Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
zu sehen, wohin. Schnell orientierte er sich und staunte, dass er in eine Gasse geraten war, die voller Bauschutt lag, Überreste des Riesenangriffes, die man hierhin verfrachtet hatte, um sie zu sortieren und später erneut zu verbauen. Ein kehliges Lachen quälte sich aus seiner rauen Kehle. Er blinzelte in das Grau des Tages und beschloss, ab sofort weniger zu saufen. Zumindest etwas weniger.
»Ich habe Euch gesucht«, sagte eine kehlige Stimme hinter ihm. Er wirbelte herum und starrte der Frau in die schwarzen Augen. Der schönen Frau! Jener Frau, an die er pausenlos gedacht hatte. Sie stand vor ihm, genauso gekleidet wie am Vortag und wunderbar anzuschauen. Ihre Brüste hoben und senkten sich gleichmäßig. Ihre glatten Haare glänzten wie Edelstein , und ihr Lächeln traf Markosa mitten ins Herz.
»Ihr habt mich gesucht?«, stammelte er verlegen wie ein unerfahrener Jüngling.
»Was ist schlimm daran?«, gab sie zurück und bewegte sich nicht von der Stelle.
»Nichts, überhaupt nichts, aber ... nun ...«
»Dass ich E uch in dieser einsamen Region finde, erstaunt mich«, sagte sie und ein feines Lächeln spielte um ihre Sinnlichkeit verheißenden Lippen.
Markosa fand, es sei an der Zeit, innere Stärke zu wahren und räusperte sich. »Mit Euch habe ich nicht gerechnet. Gestern Abend sind wir uns begegnet und ich hatte keine Möglichkeit, mich Euch vorzustellen.«
Er verbeugte sich leicht und nannte seinen Namen.
Sie legte den Kopf schräg und schmunzelte. »Ich weiß, wer Ihr seid, Markosa Lightgarden. Ihr seid ein bekannter Mann in Dandoria. Und ich muss gestehen, dass alles, was man über Euch sagt, der Wahrheit entspricht.«
»Ich begreife nicht.«
»Man sagt, Ihr seid ein attraktiver Mann. Einer, der Frauen den Kopf verdreht. Als ich Euch gestern das erste Mal sah, habt Ihr mich verwirrt. Eure Männlichkeit und Ausstrahlung waren beeindruckend. Da ich jedoch kein Weib bin, das sofort mit einem Mann ins Bett hüpft, wollte ich mir Zeit schenken, um über alles nachzudenken. Zu viele attraktive Männer enttäuschen, wenn man sie näher kennenlernt. Sie sind eitel und betrachten sich unentwegt im Spiegel. Sogar während der Liebe achten sie darauf, gut auszusehen und missachten damit die Bedürfnisse der Frau.«
Das ist bei mir nicht so! , hätte Markosa am liebsten gerufen, aber er schwieg.
»Ich verstehe, dass ich Euch erstaune und Ihr müsst das Gefühl haben, ich laufe Euch nach«, sagte die Frau. »Doch so ist es nicht. Vielmehr will es wieder einmal der Zufall, dass wir uns begegnen.«
»Ihr sagtet, Ihr hättet mich gesucht«, antwortete Markosa. Ebenso wie ich Euch!
Sie hob eine Hand und tippte ihm zärtlich mit der Fingerspitze auf die Nase. »Habe ich mich verraten? Nun gut – vielleicht habe ich Euch gesucht. Allerdings nur in meinem Herzen, nicht in der Stadt, falls Ihr versteht, was ich meine?« Sie nahm den Finger zurück und Markosa kam es vor, als habe sie ihn verbrannt. Er widerstand dem Reiz, sich die Nase zu reiben. Statt dessen musterte er die schöne Frau staunend.
»Damit Ihr mich nicht falsch versteht, Markosa Lightgarden ... ich möchte Euch weder verführen, noch unschicklich erscheinen. Aber manchmal gibt es einen Zauber, dem wir uns nicht entziehen können. Oft genügt ein einziger Blick, eine winzige Bewegung , und unser Herz öffnet sich für jemanden, den wir überhaupt nicht kennen. Ich war gestern unfreundlich zu Euch. So solltet Ihr mich nicht in Erinnerung behalten.«
Nicht unschicklich? , dachte Markosa amüsiert, der nun Oberwasser bekam. »In Erinnerung behalten?«
»Wer ahnte, dass wir uns so schnell wieder sehen? Hätte es nicht sein können, Ihr fahrt heute mit einem Schiff aufs Meer?«
»Darf ich Euch in eine Schänke einladen?«, fragte Markosa.
»In diesen Schmutzladen voller Betrunkener, in dem wir uns gestern begegneten?«
Markosa räusperte sich. »Nicht unbedingt. Es gibt viele Möglichkeiten in Dandoria. Außerdem ist es erst Mittag. Die Geschöpfe der Nacht kommen erst nach Sonnenuntergang aus ihren Verliesen.«
»Das habt Ihr interessant gesagt, Markosa. Geschöpfe der Nacht kommen aus ihren Verliesen.« Es wirkte, als ließe sie diese Worte über ihre Lippen gleiten und schmecke sie nach.
»Damit wollte ich sagen ...«
»Ich weiß, was Ihr damit meint. Ja, ich würde mich freuen, wenn wir noch etwas Zeit miteinander verbringen können.«
»Dann wollen wir gehen. Ich habe heute noch nichts gegessen. Seid Ihr hungrig?«
Die schöne Frau
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