seite. Keinen Wimpernschlag später knallte die Büchse los. Treffer. Ohrenbetäubend jaulte das Monster auf, doch lies nicht von seinem Appetithäppchen locker. Nochmal spuckte das Rohr Feuer. Treffer. Das Biest schrie auf, vor Wut, nicht vor Schmerz. Schwaden von dickflüssigem Blut ergossen sich über Abaris, der nur mühsam gegen die Kraft des Würgers bestand.
Ein Heer von Fackeln tauchte am Rand des Grabens auf. Eine Gestalt, größer als die
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