Mitternachtsspiele: Ein erotisches Rendezvous / 100 Wünsche hast du frei (German Edition)
war nicht zu überhören. Doch Jack würde nie wieder auf die Idee kommen, das Wort eiskalt im Zusammenhang mit Mallory Sinclair zu verwenden. „Das war nicht nett von mir“, gab er zu.
Sie senkte den Kopf. War das als Zustimmung zu verstehen, oder dachte sie über ihn nach? Doch bevor er sich darüber klar werden oder seine unglückliche Wortwahl von heute Vormittag auch nur bedauern konnte, sprach sie weiter.
„Nein, das war nicht nett. Wenn man allerdings bedenkt, dass Sie die betreffende Frau kaum kannten, war es doch eine recht interessante Beschreibung.“
Ihre Wortwahl ließ Jack ahnen, dass sie nicht nur vorhatte, ihn eines Besseren zu belehren, sondern dass sie darüber hinaus auch plante, den Status der Beziehung zwischen ihnen beiden zu ändern.
Was sie als Nächstes tat, bestätigte ihn in dieser Auffassung: Mallory machte es sich neben ihm in den weichen Polstern des Sofas bequem. So dicht kam sie ihm dabei, dass er wieder vergaß zu atmen. Er zwang sich dazu, seine Aufmerksamkeit von seiner aufregenden Gastgeberin weg auf die Einrichtung des Raumes zu rich ten.
Der Eindruck, den er mit geschlossenen Augen gehabt hatte, hatte ihn nicht getrogen. Das Sofa war mit einer Art braun-weiß meliertem Pannesamt bezogen, einem neutralen Farbmix, der zur restlichen Innendekoration passte.
Mallory zog ihre Füße hoch und schlug seitlich die Beine unter. Jacks Blick fiel auf den weichen Lagenrock aus gelbschimmernder Seide und transparentem Organza und wanderte dann weiter zu den Sandalen, die wie ein Hauch an Mallorys Füßen hafteten und die sorgfältig manikürten, korallenrot lackierten Zehennägel zur Schau stellten.
Sie hantierte wie aus Versehen mit dem Rock, bis er provokativ zwischen ihre Beine rutschte und nun mehr offenbarte als verbarg.
Mallory spielte mit ihm. Er wusste es, und sie wusste es auch, und doch gefiel ihm das alles viel zu sehr, als dass er ihr einen Vorwurf daraus hätte machen können. Von der biederen, verklemmten Kollegin, die neben ihm im Flugzeug gesessen hatte, war nichts mehr zu bemerken.
„Wenn ich recht verstehe, bin ich hier, damit Sie mir das Gegenteil beweisen können?“ Während er sprach, ließ er seinen Blick wieder aufwärts wandern.
Der Rock umhüllte wohlgerundete Schenkel und endete in einer schmalen Taille. Jack verspürte das Bedürfnis, diesen Rock anzuheben und die Beine zu betrachten, die ihm schon heute Nachmittag aufgefallen waren.
Sie lehnte sich leicht vor. „Es ist immer wieder interessant, wenn Menschen zwei ganz verschiedene Gesichter haben, nicht wahr?“
Versuchung. Marter. Spielchen. Offensichtlich würde sie ihm keine direkte Antwort geben. Er sah ihr in die Augen undbemerkte verlegen, dass sie genau beobachtet hatte, wie er sie begaffte. Aber dafür würde er sich nicht entschuldigen. Erstens, weil es ihm nicht Leid tat. Zweitens, weil ihre Wangen wieder so schön rosenrot gefärbt waren, ohne dass das künstliche Rouge es verbergen konnte. Das bedeutete, seine Anwesenheit blieb auf sie keineswegs ohne Wirkung.
Er würde sich hüten, das letzte bisschen Macht, das er in diesem abgekarteten Spiel noch besaß, auch noch aufzugeben. „Alles im Leben hat zwei Seiten“, entgegnete er scheinbar gleichmütig. „Oder zwei Gesichter. Und selten sind beide Seiten gleich schön.“
Das hatte er früh lernen müssen. Seine Mutter, die in der Öffentlichkeit anfangs noch die liebende, unterwürfige Ehefrau seines Vaters zu spielen pflegte, wurde daheim, wenn weder Presse noch Kameras Zeugen waren, zu einem kalten, lieblosen und hinterhältigen Weibstück. Mit der Zeit allerdings hatte es sie immer weniger interessiert, ob jemand die Wahrheit erfuhr oder nicht, und ihre zwei verschiedenen Gesichter waren zu einem einzigen verschmolzen – dem einer unzufriedenen Frau. Seit Jack das mit angesehen hatte, wusste er Bescheid über die zwei Hälften des menschlichen Charakters.
Mallorys Augen wurden schmal, als habe sie sofort erkannt, dass er mit diesen Worte einen Teil seiner Seele offenbart hatte, und er verfluchte sich im Stillen. Wie konnte er nur vergessen, dass sich hinter der verführerischen Schönheit dieser Frau messerscharfe Intelligenz und die Instinkte eines Killerhais verbargen? Sie selbst hatte doch die Sprache darauf gebracht, wie verschieden die Seiten eines Menschen sein konnten. Auf diesem Gebiet kannte sich niemand besser aus als er! Warum also fiel es ihm so leicht zu vergessen, dass Mallory auch eine kalte, berechnende Seite
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