Mitternachtslöwe (German Edition)
bemerkte Abaris flachsig, »Wir wecken den Löwen.«
Adele hob ihre rechte Augenbraue. »Und das Mädchen?«
»Ich bin kein Löwe, ich bin schon zehn!«, sagte Maria selbstbewusst.
»Wir haben sie auf unserer Reise aufgegabelt«, sagte Sophia und strich ihr mit dem Handrücken über die Wange.
Äbtissin Adele überlegte. »Wenn es wirklich etwas gibt, um diese Teufel aufzuhalten, dann hoffe ich, dass Ihr es findet. Schwester Eleonora, begleite unsere Gäste zum Turm. Hilf ihnen so gut wie irgend möglich. Ich stelle dich von allen täglichen Pflichten frei.«
»Sehr wohl, Mutter Oberin.« Die Freude über diese besondere Aufgabe stand Eleonora zu Gesicht.
»Wir sind Euch zu tiefstem Dank verbunden«, sagte Byrger mit einer Verneigung.
»Nein, wenn Ihr wirklich etwas finden solltet, sind wir es, die danken müssen. Möge Gottes Segen Euch hüten und seine Hand über Euch wachen.«
»Das wird sicher ein Spaß«, platze es aus Eleonora raus, was ihr einen strengen Blick der Mutter Oberin einbrachte. »Kommt, ich zeige euch den Weg zum Turm«, sagte sie darauf in demütiger Zurückhaltung.
Frohen Mutes voran stieg Eleonora die Treppen zum Turm hinauf, Sophia und ihre Familie hinterher. Oben angekommen hantierte die Nonne mit einem großen Bund Schlüssel an der alten Holztür herum. Der Riegel klackte, die Tür schwank auf.
»Das ist das Zimmer in dem Herr Von Hohenheim angeblich viel Zeit verbrachte«, sprach Eleonora, so als priese sie in der Rolle einer Gastwirtin die gemütliche Gastkammer ihres Hauses an.
Ein wenig mehr hatte Sophia schon erwartet. Einst die Behausung Paracelsus' glich das kleine Turmzimmer nun eher einer Rumpelkammer. Spinnweben noch und nöcher, wie Schleier alter Gespenster hingen sie von der Decke hinab. Waschtag im Geisterreich. Der Boden stand voll mit Kisten, uraltem, verfallenem Zeug. Ein völlig zerfallenes Bett bot nur noch den Würmern eine Schlafstätte. Sophia ging ein paar Schritte auf dem Pfad, der durch dieses Chaos führte, vorbei an alten Spinnrädern, Tischchen und rostigem Kochgeschirr. »Ein ganz schöner Haufen...«, brach sie bewusst ab.
Maria hingegen ging die Begeisterung von den Zügeln und ritt im Galopp. »Guck mal, die vielen alten Sachen.« Sie hatte ihren persönlichen Schatz bereits gefunden. Jeder dieser Gegenstände wartete nur darauf von ihr angefasst, bestaunt und in ihren kleinen Händen herumgedreht und genaust begutachtet zu werden. »Wonach suchen wir denn eigentlich?«
»Nach etwas«, Sophia krauste ihre Stirn, »Ungewöhnlichem.« Selber wusste sie es ja auch nicht genau.
»Woran erkenne ich es?«
»Das weißt du erst dann, wenn du es siehst.«
Das Mädchen stöberte tüchtig weiter.
Sophia holte das kleine Büchlein ihres Vater hervor und blätterte ein wenig.
Irgendeinen Hinweis muss es doch noch geben.
»Was sagt denn Euer magisches Gespür?«, fragte Abaris Byrger, der grad den Griff einer Schreibtischschublade beim Versuch diese zu öffnen plötzlich in der Hand hielt.
Byrger räusperte sich. »Nicht besonders viel. Ich habe sogar eher das Gefühl die Magie, welche ich vor dem Kloster verspürte, verflüchtige sich. Da ich doch sehr annehme, dass diese Magie etwas mit Paracelsus' Schatz zu tuen hat, gehe ich davon aus, dass wir hier nicht richtig sind.«
»Es könnte sich aber auch um eine Finte handeln, gerade um von diesem Ort abzulenken.«, sagte Abaris.
»Diese Möglichkeit besteht durchaus.«
»Sehen wir uns hier erstmal gründlich um«, schlug Sophia vor. Sie steckte das Büchlein wieder weg, es bot keinerlei Details darüber wie der Schatz auszusehen hatte oder eine genauere Beschreibungen seines Aufenthaltsortes. »Irgendwas in diesem Durcheinander muss es doch geben, das auf Paracelsus weißt.«
»Wohin führt die Treppe?«, fragte Abaris wobei er auf ein paar klapprige Holzstufen zeigte.
»Sie führt nach oben, also hinauf zum Glockenturm«, sagte Eleonora.
»Ich schaue mich dort mal um«, sprach Abaris und verschwand auf der schmalen Treppe und darauf in dem kleinen Loch in der Decke zu dem sie führte.
Zusammen mit Maria schaute sich Sophia den Inhalt eines kleinen Nachtschränkchens an. Lauter verstaubter Krimskrams wie eine bunte, zerknickte aber sehr buschige Feder, eine handvoll Knochenwürfel und ein Handspiegel sowie anderer Plunder. Sophia glättete die Feder ein wenig, rückte die Fahne zurecht und steckte sie ihrer Tochter ins Haar. »Steht dir wunderbar.«
Maria nahm sich den Handspiegel und betrachtete
Weitere Kostenlose Bücher