Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Markosa.
Er duckte sich , und der vielfach gefaltete Stahl surrte über ihm ins Leere. Er wirbelte herum, um sie zu packen, damit sie keinen weiteren Versuch unternehmen konnte, doch sie war schneller. Sie sprang zurück in die Hocke, führte das Schwert sicher , und die Klinge raste auf Markosa’ Hals zu ...
... und stoppte eine Haaresbreite vor seiner Kehle. Nashka hielt die Waffe ruhig, sie zitterte nicht.
»Ich könnte dir den Kopf abschlagen. Ich könnte dich töten, Vampir!«
Markosa starrte sie an. Ja, das konnte sie.
»Aber ich bringe es nicht fertig ...«
Markosa schwieg.
»Ich liebe dich als Markosa, aber du bist Regus«, sagte sie.
»Wie kann das sein?«, gab er mit leiser Stimme zurück.
»Du bist nicht er , aber etwas von i hm ist in dir. Es wurde in dein Erb gut gegeben. Soviel, als sei er wiedergeboren worden. Nun weiß ich auch, was mich ausgerechnet zu dir trieb, warum ich jetzt erwachte. Es war kein Zufall. Es sollte so sein.«
Markosa’ Kehlkopf hüpfte , und er spürte die rasiermesserscharfe Schneide.
»Mart-kos, dem roten Stern geweiht«, flüsterte Nashka. »Es kann nicht anders sein. Du bist Regus.« Langsam ließ sie das Schwert sinken und wich von ihm zurück. »Der im Roten wandelt. Deshalb hast du ihn gefühlt, warst bei, warst mit ihm. Denn du trägst sein Erbe in dir. Seine Gedanken. Und du weißt, was mit ihm geschah, weißt, was sogar mir verborgen ist, obwohl ich seine Mutter bin.«
»Ja«, murmelte er. »Ich weiß es. Und es ist so grauenvoll, dass sogar die Strafe meines Vaters dagegen verblasst.« Er ließ den Kopf sinken. Seine Zähne zogen sich in den Kiefer zurück.
»Ich will es wissen«, sagte Nashka.
»Ja«, sagte er. »Ja, das willst du.«
Müde blickten sie sich an.
Nashka ließ das Schwert fallen. Es schepperte neben den Teppich auf den Steinboden. Traurig sagte sie: »Du wirst mich nie wieder schlagen, Markosa Lightgarden. Nie wieder. Denn dann töte ich dich ohne Erbarmen!«
Blitzschnell verwandelte sie sich in einen Rabbolo, sprang auf die Fensterbank und flog hinaus in das Grau der Nacht.
9
Lindoria empfing sie ohne Freude.
Was ihnen zuerst auffiel, war der Geruch. Es stank nach verfaultem Fleisch, nach Rauch und Ausscheidungen. Ganz offensichtlich verfügte Lindoria weder über eine Kanalisation, noch über eine funktionierende Müllbeseitigung, was nicht weiter verwunderlich war, da die Stadt weder an einem Fluss, noch am Meer errichtet worden war.
Die Häuser beugten sich grau und rußig über die schmalen Gassen, als wollten sie sich berühren , und auf den Fensterbänken spielten Fliegen und Käfer im Dreck.
Es gab weder ein Stadttor, noch eine Stadtmauer. Wer wollte, konnte ungehindert hinein und wieder hinaus. Die Pflastersteine der Gehwege und Gassen waren schnell und lieblos in Asche und Schotter gelegt. Pferdewagen, die darüber holperten, machten einen ohrenbetäubenden Lärm.
Holzhütten kauerten neben Häusern aus gelbbraunem Naturstein, der schnell verwitterte. Ziegelbauten ragten drohend empor , und aus Eisenessen schlugen Flammen. Ein metallischer Geruch mischte sich unter die Dünste. Hammer dröhnten. Stimmengewirr. Irgendwo das Geräusch einer Peitsche, die auf Haut klatschte.
Menschen und Trolle schienen in Lindoria eine harmonische Einheit zu bieten, denn sie waren nicht nur ähnlich gekleidet, sondern standen auch beieinander und redeten, tranken oder rauchten. Ihnen allen haftete ein Körpergeruch an, der Frethmar schwindelig werden ließ.
»Bei den Göttern, wo sind wir hier?«, ächzte er.
Haker Flack schwieg , und Ökliz kauerte sich an Frethmars Bein.
Neugierige Blicke beäugten sie.
Viele der Bewohner waren zerlumpt, nicht wenige hatten nur das Nötigste am Leibe. Nirgendwo deutete etwas auf Reichtum hin. Es gab keine Burg und kein Gebäude, das man als edel bezeichnen konnte. Manche Einwohner hatten dunkle, fast schwarze Hände und schmutzige Gesichter. Kinder spielten in öligen Pfützen , und Hunde labten sich an Kot und Unrat.
»Unterwelt«, stöhnte Frethmar.
Haker sah ihn an und grinste hart. »Kein Wunder, dass diese Stadt ein einsames Dasein fristet. Sie taucht auf den Karten auf, aber sie besitzt keinen Stellenwert.«
»Warum gehen diese Leute nicht nach Dandoria? Dort hätten sie es besser?«, fragte Frethmar.
»Wir werden es erfahren«, gab Haker zurück. »Der beste Ort dafür ist und bleibt eine Schänke. Ich habe eine gesehen, als ich alleine hier war.«
Argwöhnische Blicke folgten
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