Mitternachtslust
auf mich«, fuhr Susanne aufgekratzt fort. Vielleicht hatte sie die geflüsterte Antwort ihrer Freundin gar nicht gehört. »Wir wollen an einem Ausflug zu einer Tomatenplantage teilnehmen. Dort kann man auf Kamelen reiten. Hast du dir schon einmal vorgestellt, es auf einem Kamel zu treiben?« Sie kicherte.
»Ihr wollt doch nicht etwa …? Da laufen bestimmt überall Touristen rum!« Bei der Vorstellung verschlug es Melissa die Sprache. So wie Susanne sich plötzlich anhörte, traute sie ihr fast alles zu.
»Mal sehen. Natürlich sind wir so diskret wie möglich, mein Lieschen«, zog Susanne sie auf. »Aber wir finden beide, dass es eine wirklich aufregende Idee ist.«
Melissa brachte als Antwort nicht mehr als ein kraftloses Nicken zustande. Warum nur schien in letzter Zeit ihr gesamtes Leben nur um Sex zu kreisen? Sie träumte von Sex, sie dachte an Sex, sie hatte Sex mit Männern, die sie kaum kannte, gelegentlich sogar mit übernatürlichen Erscheinungen, und nun redete ihre Freundin auch von nichts anderem mehr.
»Morgen fliegen wir leider schon wieder nach Hause. Aber im Grunde spielt das ja keine Rolle, solange wir zusammen sind.«
Melissa sah zur Decke hinauf. Das würde sicher ein böses Ende nehmen. Die Freundin investierte zu viel Gefühl, viel zu viel Gefühl. Aber da Melissa wusste, dass Gefühle jenseits vernünftiger Argumente lagen, verkniff sie sich eine entsprechende Bemerkung.
»Ihr beide, dein Jochen und du, müsst unbedingt zu unserer Einweihungsparty am Samstag kommen«, schlug sie stattdessen schnell vor. Sie hatte nicht zu hoffen gewagt, dass Susanne an diesem Ereignis teilnehmen würde. Falls das klappte, gab es schon zwei Gäste, die ihretwegen kamen: Natascha und Susanne, eigentlich drei, wenn man den ihr noch unbekannten Jochen mitrechnete.
Nachdem Susanne einen Anruf »sofort nach der Landung« versprochen und mit hastigen Worten das Gespräch beendet hatte, saß Melissa ein paar Minuten mit dem Hörer in der Hand gedankenverloren auf der Bettkante, bevor sie aufstand, um sich für ihr Treffen mit Alexander fertig zu machen.
Als sie sich dem Teich näherte, war der Himmel noch hell, obwohl die Sonne bereits hinter den hohen Bäumen am westlichen Ende des Parks verschwunden war. Irgendwo über ihr sang laut und sehnsuchtsvoll eine Amsel. Aus der Ferne antwortete ein zweiter Vogel.
Melissa spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte, während ihre Schritte immer zögernder wurden. Sie wischte ihre feuchten Handflächen an ihrer Hose ab.
Hinter einer Kehre des schmalen sich zwischen den Büschen dahinschlängelnden Weges sah sie bereits die dunkelgrüne kreisrunde Wasserfläche wie ein Auge durch die Baumstämme blinzeln.
Sie atmete tief die milde Luft ein und lief schneller. Als sie vor dem kleinen Bootssteg stand, neben dem Alexander damals unvermittelt aus dem Wasser aufgetaucht war, sah sie sich suchend um. Er schien noch nicht da zu sein.
Einen Moment zog sie in Erwägung, einfach wieder zu gehen. Doch sie wusste, dass Davonlaufen keine Lösung darstellte. Sie musste mit Alexander reden – auch wenn sie keine Ahnung hatte, was genau sie ihm sagen wollte.
Also setzte sie sich auf das noch sonnenwarme Gras am Ufer und bemühte sich, an nichts Bestimmtes zu denken, während sie in das stille Wasser zu ihren Füßen starrte.
»Schön, dass du gekommen bist! Ich hoffe, ich habe dich nicht zu lange warten lassen. Dieser kleine Kerl hier hat mich aufgehalten.«
Als sie hinter sich seine Stimme hörte, fuhr sie herum. Wie aus dem Nichts aufgetaucht, stand Alexander bereits mitten auf der Lichtung, im Arm einen Hundewelpen, der eifrig an seinen Fingern knabberte.
»Er saß vor meiner Tür und wollte mich unbedingt begleiten.« Fürsorglich legte Alexander die Hand auf den Hundekopf, und Melissa spürte, wie ein angenehmer Schauer sie durchrieselte. »Allerdings hüpfte er mir mehr vor den Füßen herum, als dass er mir folgte, fast als würde er den Weg kennen. Deshalb musste ich ihn schließlich sogar tragen, obwohl ich vermute, dass seine Rasse nicht gerade als Schoßhündchen gedacht ist.«
»Bonzo!«, entfuhr es Melissa, als Alexander seine Hand fortnahm und der junge Hund seinen Kopf neugierig aus der Armbeuge seines neuen Freundes hervorstreckte.
»Kennst du ihn? Ist das deiner?« Alexander schien verblüfft. »Ich hätte nicht gedacht, dass dein Mann sich mit einem Tier im Haus anfreunden könnte. Er scheint mir irgendwie nicht der Typ zu sein.«
»Mach dir keine
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