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Mitternachtsstimmen

Mitternachtsstimmen

Titel: Mitternachtsstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Arbeitsfläche und
entschied, dass die Gläser in der Nähe der Spüle sein könnten.
»Gute Spürnase«, bemerkte Tony, als sie eine Schranktür
öffnete, hinter der sich zwei Regale voll mit Gläsern in den
unterschiedlichsten Größen befanden. »Wie hast du
geschlafen?«
Wieder war Laurie unsicher, wie sie sich verhalten sollte.
Sollte sie ihm von den Stimmen erzählen, die sie gehört hatte?
Dass sie sich gefürchtet hatte? Doch ehe sie den Mund
aufmachen konnte, erschien ihre Mutter in der Küche, noch
halb verschlafen, ließ sich von Tony eine Tasse Kaffee in die
Hand drücken und setzte sich dann auf einen der Stühle. »Ich
mache gleich Frühstück«, sagte sie. »Lasst mich erst einen
Schluck Kaffee trinken.«
Verschwörerisch zwinkerte Tony Laurie zu. »Falls es dir
entgangen sein sollte, haben einige von uns nicht den halben
Vormittag verschlafen. Das Frühstück ist so gut wie fertig.«
Als dann Ryan in die Küche geschlurft kam – in denselben
Kleidern wie am Abend zuvor – war Caroline ganz wach.
Laurie stellte einen Teller mit Rühreiern und Schinken vor sie
auf den Tisch, und als sie zu ihr hochsah, um ihr zu danken,
und ihr Gesicht nun genauer betrachtete, erstarben die Worte
auf ihren Lippen. Laurie sah an diesem Morgen noch
erschöpfter aus als am Abend zuvor. »Fühlst du dich nicht
wohl?«, erkundigte sie sich besorgt.
Laurie zuckte unbestimmt die Schultern, wusste nicht, ob sie
ihr die Wahrheit sagen sollte. Denn hier in der sonnendurchfluteten Küche kamen ihr die Ängste, die sie gestern Nacht
ausgestanden hatte, als sie glaubte, im Nebenzimmer Stimmen
gehört zu haben, geradezu lächerlich vor. »Doch, mir geht es
gut. Nur …«
»Nur was?«, hakte Caroline nach und fühlte mit der Hand
die Stirn ihrer Tochter. Sie war nicht heiß, im Gegenteil, sie
fühlte sich sogar kühl an. »Bist du krank?«
Laurie schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe nur nicht sehr
gut geschlafen.«
Skeptisch kniff sie die Brauen zusammen, doch ehe sie etwas
sagen konnte, meldete sich Ryan zu Wort.
» Ich habe überhaupt nicht geschlafen«, verkündete er. »Ich
hasse diese Wohnung.«
Verwundert musterte Caroline erst Laurie dann Ryan. Ryan
sah keineswegs so müde aus wie seine Schwester und hatte
auch nicht diese dunklen Ringe unter den Augen. »Was ist
los?«, fragte sie. »Was hat dich wach gehalten?«
Ryan machte ein finsteres Gesicht. »Geister oder so was,
genau wie Jeff Wheeler gesagt hat! Sie haben gelacht und
geflüstert.«
»Geister?«, wiederholte Caroline und sah Laurie verdutzt an.
»Weißt du, wovon er spricht?«
Laurie war unsicher. »Es gibt keine Geister«, begann sie.
»Doch, die gibt es schon!«, brauste Ryan auf. »Jeff Wheeler
hat gesagt –«
Caroline hob die Hand, um Ryans Redefluss zu stoppen.
»Ich will nur wissen, was passiert ist.« Dann wandte sie sich an
Laurie. »Hast du auch etwas gehört?«
Laurie nickte zögernd. »Ja, irgendwas schon«, gab sie zu.
»Es … na ja, es war, als wären Leute in der Wohnung
gewesen.«
»Dem war ja auch so«, sagte Tony, der sich als Letzter zu
ihnen an den Tisch gesellte. »Den ganzen Nachmittag und
Abend.«
Aber Laurie schüttelte den Kopf. »Nein, später, nachdem wir
ins Bett gegangen sind.« Nun erzählte sie ihrer Mutter und
Tony, was sich in der Nacht abgespielt hatte.
»Und du hast das auch gehört?«, erkundigte Caroline sich
bei Ryan. Der nickte und sah sie kampfeslustig an, als
erwartete er von ihr zu hören, dass er sich das nur eingebildet
hätte. Nun fragte Caroline auch Tony. »Hast du etwas
dergleichen gehört?«
Tony verneinte. »Aber ich behaupte nicht, dass die Kinder
sich irren. Ich habe geschlafen wie ein Toter, und du auch,
meine Liebe.«
In diesem Augenblick klingelte es an der Tür, und Tony
stand auf, um nachzusehen. Gleich darauf schallte Virginia
Estherbrooks Stimme durch die Diele: »Muffins!«, krähte sie
vergnügt und stand auch schon in der Küchentür, mit einer
makellosen, frisch gestärkten Schürze über einem Kleid, das,
wie Caroline vermutete, aus dem Stück »Picknick« stammte, in
dem die alte Dame vor einigen Jahrzehnten gespielt hatte. In
der Hand trug sie einen Korb, zugedeckt mit einem rot-weiß
karierten Geschirrtuch, das eine Requisite aus demselben Stück
hätte sein können, und sah aus, als hätte sie tatsächlich, wie sie
gestern angekündigt hatte, einen ganzen Monat geschlafen.
»Ich konnte einfach nicht umhin, den Kindern ein paar Muffins
zu bringen«, flötete sie und tänzelte durch

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