Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Sumpfriesengebietes , dachte Sharkan.
Das Sumpfriesengebiet konnte man sehen? Vielleicht sogar einen der legendären Riesen?
Hargor drehte sich vorsichtig um und ... rutschte ab! Er hatte losgelassen. Er war ein Narr, ein blöder Orktölpel, ja , das war er, und deshalb würde er jetzt sterben. Ein Hilfeschrei blieb in seiner Kehle stecken , und sein Herz setzte aus. Er fuchtelte mit den Armen und rutschte, rutschte, rutschte zur Seite weg. Es schien eine unendliche Zeitspanne zu dauern, bis es geschah, dann war unter, neben und über ihm nichts außer Luft und schierer Schrecken.
Er fiel!
Und brüllte. Brüllte gegen den Wind an. Gegen den Tod. Seine Arme und Beine gestikulierten wild und stießen doch nur in pures Nichts. Der Boden unter ihm kam schnell und schneller auf ihn zu. Noch drei, vielleicht vier Atemzüge und er würde ein Haufen Knochensplitter und Matsch sein.
Er dachte an seine Kindheit zurück.
Als Sohn von R-oggomar dem Fettigen hatte er eine harte , aber gerechte Kindheit gehabt, zumindest so lange, bis sein geliebter Vater bei einer Auseinandersetzung nach einem Trinkgelage getötet wurde. Danach war Hargor auf sich alleine gestellt gewesen. So war das bei den Orks. Man lebte sein Leben, alleine oder mit den anderen, doch jeder war seines Glückes Schmied. Überlebte Hargor ohne Vater, denn seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben, wäre er es wert, später in den Rat der Ältesten zu gehen oder – falls es mal wieder so weit war, sich um die Häuptlingswürde zu bewerben. Das würde viele gewonnene Kämpfe erfordern, doch was machte härter, als die Einsamkeit und der Kampf ums Überleben?
Hargor verließ das Dorf und ging in eine Höhle. Dort richtete er sich ein. Das wäre nicht nötig gewesen, denn man stellte ihm eine Hütte zur Verfügung, doch der junge Ork war nach dem Tod seines Vaters so niedergeschlagen, dass er die Isolation suchte.
Nun würde er mitten im Dorf zerschmettert sterben!
Ohne jemals ein Weib besessen zu haben.
Ohne sich jemals im Kampf behauptet zu haben.
Würde er, bevor er starb, diesen einen grauenvollen Traum wieder erleben, den Zerstörungstraum? Würde er mit diesen blutroten Bildern zu den Göttern gehen?
Er schrie und schrie , und der zischende Luftzug an seinen Ohren raubte ihm fast den Verstand. Nun, er würde nicht mehr genug Zeit haben, um diesen zu verlieren. Schon konnte er Gesichter erkennen. Aufgerissene Mäuler, große Augen, wild fuchtelnde Arme.
Es war vorbei.
Er vermied es, die Augen zu schließen. Er wollte sehen, alles sehen, solange er es noch konnte , und in diesem Moment klammerte er sich mit aller Macht ans Leben, an diesen winzigen Rest Dasein.
Der Boden kam näher und näher , und der Ork nahm alles wie durch fremde Augen wahr. Es ging langsam, und die Zeit schien stillzustehen. So also war es, wenn man aus großer Höhe fiel und starb. Es dauerte unendlich und gab die Möglichkeit für Erinnerungen, Angst und Überlegungen.
Ein brennender Schmerz in seinem Nacken. Er kreischte, wurde hochgerissen , und unter ihm brüllten und jubelten die Orks von Zadarsh. Mit angehaltenem Atem registrierte Hargor, dass er in die Höhe gehoben wurde, und über ihm knurrte und fauchte Sharkan, zwischen dessen Zähnen er hing.
Narr, verdammter Narr! Sagte ich nicht, du sollst dich auf jeden Fall festhalten? , schimpfte der Vierköpfige.
»Uuuuaaaahhh!«, brüllte Hargor und hätte sich am liebsten vor Erleichterung in die Hose gepisst. Er würde nicht sterben, nicht zerplatzen wie eine reife Frucht. Sharkan hatte ihn gerettet! Der Kopf, der ihn gefasst hatte, warf ihn ohne jede erkennbare Kraftanstrengung auf den Drachenrücken, wo er aufschlug, und sich festklammerte. »Huuhuuaahhoooh!«, stieß er urwüchsige Laute aus und versuchte, sich auf s Hinterteil zu ziehen, was irgendwie auch gelang. Als er nach unten blickte, kreisten sie erneut über Zadarsh.
Die Orks dort unten tanzten, lachten und winkten.
Nun die zweite Lektion, mein Freund , murmelte Sharkan in seinem Kopf. Hargor atmete hastig aus und ein. Was kam denn nun auf ihn zu? Wieder legte Sharkan die Flügel an und schoss wie ein Pfeil nach unten, doch diesmal war der Ork gewappnet. Er lehnte seinen Körper zurück und balancierte sich aus. Er rutschte nur eine Handbreit und – was er nicht begriff, doch es war so! – er fing an, den Flug zu genießen.
Der Wind zauste in seinem Haar, seine Wangen wurden nach hinten geschoben, was er mit einem grellen Quieken quittierte, und
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