Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Köpfe zuckten.
»Verdammt! Mach schon !« Hargor war außer sich. Es gab einen Unterschied zwischen grausamen Träumen und grausamen Handlungen.
Sharkan gehorchte. Er drehte ab und flog Richtung Zadarsh. Hargor traute seinen Augen nicht und begriff: Der Schwarze Vierköpfige gehorchte, weil er es musste . Er hatte Hargor als Reiter akzeptiert. Also beugte er sich den Befehlen des Orks. Ein hysterisches Lachen quälte sich Hargors Kehle hoch. Es schüttelte ihn , und ein Schauder zog über seine Haut.
»Tiefer! Fliege tiefer und kreise zweimal über dem Dorf!«
Du treibst es bunt, kleiner Ork , grollte Sharkan in Hargors Gedanken . Der Zorn war unverkennbar.
»Tue es!«
Ja!
In Hargors Ohren hallte dieses eine Wort wider wie der Hammerschlag auf einem Amboss.
JA!
Er schloss seine Augen und ließ die Halsschuppen los. Er breitete die Arme aus und genoss den Wind und die Höhe und die Macht. Bei Krorra! Er, Hargor Othos, war ein Drachenreiter. Und Sharkan beugte sich ihm. Nun lachte er doch, und während seine Leute erstaunt zum Himmel blickten, klang sein hustendes Gelächter hinunter ins Dorf.
20
Neun Generationen zuvor hoch im Norden
Die Dunkelheit war grausam.
Nashka lauschte und zitterte bei dem Gedanken, die Tür könne sich öffnen und der Vampir, Regerik Lightgarden, tue ihr etwas an. Bei den Göttern, sie war stets eine tapfere Frau gewesen, aber dieses grausame Wesen hatte ihr den Schneid abgekauft.
Sie schauderte bei der Vorstellung, von Lightgarden seit langer Zeit beobachtet worden zu sein, ausgetestet und für gut befunden. Was hatte er beobachtet? Wann war er in geflügelter Gestalt oder auf zwei Beinen in ihrer Nähe gewesen? Wie oft hatte er lüstern mit den Fingerspitzen über seine Reißzähne gestrichen oder hatte seine Erregung unterdrücken müssen?
Jeden Tag kam er einmal zu ihr, musterte sie zufrieden und strich ihre Haut mit einer braunen Paste ein. Er leerte ungerührt den Topf , auf dem sie sich erleichterte und stellte ihr Essen hin. Dazu Quellwasser und Wein. Meist sagte er nichts, hin und wieder lächelte er zufrieden, löschte die Kerze und verschloss die Tür hinter sich.
Er hatte ihr eine Decke gebracht, die sie, wenn es ihre Schmerzen erlaubten, über ihre geschundene Haut zog . Zwar hatte Nashka kein Zeitgefühl mehr, doch sie nahm an, schon eine Weile hier zu sein, denn die Schmerzen ließen nach, und bald konnte sie die De cke nutzen, um sich schutz suchend darin einzuwickeln. Dann weinte sie manchmal bittere Tränen und vermisst ihre Familie, ihr früheres Leben – einfach alles!
Sie zweifelte nicht daran, dass Lightgarden sie bald besteigen würde, um das Kind zu zeugen. Er würde es immer wieder tun, um sicher zu sein, nicht zu lange auf ein Ergebnis warten zu müssen. Bisher war Nashka unberührt und ihr Magen bäumte sich auf, wenn sie an den Vampir dachte, der keine Zärtlichkeit zeigen, sondern sie besitzen würde, wie es ihm beliebte. Das Knäuel in ihrer Leibesmitte verkrampfte sich , und sie würgte Essenreste hoch, die bitter in ihrer Kehle lagen.
Anfangs hatte sie versucht, Lightgarden Fragen zu stellen, doch der Vampir hatte nicht geantwortet. Er tat, was er tun musste, um Nashka wieder herzustellen. Und dies war fast geschehen.
Am Schlimmsten war die Dunkelheit.
Warum gönnte er ihr kein Licht? Warum quälte er sie? Wollte er, dass sie dem Wahnsinn verfiel?
Es krachte an der Tür, und als diese machtvoll aufgestoßen wurde, fuhr sie empor. Der Vampir wechselte die Kerze und das Licht schnellte hoch. Sein entstelltes Gesicht glänzte , und seine roten Augen glühten.
»Nein ...«, hauchte Nashka. »Nein!«
Mehr brachte sie nicht hervor.
Er warf seinen schwarzen Umhang ab. »Steh auf!«, fuhr er sie an. »Ich will dich endlich sehen, wenn du auf deinen Beinen stehst.«
Bibbernd leistete sie ihm Folge.
»Du bist schön, Nashka. Sehr schön. Deine Haut ist gut verheilt. Du bist bald wieder jene Nashka, die ich mir ausgesucht habe.« Zwischen den Sätzen zischte er. »Allerdings frage ich mich, warum du nicht über den Boden kriechst, deine Wange an die Tür legst und verzweifelt gegen das Holz trommelst? Wo bleibt sie? Wo bleibt die Demut?«
Nashka sperrte den Mund auf. Was wollte er hören?
»Ich versprach dir, dass du den Schmerz lernst und die Demut, die eine wahre Mutter vor ihrem Kind und ihrem Gemahl haben sollte. Doch du zeigst keine Schmerzen. Du liegst regungslos auf deinem Lager und wartest ab. Du isst, trinkst und benutzt den
Weitere Kostenlose Bücher