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Mitternachtsschatten

Mitternachtsschatten

Titel: Mitternachtsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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umsichtiger sein. Und wir haben keinen Grund, uns schuldig zu fühlen!“
    „Schuldig“, sagte Brenda mit hohler Stimme. „Nein, das sind wir nicht. Lass uns spazieren gehen, Liebling. Oder wir könnten uns auf die Terrasse setzen und die Sterne betrachten.“
    Er nahm ihren Arm und lächelte sie zärtlich an. „Das klingt himmlisch, mein Schatz.“
    „Himmlisch“, wiederholte Brenda. Der Himmel war ein Ort, den sie niemals kennen lernen würden. „Egal, wo ich mit dir bin, es ist wie im Himmel“, sagte sie.
    Ted gab ihr einen Kuss.

4. KAPITEL
    J illy war außerordentlich schlechter Laune. Der gestrige Tag war schon schlimm gewesen, doch der heutige hatte ihn noch übertroffen, und der Abend schien sogar noch schlimmer zu werden. Sie war wie immer früh aufgestanden. Sie brauchte nicht viel Schlaf, außerdem war ihr verschnörkeltes und geschwungenes Bett nicht sonderlich bequem. Seit Jahren schon nahm sie sich vor, eine neue Matratze und einen anständigen Lattenrost zu kaufen, doch da das Bett maßgearbeitet war, würde das ein Vermögen kosten. Sie konnte es einfach vor sich selbst nicht rechtfertigen, so viel Geld für eine Matratze auszugeben, wenn sie so wenig Zeit darauf verbrachte. Dean hatte einmal gemeint, taktlos wie üblich, dass die Matratze wenigstens nicht älter als 50 Jahre sein konnte, denn sonst hätte sie von Blut durchtränkt sein müssen.
    Jilly erschauerte trotz der warmen Abendluft. Sie saß auf der verlassenen Terrasse des Hauses. War es denn zu viel verlangt, einfach mal wieder einen schönen Tag erleben zu wollen, speziell, wenn sie so einen qualvollen Abend vor sich hatte? Aber nein, stattdessen häuften sich jetzt auch die Probleme bei der Arbeit. Historische Gebäude in Los Angeles erhalten zu wollen, war so ziemlich der aussichtsloseste Job, den man sich vorstellen konnte, was sie zu allem Überfluss auch von Anfang an gewusst hatte. Los Angeles war auf Macht und Geld aufgebaut, Geschichte und Ästhetik wurden hier nicht hoch gehandelt. In den drei Jahren, in denen Jilly für die Los Angeles Preservation Society arbeitete, hatte sie zusehen müssen, wie eine Sehenswürdigkeit nach der anderen abgerissen wurde, um modernen Häusern Platz zu machen.
    Heute war es besonders schlimm gewesen. Sie hatte den Tag damit verbracht, in den Ruinen des Marokkanischen Theaters zu wühlen, Fotos mit einer Digitalkamera zu schießen und Messungen durchzuführen. In nur wenigen Tagen würde alles verschwunden sein, die letzte Frist war abgelaufen. Irgendwann hatte Jilly sich einfach in einen staubigen Plüschsessel gesetzt und geweint. Vielleicht wegen des Gebäudes, vielleicht aber auch wegen ihres eigenen Lebens.
    Als sie nachmittags nach Hause kam, waren Dean und Rachel-Ann nicht da, und wenn sie Glück hatte, würden sie auch erst spät zurückkommen. Coltrane hier zu empfangen war schon schlimm genug, sie wollte sich nicht auch noch gleichzeitig Gedanken um ihre Geschwister machen müssen.
    Sie ging unter die Dusche und wusch den Staub von ihrem Körper, danach schenkte sie sich ein großes Glas Eistee ein und trat wieder auf die Terrasse, um den Sonnenuntergang über dem riesigen, dicht bewachsenen Grundstück zu betrachten. Sie liebte diese Terrasse, die alten Eisenmöbel, die großen Fliesen, die von den Jahren verwitterten Steinsäulen, die gewaltigen Palmen. Aber in der Mitte des Rasens, über hundert Meter entfernt, lag der dunkle, algenüberwachsene Pool, und Jilly konnte ihn nie ansehen, ohne zu schaudern.
    Jetzt ist es viel zu spät, jemanden zu bitten, das Wasser abzulassen, dachte sie müde. Der Pool war seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Als Kind hatte sie sich vor ihm gefürchtet, obwohl sie jede freie Sekunde in den Schwimmbädern ihrer Freunde verbracht hatte. Vielleicht war es wegen der Bäume, die sich im Wasser spiegelten, oder vielleicht lag es auch nur an der übersteigerten Einbildungskraft eines Teenagers. Was immer es war, Jilly zog es vor, dem Pool nicht zu nahe zu kommen.
    Sie hatte schon öfter das Wasser ablaufen lassen, aber das Becken füllte sich jedes Jahr von alleine wieder, das Wasser sickerte wahrscheinlich durch einen Sprung in die Wand. Sie konnte sich eine Reparatur nicht leisten, und so lag der Pool einfach da, feucht und böse, und nur die wilden Rosenbüsche verdeckten die Sicht. Jilly ließ sich auf der breiten Gartenmauer nieder und atmete die Mischung aus Rosenduft und Abgasen der Stadt ein. Nichts würde sie jetzt lieber tun, als in ihre

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